Haftbefehl gegen Musiker Ferhat Tunç

Ein Gericht in Istanbul hat Haftbefehl gegen den kurdischen Musiker Ferhat Tunç erlassen. Der 55-Jährige hatte Anfang März die Türkei verlassen, da ihm eine hohe Gefängnisstrafe droht.

Vor einem türkischen Gericht in Istanbul wurde heute der Prozess gegen den kurdischen Musiker Ferhat Tunç eröffnet. Dem 55-jährigen Kurden, der aus der Provinz Dersim stammt, wird „Volksverhetzung“ vorgeworfen. Tunç selbst nahm an der Verhandlung nicht teil, da er Anfang des Monats die Türkei verlassen hat. Die Wahrscheinlichkeit einer jahrelangen Inhaftierung sei zu groß, erklärte der Künstler seine Beweggründe.

Die 4. Strafkammer im Kreis Büyükçekmece hat nun Haftbefehl gegen Ferhat Tunç erlassen. Gegen den Musiker laufen allerdings noch weitere Verfahren, unter anderem wegen seines zivilgesellschaftlichen Engagements für den Demokratischen Gesellschaftskongress DTK, dessen Ko-Vorsitzende Leyla Güven ist, und seiner Kritik an der türkischen Militärinvasion in Efrîn. In dem Verfahren wird der Musiker beschuldigt, während der Militärinvasion in der nordsyrischen Kantonshauptstadt eine Wahrnehmung erzeugt zu haben, „wonach Bürger kurdischer Herkunft vom [türkischen] Staat massakriert, unterdrückt, ausgebeutet und isoliert würden“. Außerdem habe sich Tunç dafür eingesetzt, dass die Öffentlichkeit zur Überzeugung gelangt, terroristische Aktivitäten seien legitim. Zudem soll er „gegenüber dem Staat verärgerte Massen geschaffen“ haben, „um sie in die Reihen der Organisation zu treiben“. Die Anklage fordert in diesem Fall bis zu 20 Jahre Haft für Tunç.

Im September 2018 verurteilte ein Istanbuler Gericht den Künstler wegen „fortgesetzter Propaganda für eine terroristische Organisation“ zu knapp zwei Jahren Freiheitsstrafe. Tunç wurde unter anderem zum Vorwurf gemacht, an der Beerdigung des Anti-IS-Kämpfers Aziz Güler (Rasih Kurtuluş) teilgenommen zu haben. Güler war Kommandierender der Rojava-Kommandantur der Vereinten Freiheitskräfte (Birleşik Özgürlük Güçleri, BÖG). Er starb am 21. September 2015 im Kampf gegen den sogenannten Islamischen Staat (IS).