Die Krise zwischen den südkurdischen Parteien PDK und YNK hat sich verschärft. Am 30. September 2018 haben Parlamentswahlen in Südkurdistan stattgefunden. In den acht Monaten nach der Wahl ist in knapp zwanzig Gesprächsrunden zwischen PDK und YNK über die Bildung einer neuen Regierung, das Amt des Präsidenten der kurdischen Autonomieregion und des Gouverneurs von Kerkûk sowie um die Besetzung des Justizministerpostens in der irakischen Zentralregierung und des Präsidenten des Regionalparlaments debattiert worden. Zwischen den beiden Parteien wurden drei Abkommen unterzeichnet.
Im Rahmen dieser Abkommen wurde am 28. Mai Neçirvan Barzani (PDK) zum Präsidenten der Föderalen Region Kurdistan gewählt. Die Abgeordneten der YNK verließen die Parlamentssitzung vor der Wahl mit dem Verweis, dass die PDK ihre Versprechungen nicht eingehalten hat. Den Parlamentariern ging es dabei um die Besetzung des zentralen Justizministerpostens und des Gouverneurs von Kerkûk durch die YNK. Das Abkommen zwischen den beiden Parteien sah vor, dass vor der Wahl Vorschläge der YNK für die anderen beiden Ämter von der PDK abgesegnet werden. Die Wahl des Regionalpräsidenten wurde jedoch vorgezogen und das Abkommen somit hinfällig.
Trotz des Boykotts der YNK-Abgeordneten setzte die PDK die Wahl durch und Neçirvan Barzani erhielt 68 von insgesamt 111 Stimmen. Anschließend gaben beide Parteien Stellungnahmen ab, in denen sie sich gegenseitig bedrohten. Die YNK teilte mit, bisher zu dem Vorgehen der PDK geschwiegen zu haben und das künftig nicht weiter zu tun. Die Erklärung des PDK-Sprechers Mahmud Muhammed fiel noch schärfer aus. Mit Verweis auf den Boykott der YNK drohte er mit „sehr schweren Konsequenzen“.
Der Boykott der Wahl durch die YNK und die anschließenden Verlautbarungen zeigen auf, dass die Partei sich nicht an künftige Entscheidungen des Regionalpräsidenten gebunden fühlt. Dadurch kann es sehr schnell zu einem zweigeteilten Verwaltungssystem in Südkurdistan kommen.
Türkei gratuliert mit Militärinvasion
Einen Tag vor der Wahl Neçirvan Barzanis hat der türkische Staat seine im letzten Jahr in Bradost eingeleiteten Besatzungsversuche auf Xakurke ausgeweitet. Die Region wurde stundenlang von der türkischen Luftwaffe bombardiert, anschließend wurden Truppen von Helikoptern auf Berggipfeln abgesetzt. Nachdem die Wahl von Neçirvan Barzani zum Regionalpräsidenten bekanntgegeben wurde, erklärte die Türkei, eine Luft- und Bodenoperation in Südkurdistan begonnen zu haben. Bei dieser zeitlichen Überschneidung handelt es sich nicht um einen Zufall, sondern um einen gemeinsamen Plan zwischen Barzani und der Türkei.
Dass die Angriffe auf Xakurke in einer Zeit angefangen haben, als Neçirvan Barzani boykottiert von der YNK zum Präsidenten Südkurdistan gewählt worden ist und der irakische Präsident Barham Salih (YNK) auf der Suche nach einer Lösung für die Anspannung zwischen dem Iran, dem Irak und den USA die Türkei besucht hat, ist äußerst bedenklich. Mit dem zeitgleichen Besuch von Barham Salih soll lanciert werden, dass die Besatzung von weiteren Gebieten in Südkurdistan mit der Zustimmung des irakischen Präsidenten erfolgt. Es ist jedoch allgemein bekannt, dass die Architekten dieses ausgefeilten Plans Neçirvan Barzani und die AKP sind. Der Konflikt zwischen Salih und seiner Partei YNK mit der kurdischen Befreiungsbewegung soll durch die zeitliche Überschneidung angeheizt werden. Aufgrund der Politik, die die YNK seit einigen Monaten gegen die Befreiungsbewegung anwendet, bestehen dafür ohnehin alle notwendigen Voraussetzungen.