Hagia Sophia: Türkei wirft Unesco Souveränitätsverletzung vor

Die Türkei beschuldigt die Unesco, die Souveränität des Landes zu verletzen. Sorgen des Gremiums über den Zustand der Hagia Sophia seien „parteiisch und politisch” und von „vorurteilsbehafteten und voreingenommenen” Motiven angetrieben worden.

Die türkische Regierung hat die Unesco beschuldigt, die Souveränität des Landes zu verletzen. Hintergrund sind Bedenken des Welterbekomitees über den Zustand der Hagia Sophia. Die Unesco hatte sich jüngst „zutiefst besorgt“ über den Zustand des Kuppelbaus gezeigt. Die türkische Regierung werde aufgefordert, bis spätestens 1. Februar einen aktuellen Bericht über den „Erhaltungsstatus“ der Hagia Sophia vorzulegen, erklärte das Komitee am Freitag. Die berühmte byzantinische Kathedrale gehört zum Unesco-Weltkulturerbe und war vor einem Jahr in eine Moschee umgewandelt worden.

Inzwischen hat Ankara die Sorge des Unesco-Welterbekomitees als „parteiisch und politisch” zurückgewiesen. Die Einlassungen des Gremiums „über die historischen Stätten Istanbuls” seien „von vorurteilsbehafteten, voreingenommenen und politischen Motiven” angetrieben worden, erklärte das Außenministerium am Samstag. Es beschuldigte die Unesco, die türkische Souveränität zu verletzen. Die Hagia Sophia und die Chora-Kirche seien Staatseigentum und würden „akribisch” geschützt, hieß es in der Erklärung.

Das Welterbekomitee tagt derzeit in China, um die Liste der Welterbestätten einer jährlichen Prüfung zu unterziehen. Bei Unzufriedenheit mit den Erhaltungsmaßnahmen an Welterbestätten kann das Komitee die Stätten als „gefährdet” einstufen - oder ihnen den Welterbestatus entziehen. In dieser Woche verlor die britische Küstenstadt Liverpool den Status als Unesco-Weltkulturerbe.

Hagia Sophia

Die Hagia Sophia steht im Istanbuler Bezirk Eminönü und wurde im Jahr 537 als Basilika fertiggestellt. 900 Jahre lang galt das Gotteshaus als wichtigste Kirche des Christentums. Nach der Eroberung Konstantinopels durch die Osmanen 1453 wurde die byzantinische Reichskirche in eine Moschee umgewandelt; nach der türkischen Republikgründung 1935 wurde aus ihr ein Museum. Am 24. Juli 2020, auf den Tag genau 97 Jahre nach dem Abkommen von Lausanne, das die heutigen Staatsgrenzen der Türkei festlegte, war zum ersten Mal nach 86 Jahren ein muslimisches Gebet in der Hagia Sophia abgehalten worden. Einen Monat nach der international scharf kritisierten Umwandlung erklärte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan auch die tausend Jahre alte byzantinische Chora-Kirche in Istanbul zum muslimischen Gebetshaus. Auch die Chora-Kirche war von den Osmanen zu einer Moschee (Kariye) umgewidmet worden, ab Mitte des 20. Jahrhunderts war sie dann wie die Hagia Sophia ein Museum.