Türkische Invasion im Irak
Seit dem 16. April findet ein Besetzungsangriff auf Metîna statt. Solche Angriffe gab es bereits früher. Sie sollen jetzt Stück für Stück ausgeweitet werden, um die gesamte Region Metîna zu besetzen. Das Pressezentrum der HPG [Volksverteidigungskräfte] hat sich mehrfach dazu geäußert. Das Hauptquartier hat auch die Merkmale des Angriffs dargelegt. „Es ist ein stückweiser Angriff“, heißt es dort. Die türkische Armee will Schritt für Schritt verschiedene Orte einnehmen und diese Gebiete miteinander verbinden, um eine zusammenhängende Besatzungszone zu erreichen. Mit der Besatzung von Metîna soll die Belagerung der großen Widerstandshochburg Zap verstärkt werden. Es heißt, der irakische Staat habe der Türkei 20 Kilometer an der Grenze als Pufferzone überlassen. Diese 20 Kilometer sollen jetzt vollständig besetzt werden. Die Guerilla leistet seit Jahren Widerstand dagegen. Es gibt viele Gefallene.
Um den weiteren Vormarsch aufzuhalten, wird ein bedeutender Widerstand geleistet. Es gab Aktionen in Metîna. Von Şîladizê bis zu anderen Gebieten wurden der türkischen Armee Schläge versetzt. Während die faschistischen Horden der AKP-MHP Schritte zur Besatzung unternehmen, ergreift die Guerilla die Gelegenheit und schlägt zu. Es ist eine intensive Konfliktsituation entstanden. Die Bilanzen der HPG geben umfassend Auskunft über die Verluste der türkischen Armee. Auch unsere Gefallenen werden bekannt gegeben. Es gibt nichts, was die HPG in dieser Angelegenheit vor der Öffentlichkeit verbirgt oder geheim hält. Die Guerilla ist vorsichtig, und sie handelt. Sie wehrt sich nicht mehr nur, wenn sie angegriffen wird. Sie plant und führt selbst Aktionen durch. Sie befindet sich also in einer taktischen Angriffsposition. Deshalb sind die Verluste gering. Ich möchte an dieser Stelle die Kämpferinnen und Kämpfer grüßen, die als YJA Star [Verbände freier Frauen] und HPG diesen Widerstand leisten. Der Gefallenen dieses Widerstands gedenke ich mit Respekt, Liebe und Dankbarkeit.
Der momentane Angriff hat vielleicht nicht die Intensität einiger Perioden der letzten Jahre, aber er findet mit diesem Ziel und in diesem Rahmen statt. Es gibt auch noch einige andere Dinge. Wie die HPG erklärt haben, setzt die türkische Armee verbotene Waffen ein, wenn sie versagt und in Schwierigkeiten ist. Sie setzt chemische Waffen und taktische Nuklearbomben ein. Sie konzentriert sich auf solche Waffen. Auch die Bombardierung aus der Luft hat in letzter Zeit zugenommen.
Es scheint, dass die Verhandlungen mit den USA auf der Grundlage des schwedischen NATO-Beitritts aus türkischer Sicht zu gewissen Ergebnissen geführt haben. Sie haben neue Kampfflugzeuge gekauft und führen mehr Angriffe aus der Luft durch. Der Angriff auf die Guerilla findet auf derselben Ebene statt, über die Imrali in einen rechtsfreien Raum verwandelt wurde. Der türkische Staat wird unterstützt, er macht es nicht allein. Es geht um ein Gesamtkonzept. So wie das System der Isolation und Folter auf Imrali und des Völkermordes eine Einheit bildet - auf der Grundlage der Staaten der UNO, der NATO und der Republik Türkei als ausführende Macht -, so ist es auch bei dem Angriff auf die Guerilla.
Rêber Apo [Abdullah Öcalan] und die Guerilla werden auf gleicher Ebene angegriffen, das Ziel ist ihre Eliminierung. Es gibt keine andere Deutung. Rêber Apo sollte am 9. Oktober 1998 [mit der erzwungenen Ausreise aus Syrien] vernichtet werden, es ist misslungen. Am 15. Februar 1999 war vorgesehen, ihn hinrichten zu lassen. Auch das hat nicht geklappt. Dann wurde versucht, ihn auf Imrali zu zermürben, um ihn ideologisch, politisch und organisatorisch auszuschalten. Es war erfolglos. Die Guerilla wird wie in einem Rachefeldzug in Vernichtungsabsicht angegriffen. Sie haben den Kampf gegen Rêber Apo auf Imrali verloren. Für diese Niederlage wollen sie sich rächen. Wenn sie Erfolg haben, wird ihre Niederlage ausgeglichen sein. Ein sehr wichtiger Punkt ist das Ziel, die Guerilla zu zerschlagen. Hinter dem System auf Imrali stehen dieselben Kräfte, die bei den Angriffen auf die Guerilla zusammenarbeiten.
Die Folgen des Krieges werden in der Türkei nicht ausreichend diskutiert. Es wird sehr wenig darüber gesprochen. Die Wirtschaftskrise, die politische Krise, die soziale Krise, die kulturelle Krise, alle Arten von Korruption, die Drogenpolitik, die Zerstörung sozialer Gemeinschaften – all das hängt mit dem Krieg zusammen. Alle Reichtümer werden in den Krieg investiert. Niemand darf die Stimme gegen den Krieg erheben. Tayyip Erdogan hat sein eigenes Ende herbeigeführt und damit auch die Türkei und die Gesellschaft erledigt. Nach der Kommunalwahl im März sagte er: „Das ist nicht das Ende.“ Aber es war ein Ende. Er hat die Türkei und sich selbst erledigt. Jetzt ist er immer noch auf der Suche nach einem neuen Weg. Er hat gebettelt und die NATO und die USA um Unterstützung angefleht. Das hat nicht funktioniert. Dann wollte er Unterstützung vom Iran, Irak, der PDK und YNK.
Angeblich wurde er von der US-Regierung eingeladen, sich mit Biden zu treffen. Die AKP-Medien haben das wochenlang propagiert. Als ein US-Vertreter plötzlich sagte, dass ein solches Programm nicht geplant sei, platzten die Lügen wie ein Ballon. Um das zu verschleiern, wurden pompöse Auftritte inszeniert und Erdogan ließ überall türkische Flaggen aufhängen. Er hat sich sogar auf eine Visite bei Barzanî eingelassen. Vor dreißig Jahren, als es noch keine PKK gab, hätte man nicht einmal einen Feldwebel zu den Barzanîs geschickt. Womit brüstet er sich also jetzt? Die Barzanîs sind sehr darauf bedacht, Südkurdistan in eine von ihnen regierte Provinz der Türkei zu verwandeln, eine Provinz des AKP/MHP-Faschismus. So verhalten sie sich, und darüber könnte man viel sagen, aber das ist ein anderes Thema. Die Situation, in der sich Tayyip Erdogan befindet, ist jedenfalls offensichtlich.
Es sind verschiedene Vereinbarungen getroffen worden. Es wird gesagt, dass auf dieser Grundlage eine neue Invasion stattfinden wird. Alle warten und fragen sich, wie dieser Angriff aussehen wird. Ich meine, es könnte passieren. Alle sollten darauf vorbereitet sein. So sollten wir es angehen. Wir sollten es nicht auf die leichte Schulter nehmen. Wir sollten nichts als selbstverständlich ansehen. Denn das Leben ist nicht einfach. Wir müssen immer vorbereitet sein. Aber so einfach ist es für sie im Moment nicht. Sie sind nicht in der Lage, zu tun, was sie wollen. Wenn sie es könnten, würden sie es tun. Was geschieht also gerade? Es sieht so aus, als könnten sie die geplante gemeinsame Truppe nicht aufstellen. Das war ohnehin nicht möglich. Weder der Iran noch der Irak wollen es. Keiner hat die Macht oder den Bedarf dafür. Warum sollten sie als Soldaten für die Türkei dienen? Sind alle wie die PDK? Sind sie Barzanî? Das sind sie nicht. Sie kämpfen gegen sie. Alle haben ihre eigenen Interessen.
Das so genannte Entwicklungsstraßenprojekt muss richtig verstanden werden. Es geht nicht um eine Handelsroute. Wenn es ein solches Projekt wirklich gäbe, würden sich alle von Amerika bis Israel dagegen wehren. Der Irak wird getäuscht. Der türkische Staat will unter dem Vorwand einer Handelsroute in den Irak eindringen. Er will ins Landesinnere vordringen. Für den Straßenbau will er Arbeitskräfte und anschließend Soldaten, Polizei und Geheimdienst schicken. Erdogan sagte, er werde das Gebiet von Silêmanî bis Zaxo mit einer gemeinsamen Truppe einkreisen. In den Medya-Verteidigungsgebieten ist er gescheitert. Mit der Handelsroute soll ganz Südkurdistan von Süden her eingekesselt werden. Das Projekt hat einen militärischen Zweck. Erdogans Truppen sollen vorrücken und die Region in ein Kriegsgebiet verwandeln. Wahrscheinlich sehen das der Iran, der Irak und alle anderen auch. Für den Irak wäre es eine Katastrophe. Niemand kann das akzeptieren. Natürlich werden wir dagegen kämpfen, wir werden Krieg führen. Der Einzug so vieler türkischer Truppen in den Irak ist eine Besatzung, die nicht unterschätzt werden sollte. Wie ist es zu den Söldnergebieten [in der türkischen Besatzungszone in Syrien] gekommen? Jetzt will Erdogan ein solches Bandengebiet im Irak schaffen, als turkmenische Zone. Die türkische Besatzung hat mit Zypern begonnen und geht an vielen Orten weiter.
Darüber hinaus gibt es einige Bewegungen der PDK. Unsere Leitung hat die PDK vor militärischen Bewegungen in Guerillagebieten gewarnt. Ich habe in dieser Hinsicht nichts weiter zu sagen. Die PDK soll ihren Truppen Einsatzbereitschaft befohlen haben. Das wäre eine Katastrophe für sie selbst. Wenn sie einen Schritt weitergeht und direkt auf der Seite des türkischen Staates in den Krieg zieht, wäre es ihre Ende. So viel kann ich sagen. Wir werden sie überall einkesseln. Die PKK und die Guerilla sind überall. Das sollten alle wissen. Alle sehen, was die Guerilla ist und wie sie kämpft. Dementsprechend beobachten wir die Lage.
Wir setzen unseren Kampf fort. Unsere globale Freiheitsoffensive werden wir auch an der militärischen Front fortsetzen. Die Offensive breitet sich aus, ebenso die Guerilla. Es finden auch Aktionen in den Städten statt. Wir glauben, dass sie sich in der nächsten Zeit noch viel mehr entwickeln wird. Generell gilt: Wer diesen Krieg anheizt und darauf besteht, wird in dem von ihm vergossenen Blut ertrinken.
Der Text ist ein Ausschnitt aus einem Interview mit Duran Kalkan, Mitglied des Exekutivkomitees der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), das in einer Sondersendung bei Medya TV gezeigt wurde.