Hozat: Öcalans Botschaft muss richtig verstanden werden

Als Ko-Vorsitzende der KCK erklärt Bêsê Hozat in einem Interview, dass sich der türkische Staat für eine Lösung der kurdischen Frage der Sache aufrichtig annehmen muss.

Als Ko-Vorsitzende des Exekutivrats der KCK (Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans) hat Besê Hozat in einem bei Stêrk TV ausgestrahlten Interview die aktuellen Entwicklungen in Kurdistan bewertet. 

Führungsrolle der Frau im Kampf besonders wichtig

Wie bewerten Sie die Rolle der Frau im Widerstand und den Widerstand in der Türkei und in Kurdistan im Allgemeinen?

Die Führungsrolle der Frau im Widerstand ist sehr wichtig. Die Frauen haben mit großer Entschlossenheit im gesamten Widerstand ihre Plätze an vorderster Front eingenommen. Das macht den Widerstand noch stärker und bedeutungsvoller. Es gibt einen massiven Angriff auf die Frau und durch sie auf die Gesellschaft. Es handelt sich um eine patriarchale Kultur, die sich überall verbreitet hat. Die Kriegspolitik steigert den Sexismus in der Gesellschaft noch weiter. In diesem Sinne begrüße ich den Widerstand der Frauen und erachte ihn als sehr wichtig. In der Türkei herrscht ein faschistisches Regime. Es wird eine Politik der Massaker gegen die Kurden praktiziert. Gleichzeitig wird eine Vernichtungspolitik gegen die Gesellschaft in der Türkei umgesetzt. Die Regierung ist faschistisch, aber es gibt einen großen und entschlossenen Widerstand.

Ernennung von Zwangsverwaltern Ausdruck von Vernichtungspolitik

Wie ist die Ernennung von Zwangsverwaltern in kurdischen Großstädten einzuordnen?

Die Besetzung der Stadtverwaltungen von Amed (Diyarbakır), Mêrdîn (Mardin) und Wan (Van) ist Ausdruck dieser Vernichtungspolitik. Die Regierung hat nach der Wahl sieben Stadtverwaltungen geraubt. 2016 hatte sie alle Stadtverwaltungen besetzt und kurdische Politiker inhaftiert. Sie hat ihre Kerker mit kurdischen Politiker gefüllt. Die türkischen Knäste sind voll von Intellektuellen und Revolutionären. Deshalb sollten wir insbesondere den Angriff auf die Kurden als Vernichtungsversuch betrachten. Es ist nicht nur eine kommunale oder juristische Angelegenheit, es handelt sich um eine vollkommen politische Entscheidung. Sie hängt mit der kurdischen Frage zusammen. Der Staat praktiziert eine Vernichtungspolitik gegen die Kurden, er setzt alles daran, um ihre Identität und ihre Existenz nicht akzeptieren zu müssen. Darum geht es. Jeden Tag werden kurdische Politiker festgenommen, Stadtverwaltungen geraubt, Massaker begangen. Der Ausnahmezustand in Kurdistan endet nicht.

Was heute in Kurdistan passiert, passiert morgen in Istanbul

Wie ist die aktuelle Lage in der Türkei und der Widerstand gegen das AKP/MHP-Regime einzuschätzen?

Ohne Zweifel muss ein Kampf für die Rechte geführt werden. Denn für die Kurden in der Türkei gibt es kein Recht. Es gab früher ein kleines bisschen davon, aber das faschistische AKP/MHP-Regime hat auch das beseitigt. Jetzt gibt es weder Recht, noch Gerechtigkeit, noch Demokratie. Die Stadtverwaltungen von Amed, Wan und Mêrdîn sind besetzt worden. In Istanbul, Izmir und vielen anderen Städten haben demokratische Kräfte dagegen protestiert. Sie haben einmal mehr ihre Stimme gegen die faschistische Politik von AKP/MHP erhoben.

Ein Teil der CHP-Basis ist aufgewacht

Hatte dies auch Einfluss auf die politische Haltung anderer Oppositionsparteien?

Auch die CHP und Saadet Partei haben es zumindest zum Teil begriffen. Diesem Regime geht es nicht um die Türkei, sondern ausschließlich um die Erhaltung seiner eigenen Macht. Was in Kurdistan passiert, wird morgen in Ankara, Istanbul und Mersin geschehen. Alle Errungenschaften werden beseitigt werden. Deswegen müssen jetzt alle gegen die Angriffe auf die Kurden protestieren. Sie kritisieren und sagen, dass sie an der Seite der Kurden sind und den Widerstand begrüßen. Das ist sehr wichtig und richtig, aber die Situation heute ist anders als früher. Wenn es in Kurdistan keinen Frieden und keine Gerechtigkeit gibt, dann auch nicht in der Türkei. Ein Teil der CHP-Basis ist aufgewacht. Die demokratischen Teile der Gesellschaft haben gegenüber den Kurden eine positive Haltung gezeigt.

Wie ist die Lage der Regierung?

Diese Regierung ist an einem sehr negativen Punkt angekommen. Es gibt nicht einmal mehr eine Spur von Demokratie, Recht oder Gerechtigkeit und die Lage wird mit jedem Tag gefährlicher. Sie ist mit jedem im Krieg. Es gibt keine Gruppen mehr, mit der sie Allianzen bilden könnte. Der Grund dafür ist ihre kurdenfeindliche Politik. Der türkische Staat ist in Syrien und im Irak in den Krieg gezogen, um die Errungenschaften der Kurden zu vernichten. Die Türkei führt ohnehin seit Jahren Krieg. Der Ansatz von Abdullah Öcalan ist in dieser Hinsicht sehr wichtig. Er erkennt die Zukunft der Türkei genau und analysiert sie. Er betrachtet die Situation als gefährlich. Wenn es so weitergeht, wird die Türkei morgen oder übermorgen auseinanderbrechen. Die Situation entwickelt sich so. Es wird eine Politik gemacht, welche die Türkei in den Abgrund führt.

Der türkische Staat will keine demokratische Lösung

Welche Rolle spielen die Treffen mit Öcalan für eine Lösung?

Die Treffen auf Imrali müssen gut verstanden werden. So wie wir es hören, gibt es dazu verschiedene Bewertungen. Manche Menschen spekulieren, dass wenn es heute Treffen auf Imrali gibt, dann könne es bereits morgen oder übermorgen eine Lösung geben. Das ist die falsche Haltung und auch nicht richtig. Wenn der türkische Staat das Problem lösen will, dann ist Rebêr Apo [gemeint ist Abdullah Öcalan, Anm. d. Red.] auf Imrali der Ansprechpartner. Er hat klargemacht, dass sich der Staat auf die richtige Weise verhalten muss, damit die kurdische Frage gelöst werden kann. Es muss ein Lösungsprogramm entwickelt werden. Öcalan hat einen Plan und entsprechende Projekte zur Lösung der kurdischen Frage. Der türkische Staat ist hier das Problem. Wenn der türkische Staat bereit ist, wird die kurdische Frage gelöst, wenn nicht, dann nicht. Hier sollte man sich nicht täuschen. Die Türkei muss sich für eine Lösung entscheiden. Abdullah Öcalan ist zur Lösung bereit. Er ist bereit zu helfen und alles zu tun, was für eine Demokratisierung der Türkei nötig ist.

Ursache für kurdische Frage ist türkischer Staat

Verantwortlich dafür, dass es die kurdische Frage gibt, ist nicht Rebêr Apo, sondern der türkische Staat. Rebêr Apo geht es um die Lösung der kurdischen Frage. Die PKK kämpft seit 40 Jahren für die Lösung der kurdischen Frage. Manche glauben, es reiche für eine Lösung, wenn es ein Treffen auf Imrali gibt, dort ein paar Dinge gesagt werden. So ein Ansatz ist vollkommen falsch. Der türkische Staat muss das Problem lösen. Er hat die Kurden verleugnet und über Jahre einen Völkermord an ihnen verübt. Heute setzt die AKP/MHP-Regierung eben diese Politik fort.

Was muss also geschehen?

Abdullah Öcalan sagt also, er ist bereit für eine Lösung. Der türkische Staat muss ebenso ein Statement abgeben. Wenn der türkische Staat zur Lösung der kurdischen Frage bereit ist, er Pläne und Projekte hat, bitte, dann sollen sie kommen, wir diskutieren und verhandeln. Rebêr Apo hat auf allen Treffen gesagt: „Ich habe den Willen zur Lösung, ich bin bereit dazu, aber der Staat muss ebenfalls Bereitschaft zeigen. Wenn der türkische Staat bereit ist, dann soll er kommen und dann lösen wir das Problem innerhalb einer Woche.“ Aber für eine Lösung muss sich der türkische Staat zu Verhandlungen entschließen und nach Imrali gehen. Es ist bekannt, was für eine Lösung Öcalan und das kurdische Volk im Sinn haben. Die Kurden wollen einen Status und die Anerkennung ihrer kulturellen und politischen Identität. Wenn Nordkurdistan einen Status erhält, bedeutet das nicht die Teilung der Türkei. Das kurdische Volk will den Staat nicht, denn der Staat ist Herrschaft, Unterdrückung, Folter und Krieg. Wir sagen nicht, dass die Staaten verschwinden sollen, aber wir wollen, dass sie demokratisch sind.

Kurden fordern die Demokratische Autonomie

Was sind die kurdischen Forderungen genau?

Erkennt die kurdische Identität und die Autonomie an. Die Kurden wollen in einem autonomen System frei und demokratisch leben. Das ist es, was Rebêr Apo ebenfalls sagt. Die AKP/MHP-Koalition behauptet immer wieder, die PKK wolle die Türkei teilen und einen Staat errichten. Sie sagt, wir würden in Syrien einen Staat gründen wollen. Das sind Lügen und reine Demagogie. Das dient nur dazu, ihre schmutzige Politik zu legitimieren. Sie benutzt diese Demagogie, um die Gesellschaft in der Türkei zu beeinflussen und den Rassismus zu schüren. Sie weiß selbst ganz genau, dass sich unser Paradigma geändert hat.

Inwiefern?

Wir wollen eine Lösung der kurdischen Frage innerhalb der bestehenden staatlichen Grenzen. Wir wollen einen demokratischen Status. Das wissen sie sehr genau, aber dennoch verfolgen sie diese rassistische Politik und versuchen, ihren schmutzigen Krieg zu rechtfertigen. Diese rassistische und faschistische Politik hat keine Zukunft. Das AKP/MHP-Regime hat seinen Zenit überschritten, ihnen entgleitet die Macht und sie klammern sich durch Krieg und Gewalt an sie. Sie haben bereits begonnen, allmählich zu verschwinden. Deswegen sind Erdoğan und Bahçeli voller Furcht und sie kämpfen um jede Galgenfrist bis zum Ende ihrer Herrschaft. Diese Bemühungen sind aber vergebens. Das Ende dieses faschistischen Regimes durch den gemeinsamen Kampf der Völker Kurdistans und der Türkei ist vorgezeichnet.

Demokratische Kräfte müssen an sich selbst glauben

Was muss also geschehen?

Wir rufen das kurdische Volk, die demokratische Gesellschaft der Türkei und die Kräfte, die Frieden wollen auf, an sich selbst zu glauben. Je stärker der Widerstand, desto schneller kommt das Ende des Faschismus. Die Situation ist genau an diesem Punkt. Wir sehen, dass die Bevölkerung mit großem Mut auf die Straße geht und kämpft. Die Regierung ist deutlich schwächer geworden. Der antifaschistische Widerstand muss weiter gestärkt werden. Das zeigt heute der Widerstand in Amed, Wan und Mêrdîn. Aber warum gibt es nur Widerstand in ein paar Städten? Überall in Kurdistan muss ein solcher Widerstand gezeigt werden.

Unser Volk muss seinen Protest mutiger und stärker zum Ausdruck bringen

Wie bewerten sie die Teilnahme an den Aktionen?

Warum nehmen nur 500 Menschen an den Sitzstreiks teil? Warum nicht zehntausende? Hunderttausende könnten es wie am Tahrir-Platz machen. Ich sage ganz klar, in solch einer Lage würde die Regierung keine Woche durchhalten. Denn sie sind schon im inneren verfault und am Ende. Unser Volk muss seinen Protest mutiger und stärker zum Ausdruck bringen. Sie müssen die Straßen mit hunderttausenden Füllen. Auch in Êlih und Mêrdîn müssen sich tausende erheben. Im Zentrum von Mêrdîn gibt es manche Probleme, aber in Qoser (Kızıltepe), Nisebîn (Nusaybin) und den anderen Orten kann es Aufstände geben. In den Städten in der Türkei gibt es Millionen Kurden. Istanbul, Izmir, Adana, Mersin, Manisa und Zentralanatolien ist voller Kurden. Abgesehen von den Kurden gibt es dort auch andere demokratische Kräfte. Insbesondere in Marmaris, am Mittelmeer und der Ägäis haben die demokratischen Kräfte eine starke Basis. Sie müssen ihre Kräfte vereinen und in den Städten in der Türkei aufstehen. Wenn sich die Straßen füllen, wird sich das Regime nicht halten können.

Wie sehen Sie den Widerstand in den Ida-Bergen?

In den Ida-Bergen gibt es seit einer Weile Widerstand. Ich finde das sehr wertvoll. Viele demokratische Kräfte haben sich an der Aktion beteiligt, das ist wirklich großartig. Im Moment ist der Widerstand etwas schwächer geworden. Er muss von Tag zu Tag wachsen. Heute sind alle Berge und Seen in Kurdistan und in der Türkei geplündert. Das Regime ist ein Regime der Plünderer und Diebe. Es denkt an nichts anderes als den eigenen Profit. Es verübt ein kulturelles, ökologisches und ökonomisches Massaker. Die Reaktionen der Bevölkerung dagegen müssen stärker werden.

Einen Geschwistermord werden wir niemals akzeptieren

Wie sehen Sie die aktuelle Kriegsgefahr mit der PDK in Südkurdistan?

Barzani selbst hat gesagt, er wolle nicht, dass es ein Massaker unter den Kurden gibt und werde so etwas nicht zu lassen. Das ist gut, aber es müsste auch umgesetzt werden. Niemand will, dass es zu einem Geschwisterkrieg, einem Massaker unter Kurden kommt. Das kurdische Volk akzeptiert dies nicht. Allein davon zu sprechen ist eine Schande und es ist vollkommen indiskutabel. Als Bewegung haben wir den Geschwisterkrieg immer als Verbrechen, sowohl gegen die Geschichte als auch gegen das kurdische Volk betrachtet und stets abgelehnt.

Wer will denn so einen Geschwisterkrieg?

Die Besatzungsmächte wollten, dass ein Geschwisterkrieg zwischen den Kurden beginnt und sie sich gegenseitig umbringen. Sie sollen schwach und ohne Willen sein. Auf diese Weise wollen sie die Kurden unterwerfen. Die Besatzer verfolgen diese Politik schon seit 100 Jahren. Der türkische, syrische, iranische und iranische Staat haben sich demnach verhalten. Sie wollten die kurdischen Kräfte vernichten. Sie sollten nicht kämpfen, sondern als Sklaven dienen. Die Kurden waren auch schwach und ohne Willen. Deswegen sind sie immer wieder in diese Falle getappt. Hundert Jahre konnten sie nichts erreichen und sich nicht befreien. Es kam so weit, dass selbst ihre Existenz bedroht war. Gegen die Kurden gab es immer eine völkermörderische Politik.

Was ist nun anders?

Seit 40 Jahren kämpft die PKK, seit 100 Jahren das kurdische Volk. Es hat sich verändert; die Kurden haben nun ihren eigenen Willen. Sie sind sich selbst bewusst geworden und haben ihre Verteidigungskraft aufgebaut. Es ist sehr wichtig, dass die Kurden sowohl über ein Programm als auch über eine Strategie verfügen. Durch jahrzehntelangen Kampf konnten sie einige wichtige Errungenschaften durchsetzen. Nun ist die kurdische Frage ein internationales Problem. Alle sprechen über die Kurden in der Region. Sie haben ihre Würde und ihre Identität gewonnen. Die Weltgesellschaft sieht das kurdische Volk als freiheitlich und demokratisch an. Selbst die mächtigsten Staaten betrachten die Kurden als erfolgreich.

Was ist Ihre Kritik an der Situation in Südkurdistan?

Die südkurdische Gesellschaft sollte sich auf patriotischer Linie demokratisieren. Wir kritisieren die südkurdische Regierung dafür, dass sie sich seit Jahren weit von einer patriotischen Linie entfernt hat. Die Errungenschaften dort sind auch für uns wichtig. Wir sind bereit, alles uns Mögliche für die Stärkung und Demokratisierung des Südens zu tun. Wir haben Erfolge in Rojava und in Bakur (Nordkurdistan, Anm. d. Red.). Wenn wir im 21. Jahrhundert einen Status erringen wollen, müssen wir uns den Staaten, die seit hundert Jahren eine völkermörderische Politik gegen umsetzen, verweigern. Es muss mit gemeinsamer Haltung und gemeinsamer Stimme gesprochen und eine nationale und gemeinsame Politik entwickelt werden. Der türkische Staat will im Moment einen Krieg zwischen den HPG und den Peschmerga herbeiführen. Das ist eine Falle, es handelt sich um einen schmutzigen und gefährlichen Plan. Die ganze Welt und unser ganzen Volk müssen sich dessen bewusst sein. Unser Volk fordert, dass die führenden Organisationen dies verhindern müssen. Aber allein als PKK können wir das nicht leisten. Alle kurdischen Parteien müssen gegenüber dieser Gefahr aufmerksam sein. Wir sehen heute, dass einige Bewegungen zu ihrem Spielzeug geworden sind.

Gefahr für Nordsyrien besteht weiter

Wie ordnet sich der Krieg der Türkei in die Geschehnisse in der Region ein?

In der Türkei herrscht Krieg. Die Türkei ist das Zentrum des Krieges geworden und nimmt auf allen Feldern am Dritten Weltkrieg teil. Sie will Akteurin in einem Krieg aus Kurdenfeindschaft sein. In diesem Krieg ist die Rolle und Zukunft Syriens für sie von großer Bedeutung. Wie es aussieht, ist der Krieg in eine neue Phase eingetreten und so geht es nun weiter. Der Krieg in Syrien wird nicht enden. Sowohl die imperialen Mächte in Rojava als auch die anderen wollen den Mittleren Osten ihren Interessen entsprechend gestalten. Seit Jahren benutzen die Regionalmächte die Region um Profite zu generieren.

Kurden muss klar sein, dass die Türkei auf ein Massaker in Syrien besteht

Was sind die Interessen der einzelnen Mächte?

Die USA wollen bei der Neugestaltung Syriens durch die Türkei dabei sein. Die Besetzung von Idlib, Efrîn, Bab und Dscharablus ist Teil dieses Plans. Die USA wollen, dass die Türkei in Ostsyrien eine ausgewogene Politik praktiziert. Russland verfolgt auch eine seinen Interessen entsprechende Politik gegenüber der Türkei. Die faschistische AKP/MHP-Regierung will diese Situation Nutzen und die Vernichtung der Kurden in der Region vorantreiben. Wir müssen uns darauf einstellen, dass der Krieg in Syrien noch lange andauern wird. Die Syrienpolitik ist gefährlich für die Kurden. Den Kurden muss klar sein, dass die Türkei auf ein Massaker in Syrien bestehen wird. Mit diesem Plan will die Türkei Ergebnisse in Nord- und Ostsyrien herbeiführen. Die Gefahren und Drohungen gegen Syrien sind nicht aufgehoben und werden nicht enden. Deshalb muss sich unser Volk auf allen Ebenen selbst verteidigen. Es muss einen revolutionären Krieg gegen die türkische Besatzung geben. Die Menschen müssen sich innerlich sehr gut darauf vorbereiten. Es darf keine Laxheit damit geben.

Wie passt die „Sicherheitszone“ hierzu?

Im Moment finden Gespräche über die Grenze statt. Es wird von einer „Sicherheitszone“ gesprochen. Das ist reine Demagogie. Die Gebiete unter QSD-Kontrolle sind im Moment alle sicher. Die USA und die Türkei verhalten sich ihren Interessen entsprechend. Der türkische Staat will die Errungenschaften vernichten. Das ist sein einziges Ziel. Unser Volk darf nicht vergessen, dass die Gefahr einer Invasion nicht gebannt ist. Der türkische Staat will ganz Rojava besetzen. Er will die demokratische Autonomie und den Status der Region aufheben. Er will die Revolution vernichten. Unser Volk muss in starker Beziehung zusammen mit den Völkern der Region stehen. Es muss sich gemeinsam mit den Arabern stärken und für alles bereit sein. Was morgen in Syrien passiert, ist nicht klar. Denn alle denken nur an ihre eigenen Interessen und nicht an die der Bevölkerung.

Weder die USA noch Russland denken an die Freiheit der Menschen in Syrien

Niemand denkt an die Freiheit der Kurden oder der Völker Syriens. Weder die USA noch Russland noch die Regionalmächte. Sie wollen die Region entsprechend ihrer eigenen Interessen gestalten. Deswegen müssen die führenden Kräfte sehr scharfblickend sein, dürfen sich nicht täuschen lassen oder eine naive und apolitische Haltung an den Tag legen. Sie müssen eine intelligente Politik und einen intelligenten Kampf führen. Sie müssen auf ihre eigene Kraft vertrauen und ihre Organisierung stärken. Es besteht eine große Gefahr für Rojava. Der türkische Staat ist mit seiner Syrienpolitik in den Brunnen gefallen und niemand weiß, wie er wieder herauskommt. Er ist auch im Prozess mit dem Iran und Syrien am Ende. Die Treffen von Sotschi und Astana haben keine Ergebnisse erzielt. Im Moment gibt es einen großen Krieg in Idlib. Das Volk hat sich erhoben und sagt, von Erdoğan verkauft worden zu sein. Das ist wahr. Erdoğan verkauft alles und jeden.

Verhandlungen zwischen Selbstverwaltung und Damaskus müssen beginnen

Wie ist das Regime zu bewerten, sollte es Verhandlungen mit Damaskus geben?

Die Verhandlungen hätten schon vor langem anfangen müssen. Die Regierung in Damaskus und die Selbstverwaltung hätten sich zusammensetzen, diskutieren und das Problem lösen sollen. Es ist nicht möglich, dass es in Syrien wieder wird wie früher. Syrien ist zerfallen. Es gibt seit acht Jahren Krieg. Die Regierung in Damaskus sollte den Status der Selbstverwaltung anerkennen. Das bedeutet nicht die Teilung Syriens, sondern seine Stärkung. Die Kräfte, die sich nur im Sinne ihrer eigenen Interessen in Syrien verhalten, würden neutralisiert werden.

Es gab ja immer mal wieder Treffen mit Damaskus…

Die Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien hat Damaskus bereits oftmals zum Dialog aufgerufen. Soweit wir das feststellen können, gab einige Gespräche, aber dem Regime fehlte die Ernsthaftigkeit. Diese Treffen reichen nicht aus, um das Problem zu lösen. Damaskus will die autonome Selbstverwaltung schwächen und zur Aufgabe zwingen. Das ist ziemlich billig. Es muss Gespräche über ein Lösungsprogramm geben und es muss sich ein Dialog entwickeln. Am Ende wird diese Frage mit Damaskus gelöst werden. Wir bewerten die Bemühungen der Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien positiv. Beide Seiten müssen ihre Probleme diskutieren und durch Verhandlungen den Weg zu einer Lösung einschlagen.