Grup Yorum: Unser Widerstand geht weiter

Die Musikerin Dilan Ekin ist vergangene Woche bei der Trauerfeier für den Grup-Yorum-Bassisten Ibrahim Gökçek in Istanbul festgenommen worden. „Mit dem Angriff sollten wir eingeschüchtert werden, aber das ist misslungen“, sagt sie.

Dilan Ekin ist mit 16 weiteren Personen am 8. Mai bei der Trauerfeier für den an den Folgen eines Hungerstreiks gestorbenen Grup-Yorum-Musiker Ibrahim Gökçek in Istanbul festgenommen worden. Sie ist selbst Mitglied der Musikgruppe und hat gegenüber ANF berichtet, was sie während der vier Tage in Polizeigewahrsam erlebt hat.

Die Festnahme ereignete sich vor der Tür der Leichenhalle des alevitischen Gemeindehauses im Istanbuler Stadtviertel Gazi, als die Polizei den Leichnam vor der geplanten Trauerfeier gewaltsam verschleppte. „Wir haben dagegen in einer Form Widerstand geleistet, die zu Ibrahim gepasst hat“, sagt Dilan Ekin. Der würdevolle Umgang mit der Leiche sei eine Frage der Ehre und dafür hätte sie sich mit den anderen eingesetzt: „Um den Angriff abzuwehren, haben wir uns vor die Tür der Leichenhalle gestellt.“ Aus diesem Grund seien sie vier Tage lang misshandelt und beschimpft worden.

Die Festgenommenen, darunter mehrere Mitglieder von Grup Yorum und drei Rechtsanwältinnen, wurden gewaltsam in die Arrestzellen der polizeilichen Antiterrorabteilung verfrachtet, berichtet die Musikerin: „Uns wurden bei der Festnahme Handschellen auf dem Rücken angelegt und wir wurden getreten. Im Gefangenentransporter wurden wir geschlagen und mit Ausdrücken beschimpft, die man gar nicht in den Mund nehmen kann. Bei der Durchsuchung wurden vor allem Bahar Ertürk und Beyan Gün systematisch misshandelt. Sie wurden eine Stunde lang geschlagen und gewürgt. Unsere männlichen Freunde konnten wir nicht sehen, aber wir hörten sie schreien. Firat Kil wurde bewusstlos und musste ins Krankenhaus gebracht werden. Elif Tayyar leidet unter Diabetes und erlitt einen Schwächeanfall. Für die Toilettengänge wurden bestimmte Uhrzeiten festgelegt, aber das akzeptierten wir nicht. Vor allem die Abnahme von Fingerabdrücken war eine Folter. Ich habe eine Platinschiene im Rücken, weil ich früher einmal aus dem zweiten Stock gefallen bin. Die Polizisten knieten sich mit Absicht auf diese Stelle.“

Aus Protest gegen die Misshandlung verweigerten die Festgenommenen im Polizeigewahrsam die Nahrungsaufnahme, berichtet Dilan Ekin: „Uns sollte eine kriminelle Straftat angehängt werden, aber das ist nicht gelungen. Unsere Gruppenmitglieder Helin Bölek und Ibrahim Gökçek waren monatelang im Hungerstreik, um deutlich zu machen, dass Grup Yorum sich nicht kriminalisieren lässt. Das ist immer noch nicht begriffen worden. Jetzt werden Drohungen gegen die Leiche von Ibrahim ausgestoßen. Am Tag der Trauerfeier wurden Hunderte Polizisten vor dem Gemeindehaus eingesetzt, etliche Fahrzeuge der Bereitschaftspolizei wurden vor dem Haus in Position gebracht. Sie hatten Angst vor Ibrahims Körper, der nur noch dreißig Kilo wog. Dieser dreißig Kilo schwere Körper steht für die 35-jährige Geschichte von Grup Yorum. Mit dem Angriff auf die Leiche sollten Grup Yorum und die Bevölkerung eingeschüchtert werden, aber das ist misslungen. Dafür hat unser Widerstand gesorgt. Grup Yorum wird weiter Widerstand leisten.“