Der Nationalkongress Kurdistan (KNK) hat eine Zusammenfassung der Hintergrundinformationen zum Erdbeben in Kurdistan, der Türkei und Syrien veröffentlicht. In dem umfassenden Dossier werden die Ursachen und Folgen, die bewusste Diskriminierung des türkischen Staates gegenüber den Kurd:innen nach der Katastrophe und die Lösungsvorschläge der kurdischen Freiheitsbewegung in dieser Zeit der Krise beleuchtet:
Stopp der Militäraktionen in der Türkei: Auf der Suche nach Frieden inmitten der Erdbebentrümmer
Am 6. Februar ereigneten sich im Abstand von sieben Stunden zwei schwere Erdbeben in den kurdischen Gebieten der Türkei (Nordkurdistan). Angesichts der Stärke der Beben und der von ihnen verursachten Schäden gehören sie zu den größten Erdbeben, die die Menschheit in den letzten hundert Jahren erlebt hat. Die Erschütterungen haben in den von Kurdinnen und Kurden bewohnten Gebieten, aber auch in türkischen und syrischen Städten große Schäden verursacht. Die Zahl der Todesopfer geht in die Zehntausende, die Zahl der Verletzten in die Hunderttausende, und die Zahl der betroffenen Menschen liegt allein in der Türkei bei über 13,5 Millionen. Die nachlässige Haltung der türkischen und der syrischen Regierungen vor dem Erdbeben und ihr Versäumnis, nach der Katastrophe rechtzeitig zu intervenieren, haben zu weiteren menschlichen Verlusten und einer humanitären Krise geführt.
Untätigkeit nach dem Erdbeben als politischer Ansatz
Die Folgen des Erdbebens zeigen das Ausmaß der Regierungsunfähigkeit von Erdogans Regime in der Türkei und seiner Koalitionsregierung aus AKP und MHP. Daher müssen die verheerenden Folgen einen ernsthaften und radikalen politischen Wandel in der gesamten Türkei herbeiführen. Es ist deutlicher denn je, dass Erdogan nicht in der Lage ist, die Türkei in Krisenzeiten zu führen. Zu seiner korrupten Inkompetenz und kleptokratischen Veruntreuung kommt hinzu, dass er in den letzten Jahren davon besessen ist, alle Ressourcen des Staates in einen brutalen und illegalen Krieg gegen die Kurd:innen in der Türkei, Syrien und dem Irak zu stecken.
Ja, das Erdbeben selbst ist ein Naturereignis. Die Schäden hätten jedoch begrenzt werden können, wenn Erdogan nicht Steuergelder veruntreut hätte, die für die Erdbebenvorbereitung bestimmt waren, und selbst dann hätten die Verluste an Menschenleben minimiert werden können, wenn sich sein Regime genug darum gekümmert hätte, humanitäre Hilfe rechtzeitig und gerecht zu organisieren. Da jedoch viele der betroffenen Gebiete zu 90 Prozent kurdisch sind, praktiziert die AKP/MHP-Allianz eine organisierte Diskriminierung und Benachteiligung. Im Wesentlichen wird das Erdbeben als ,Bombe' eingesetzt, um die verbliebenen Städte zu zerstören, die das türkische Militär bei seinen Angriffen in den Jahren 2015 und 2016 nicht ausgelöscht hat.
Erschwerend kommt hinzu, dass Erdogan alle Kurd:innen, die auf ihrem Recht bestehen, als gleichberechtigte Bürger:innen behandelt zu werden, als Bedrohung für seine Großmachtambitionen und seine ständige Präsidentschaft (Diktatur) ansieht. Es ist offensichtlich, dass Erdogan keine Pläne hat, den Kurd:innen nach dieser Katastrophe zu helfen, die lediglich ein Blutbad an einem Volk angerichtet hat, das er ohnehin schon als eingeschworenen Feind ansah.
Es ist auch wichtig, die Beziehung zwischen der türkischen Regierung und dem tiefen Staatsapparat zu verstehen, der die Hebel der Macht kontrolliert und Grausamkeit gegen Millionen von Kurd:innen ausstrahlt. Der gegenwärtige tiefe Staat basiert auf einer türkisch-islamischen Synthese, die den konservativen Salafismus und die neo-osmanischen Bestrebungen der AKP mit dem türkischen Ultranationalismus und Neofaschismus der MHP verbindet. Wichtig ist, dass ihre Einheit auf der Feindlichkeit gegenüber den Kurd:innen beruht, die sie beide gleichermaßen als unvereinbare Bedrohung für ihre Weltanschauung und ihre Herrschaft ansehen.
Der rassistische Staat und wer Hilfe bekommt
Die Wut der Bevölkerung auf das AKP/MHP-Regime wird durch die Tatsache, dass die Nothilfe nach rassistischen Maßstäben verteilt wird, weiter angeheizt. So hat beispielsweise die kurdisch-alevitische Bevölkerung der Provinz Maraş [ku. Gurgum], dem Epizentrum des Erdbebens, keinerlei Hilfe vom türkischen Staat erhalten, ähnlich wie die arabisch dominierte Provinz Hatay behandelt wurde. In beiden Fällen sind sie aufgrund der fehlenden türkischen Bevölkerungsmehrheit für Erdogans Regime bestenfalls zweitrangig und schlimmstenfalls ein direktes Ziel für die absichtliche strukturelle Deprivation, die zu künftigen ethnischen Säuberungen führen soll.
Hinzu kommt, dass die Katastrophenschutzbehörde (AFAD) selbstorganisierte Hilfsaktionen der Bevölkerung verhindert. Immer wieder erreichen uns Berichte darüber, wie Spenden von AFAD konfisziert oder ungleichmäßig unter den Erdbebenopfern verteilt werden. Auch die internationalen Medien haben diese Tatsache bemerkt und darüber berichtet. Dass der türkische Staat selbst in der Stunde des größten Leids sein gefühlloses rassistisches Gesicht zeigt, ist unter aller Kritik.
Korruption als Ursache von Katastrophen
Bei Naturkatastrophen wie Erdbeben stellt sich vor allem die Frage, ob die schwerwiegenden Folgen durch vorausschauendes Handeln auf ein Minimum reduziert werden konnten. Leider geht es Erdogan seit der Einführung des Präsidialsystems 2017 nur noch darum, an der Macht zu bleiben.
Um aus dem politischen Vakuum, das 2012 durch den Syrien-Konflikt entstand, Kapital zu schlagen und zu profitieren, hat der türkische tiefe Staat diese Entwicklung zugelassen, da er hoffte, dass die radikale Zentralisierung es der Türkei ermöglichen würde, die Macht des Staates zu nutzen und sie schneller als Waffe einzusetzen - mit dem zusätzlichen Vorteil, dass dadurch die Abschöpfung von Staatsgeldern effizienter würde.
Und ja, Erdbeben an den Bruchkanten tektonischer Platten lassen sich nicht verhindern, aber ihre verheerenden Ausmaße mit Zehntausenden von Toten, Verletzten und Obdachlosen schon. So gibt es in der türkischen Bauordnung bereits Vorschriften, die Neubauten angeblich erdbebensicher machen sollen.
Doch aufgrund des mafiösen Netzwerks der Regierungspartei AKP im Bausektor können politisch vernetzte Bauunternehmer weiterhin Hochhäuser ohne offizielle Prüfung der Erdbebensicherheit bauen. Nur der Profit und die Bereicherung der eigenen Anhänger zählen, nicht die Sicherheit der Bevölkerung. Viele Menschen in der Türkei fragen sich deshalb, wohin das Geld aus der seit 20 Jahren erhobenen Erdbebensteuer geflossen ist. Denn es wurde sicher nicht für die inzwischen maroden Bauten in der Erdbebenregion verwendet. Die Antwort ist, dass ein Großteil davon auf die privaten Auslandskonten von Erdogan und seinen Freunden geflossen ist.
Die Türkei und Kurdistan können nicht länger mit Erdogans Regime leben
Anhand der Folgen, Zehntausende Menschen liegen noch unter Trümmern, ist klar, dass dieses Massensterben politische Ursachen hat. Die Tatsache, dass Erdogans Regime nicht nur Menschen unter den Trümmern sterben lässt, sondern auch Drohnen einsetzt, um die Kurd:innen in Rojava, die humanitäre Hilfe leisten, militärisch anzugreifen, zeigt das Ausmaß der politischen Katastrophe. Es ist an der Zeit, einem solch sadistischen, menschenfeindlichen Regime endlich ein politisches Ende zu setzen.
Darüber hinaus bietet der einseitig erklärte Waffenstillstand der PKK am 9. Februar eine historische Chance für die gesamte Zukunft der Türkei. Hoffentlich wird die internationale Gemeinschaft ihrer Verantwortung gerecht und besteht darauf, dass die Türkei dem Frieden eine Chance gibt, um weitere menschliche Tragödien zu verhindern. Der einseitige Waffenstillstand der PKK kann eine Öffnung sein, durch die eine neue, freiere und gleichberechtigtere Türkei hindurchgehen kann und die das Leben von mehr als 80 Millionen Bürger:innen radikal verändert. Alle, die die Türkei aus welchen Gründen auch immer noch für wichtig halten, müssen erkennen, dass es mit Erdogans Regime keine Zukunft gibt, sondern nur Tod, Schmerz, Grausamkeit, Inkompetenz, Korruption und Militarismus.
Politischer Wandel in der Türkei für den Frieden im Nahen Osten
In den letzten Jahren seiner Herrschaft hat Erdogan sein ganzes Augenmerk auf den Krieg gegen die Kurd:innen in Syrien und im Irak gerichtet. So war seine expansive Politik der Besetzung kurdischer Gebiete in diesen beiden Staaten die entscheidende Ursache für die Instabilität. Das Erdogan-Regime hat die Souveränität dieser Länder missachtet und in beiden Ländern illegale, groß angelegte Massaker verübt.
Auf internationaler Ebene hat das Regime versucht, diese Kriegsverbrechen zu legitimieren, indem es auf die Präsenz der PKK verwies. Dies wird dadurch ermöglicht, dass die PKK auf unehrliche Weise auf die Liste ausländischer terroristischer Organisationen der EU und der USA gesetzt wurde (obwohl sie in ihrer gesamten Geschichte nie einen der beiden Staaten angegriffen hat), um der Türkei Waffenlieferungen zu verschaffen. Und selbst als die PKK 2014 ihren wahren Anti-Terror-Charakter unter Beweis stellte, indem sie die dschihadistischen Kräfte des IS, die vom türkischen Staat gesponsert wurden, besiegte und dabei viele Ezidinnen und Eziden rettete, weigerten sich die EU und die USA immer noch, ihren offensichtlichen Humanismus anzuerkennen und sie von der Liste zu streichen.
Es ist auch das Erdogan-Regime, das den Islam für die Zwecke seiner Großmachtambitionen im Nahen Osten pervertiert. Angefangen mit Libyen, Jemen, Pakistan usw. war Erdogans Ideologie des ,Islamismus-Türkismus' der Drahtzieher hinter der Radikalisierung islamischer Gruppen in der gesamten Region.
Stabilität ist nur durch eine Lösung der kurdischen Frage möglich
Das erklärte Ziel und der erklärte Feind des türkischen Staates sind nach wie vor die Kurd:innen. Doch weder die Verhaftungen von kurdischen Politiker:innen, Menschenrechtsaktivist:innen, Anwält:innen, Journalist:innen und Aktivist:innen noch die Zerschlagung kurdischer Gemeinden oder das Verbot der pro-kurdischen HDP haben es dem türkischen Regime ermöglicht, kurdische Stimmen zum Schweigen zu bringen.
Parallel zu dieser innenpolitischen Unterdrückung konnten auch an der militärischen Front der Einsatz von Chemiewaffen, der Bau von mehr als 100 türkischen Militärstützpunkten und die High-Tech-Kriegsführung der zweitgrößten NATO-Armee die PKK-Kämpfer:innen nicht davon abhalten, Südkurdistan (Irak) vor der türkischen Besatzung zu schützen.
Auch im benachbarten Rojava/Nordsyrien konnte das türkische Regime die Kurd:innen und ihre arabischen oder christlichen Mitbürger:innen nicht davon abhalten, weiterhin gegen die türkische Besatzungsmacht zu kämpfen, die neben täglichen Drohnenangriffen oder dem Beschuss von Zivilist:innen auch dschihadistische Söldner einsetzt.
Die internationale Anerkennung hat das türkische Problem verlängert
Während die kurdische Freiheitsbewegung unter der PKK und insbesondere Abdullah Öcalan alles für eine friedliche Lösung der kurdischen Frage getan haben, wurden ihre Schritte in Richtung einer Lösung ignoriert.
Trotz seiner unmenschlichen Haftbedingungen und trotz der Tatsache, dass die zuständigen internationalen Gremien wie der Europarat, der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte und das Antifolterkomitee CPT das Recht Öcalans auf Freiheit nie vollständig verteidigt haben, hat er sich sehr für den Frieden eingesetzt. Jeder Brief, den er unter sehr schwierigen Haftbedingungen geschrieben hat, war dem dauerhaften Frieden gewidmet.
Jetzt ist internationales Handeln gefragt
Mit dem Verbot der PKK und der Entführung des Anführers des kurdischen Volkes und PKK-Gründers Abdullah Öcalan am 15. Februar 1999 leisteten die internationalen Kräfte dem türkischen Staat aufgrund seiner NATO-Mitgliedschaft große Unterstützung. Jetzt jedoch stellt das Erdogan-Regime seine neo-osmanischen Prioritäten zur Schaffung einer Großtürkei über seine Verpflichtungen als NATO-Mitglied. Die jüngsten Beispiele aus Schweden und Finnland sprechen für sich, ebenso wie die türkischen Drohungen gegen das NATO-Mitglied Griechenland und die anhaltende Besetzung des EU-Mitglieds Zypern durch die Türkei.
Die Türkei unter Erdogan hält sich immer weniger an bilaterale und multilaterale Abkommen. Im Gegenteil: Sie zwingt viele ihrer Partner, nach ihrer Pfeife zu tanzen. Und weder das Verbot der PKK noch die 24 Jahre andauernde unmenschliche Bestrafung von Abdullah Öcalan auf der türkischen Gefängnisinsel Imrali konnten den Marsch der Kurd:innen in die Freiheit aufhalten. Der gemeinsame Widerstand von Öcalan, der PKK und dem kurdischen Volk geht weiter.
Kurze Geschichte des kurdischen Kampfes für den Frieden
Es ist ein Verdienst der PKK, dass sie 1993, 1995-96, 1998, 1999, 2006 und 2009 einseitige Waffenstillstände erklärt hat. Leider wurden all diese Zeichen des Friedenswillens von den türkischen Regimen lediglich ausgenutzt, um ihre Waffen für künftige Angriffe aufzurüsten. Neben diesen Waffenstillständen gab es weitere Aktionen der kurdischen Freiheitsbewegung, die von den türkischen Regimen ebenfalls ignoriert wurden. Zum Beispiel:
- Das Friedensprojekt (Januar 2000).
- Der Dringende Aktionsplan für Demokratie und Frieden (November 2000).
- Die Erklärung der dringenden Forderungen zur Verhinderung eines neuen Krieges und zur Entwicklung des Lösungsprozesses (Juni 2001).
- Die Erklärung zur dringenden Lösung (November 2002)
- Die KADEK-Versammlung erklärte einen dreistufigen Fahrplan (Juli 2003).
- Der Exekutivrat von Kongra-Gel legte den Fahrplan für einen demokratischen und dauerhaften Frieden vor (September 2004).
- Ausrufung eines Waffenstillstands (Oktober 2006).
- KCK-Beschluss über militärische passive Verteidigung (militärische Untätigkeit) nach dem Aufruf von Abdullah Öcalan (2009).
- Abdullah Öcalan schrieb dann die Bücher „Roadmap zur Demokratisierung in der Türkei“ und „Die Lösung der kurdischen Frage“. Der Staat beschlagnahmte die Werke jedoch und gab sie erst 2011 frei.
- Die KCK beschloss, für die Kommunalwahlen bis Juni eine konfliktfreie Zeit auszurufen. Nachdem der erste Waffenstillstandsbeschluss am 1. Juni ausgelaufen war, wurde er bis zum 15. Juli verlängert. Dann wurde der Waffenstillstand bis zum 1. September verlängert, und mit einer neuen Ankündigung wurde er bis nach dem Ramadan-Fest (2009) verlängert.
- Friedensgruppen aus Qendîl und Mexmûr reisten durch das Grenztor Habur in die Türkei ein und wurden von Millionen von Menschen begrüßt. Die Gruppe aus Europa wurde aufgrund von Behinderungen durch den türkischen Staat abgesagt (Oktober 2009).
- Dem Aufruf Öcalans folgend, organisierte die KCK eine Friedensgruppe aus Qendîl, Mexmûr und Europa in die Türkei, um den guten Willen für den Frieden zu demonstrieren. Später wurden jedoch Mitglieder der Gruppe verhaftet und zu zehn Jahren Haft verurteilt (Oktober 2009).
- Um sich gegen die Hinhaltepolitik der AKP zu wehren, erklärte Abdullah Öcalan, dass er nicht mehr im militärischen Dienst sei (Mai 2010).
- Öcalan erklärte während der Newroz-Feierlichkeiten am 21. März 2013 in Diyarbakır (Amed) in einem Brief: „Unter den Augen von Millionen Menschen werde ich heute eine neue Ära beginnen. Nicht mit Waffen, sondern mit Politik. Unsere bewaffnetne Kräfte sollten sich hinter die Grenze (der Türkei) zurückziehen."
Die Liste der Friedensbemühungen von PKK und Öcalan ist lang. Hier sind nur einige wenige aufgeführt.
KCK/PKK ruft zur Einstellung der Militäraktionen in der Türkei auf
Die Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans (KCK), eine Dachorganisation der kurdischen Freiheitsbewegung, der auch die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) angehört, hat am Freitag, dem 9. Februar 2023, in einer Erklärung dazu aufgerufen, die Militäraktionen in der Türkei, in den Metropolen und Städten einzustellen. „Es muss verhindert werden, dass das Volk noch mehr Leid erfährt", so Cemil Bayık, Ko-Vorsitzender des Exekutivrates der KCK.
Kurz darauf erklärte das Hauptquartier der Volksverteidigungskräfte (HPG), es unterstütze die Forderung der KCK nach einer sofortigen Einstellung der Militäraktionen wegen des Erdbebens im türkisch-syrischen Grenzgebiet. „Die Guerilla ist bereit, die KCK in ihren Bemühungen zu unterstützen, die Kämpfe einzustellen und so dazu beizutragen, das Leid der betroffenen Bevölkerung zu lindern", hieß es.
Der Aufruf der KCK ist angesichts der schrecklichen Erdbebenkatastrophe, die Kurdistan, die Türkei und Nordsyrien heimgesucht hat, ein wichtiges Zeichen für den Frieden. Zugleich machten Bayik und die KCK deutlich, dass die Haltung des türkischen Staates bei der Umsetzung dieses Beschlusses von zentraler Bedeutung sein wird.
AKP/MHP weicht nicht vom Krieg ab
Die kurdische Freiheitsbewegung hat angesichts humanitärer Tragödien schon früher ähnliche Schritte unternommen. Am 17. August 1999 wurde der Westen der Türkei von einem schweren Erdbeben mit Epizentrum in Gölcük heimgesucht. Damals gab die PKK eine ähnliche Erklärung ab, in der sie zum Frieden und zur Einstellung militärischer Handlungen aufrief. Leider ignorierte die türkische Seite diesen Aufruf zum Frieden und die Erklärung der Untätigkeit und setzte stattdessen den Krieg fort.
Auch jetzt deuten die bisherigen Anzeichen nicht darauf hin, dass die türkische Regierung positiv auf das Friedensangebot der KCK reagieren wird. Bereits am Tag nach dem Erdbeben bombardierte die türkische Armee Gebiete im nordsyrischen Til Rifat, die ebenfalls stark vom Erdbeben betroffen waren. In der Türkei selbst hat das Erdogan-Regime den Ausnahmezustand in den Erdbebengebieten verhängt. International wird vermutet, dass damit Stimmen zum Schweigen gebracht werden sollen, die Ankaras Missmanagement in der Krise kritisieren.
Auch wenn ein solches Erdbeben nicht verhindert werden kann, so hätte das Ausmaß der Katastrophe durchaus aufgehalten werden können. Denn ein großer Teil der öffentlichen Gelder für die Erdbebensicherung ist systematisch in den Kriegshaushalt geflossen. Heute verfügt die Türkei über eine hochentwickelte Militärtechnik, ist aber nicht in der Lage, genügend technisches Gerät bereitzustellen, um die vom Erdbeben Betroffenen aus den Trümmern zu retten. Sie können zerstören, aber sie können nicht retten.
Internationalen Druck auf die AKP erhöhen
Umso wichtiger ist es, dass der internationale Druck auf die türkische Regierung wächst, um sie dazu zu bewegen, das Friedensangebot der KCK anzunehmen. Mit diesem Angebot hat die kurdische Freiheitsbewegung einmal mehr glaubhaft gezeigt, dass sie an einer politischen Lösung des seit 39 Jahren andauernden Krieges zwischen dem türkischen Staat und der PKK interessiert ist. Wenn es gelingt, das AKP-Regime dazu zu bewegen, dies zu akzeptieren, könnte sich die Katastrophe des Erdbebens in eine Chance für einen dauerhaften Frieden in der Region verwandeln.
In diesem Zusammenhang ist es auch wichtig, an die Verantwortung der internationalen Gemeinschaft zu erinnern. Sie kann eine konstruktive Rolle für den Frieden spielen, wenn sie Druck auf die Türkei ausübt, das Friedensangebot anzunehmen, oder zumindest nicht weiter zur Kriegspolitik der AKP schweigt.
Nach diesem verheerenden und äußerst zerstörerischen Erdbeben hat die KCK/PKK einseitig einen neuen Prozess in gutem Glauben eingeleitet. Dieser Schritt des guten Willens muss aufgegriffen werden, um ein Ende des Krieges und der Anschläge zu erreichen. Ohne ernsthaften internationalen Druck, Bemühungen und Initiativen wird das Leid exponentiell weitergehen.
Unzählige Menschen haben bei diesem Erdbeben alles verloren. Die Zahl der Opfer steigt weiter an. Es wird lange dauern, bis das Leid der Menschen gelindert ist. Niemand hat den Frieden jetzt mehr verdient als sie selbst. Deshalb appellieren wir an die internationale Öffentlichkeit, das Friedensangebot der KCK zu unterstützen.