Die Dokumentation „Evîn Di Rûyê Qirkirinê De” (kurdisch für „Liebe im Angesicht von Genozid”) des Filmemachers Şêro Hindê über die orale Literatur der ezidischen Dengbêj in Şengal wird derzeit auf dem 12. Kurdischen Filmfestival London gezeigt. Das Filmfestival findet in diesem Jahr als Online-Edition statt, das Programm ist kostenlos verfügbar.
Dengbêj, das sind kurdische Poet*innen – Barden – die mit mündlich tradierten Liedern verschiedenen Genres, ohne musikalische Begleitung, von Generation zu Generation die Schmerzen und das Leid ihrer Gesellschaft, Kriege und Konflikte zwischen den Völkern und Ethnien, Widrigkeiten der Liebe, Bräuche der Freude, märchenhafte Erzählungen, Klagelieder oder Gebetshymnen weitergeben. Vor allem für das kurdische Volk gilt die orale Literatur als Autobiografie der Gesellschaft, daher werden Dengbêj auch als Historiker*innen betrachtet.
Kulturgut aus der Filmkommune Rojava
Produziert wurde „Evîn Di Rûyê Qirkirinê De” von der Filmkommune Rojava (Komîna Fîlm a Rojava), fast drei Jahre dauerten die Dreharbeiten an. Den Soundtrack der Dokumentation lieferte Mehmûd Berazî, der sich auch als Produzent der Guerillaband Awazê Çîya betätigt, aber neuerdings auch als Kompomist von kurdischer A-cappella-Musik. Vielen Menschen außerhalb Kurdistans ist sein Name zudem seit Şervano, dem Lied des Widerstands von Rojava, ein Begriff.
Seine Premiere feiert „Evîn Di Rûyê Qirkirinê De” letzten Sommer beim Donostia Zinemaldia, dem internationalen Filmfestival von San Sebastián. Die Erstaufführung für das kurdische Filmpublikum fand am 3. August 2020, dem Jahrestag des IS-Überfalls auf Şengal, in der nordostsyrischen Stadt Qamişlo statt. Im März wurde der Film auch auf dem Festival de Cine Independiente de San Antonio (Festcisa) in Ecuador gezeigt.