Seit längerer Zeit sind Spezialkräfte der PDK in der Gemeinde Şîladizê bei Amêdî aktiv. Wie PDK-nahe Quellen verlauten ließen, geht es dabei um das Guerillagebiet Rêçbiraxa in der Zap-Region. Inzwischen hat sich herausgestellt, welchen Plan der türkische Geheimdienst MIT zusammen mit der PDK für diese Region vorsieht.
Demnach hat die PDK führenden Persönlichkeiten aus den Stämmen der Region finanzielle Vorteile durch die Einrichtung eines neuen Grenzübergangs nach Gever (tr. Yüksekova) versprochen. Voraussetzung dafür ist die Stationierung von PDK-Einheiten in Rêçbiraxa. Die PDK will von den Stämmen die Zusage bekommen, dass sie sich gegen die Guerilla auf ihre Seite stellen. Auf der anderen Seite der Grenze führt der MIT dieselben Gespräche mit Stammesführern aus Nordkurdistan.
Drei Übergänge an der türkisch-irakischen Staatsgrenze
In Behdînan gibt es entlang der türkisch-irakischen Grenze drei Übergänge: Ibrahim Khalil, Serzêr und Zêtê. Der offizielle Grenzübergang Ibrahim Khalil führt von Şirnex-Silopiya über den Fluss Xabûr nach Zaxo und Dihok. Serzêr ist die Verbindung zwischen Çelê (Çukurca) im Norden und Kanî Masî im Süden und dient lediglich der logistischen Versorgung der türkischen Militärbasis in Kanî Masî. Das gleich gilt für den Übergang Zêtê zwischen Rûbarok (Derecik) und Mêrgesor, über den ein 2018 in Lêlikan errichteter türkischer Stützpunkt versorgt wird.
Welchem Zweck also soll der von PDK und MIT beworbene neue Grenzübergang dienen? Welchen Nutzen hat er für die Bevölkerung der Region?
Ganz offensichtlich geht es bei diesem Plan ausschließlich darum, die bestehende Besatzung zu festigen und ihr einen offiziellen Anstrich zu verleihen. Der Bau einer Hunderte Kilometer langen Straße von Şîladizê nach Gever durch unwegsames Gelände würde bereits Millionen Dollar kosten.
Darüber hinaus hat die PDK bereits früher versucht, Kräfte aus der Bevölkerung für die Sicherung dieser Wegstrecke zu rekrutieren. Es geht also nicht um wirtschaftliche Vorteile, sondern vielmehr um die Gründung einer Kolonie. Der Plan lässt sich zusammengefasst so beschreiben: Euer Land wird besetzt, für den Straßenbau werden Steuern von euch erhoben, für die Sicherheit werden euch Waffen gegeben, mit denen ihr gegen die Guerilla kämpft, und die gesamte Natur wird ausgebeutet. Wo liegt also der Vorteil? Ob es hier um Nutzen oder Schaden geht, bleibt jedem selbst überlassen.
Tourismus im Balinda-Wadi?
Ein weiterer wichtiger Punkt ist das Versprechen, das Balinda-Wadi und die Gegend um Çemço für den Tourismus zu öffnen. Der türkische Staat hat beginnend 2016 in Şîladizê vom Balinda-Wadi über Rêçbiraxa bis zu den Dörfern Kunişka, Kinyaniş, Mervanos und Nêrwe massive Luftangriffe auf die Zivilbevölkerung durchgeführt und Dutzende Menschen dabei getötet. In den genannten Gebieten gibt es keine dauerhaft besiedelten Orte. Früher sind die Menschen im Sommer trotz der türkischen Luftangriffe im Sommer wegen Honig, Weintrauben, Walnüssen und den Weideplätzen für ihre Nutztiere dorthin gegangen. Nach den Aufständen 2019 in Şîladizê hat die PDK sogar den Zugang zum Balinda-Wadi verboten. Seitdem die PDK am Eingang des Wadis einen Asayîş-Posten errichtet hat, gibt es dort überhaupt keine Sicherheit mehr. Die Bevölkerung ist dadurch ernsthaft gestört und die PDK verfolgt alle möglichen Machenschaften, um Nutzen daraus zu schlagen. Mit der Behauptung, dass das Gebiet touristisch genutzt werden soll und nur die Präsenz der Guerilla dieses Projekt verhindert, soll die Bevölkerung gegen die Guerilla organisiert und ein System wie das der Dorfschützer in der Türkei auch hier umgesetzt werden.
Von der PDK rekrutiert, vom türkischen Staat bezahlt
Nach den Protesten gegen die Regierung im Juli 2020 in Şîladizê hat Omar Oreyi als PDK-Verantwortlicher von Amêdî mit führenden Persönlichkeiten der örtlichen Stämme gesprochen und anschließend gesagt: „Die hiesige Jugend ist arbeitslos und hat große Träume. Ohne Geld machen sie die Regierung für ihre Arbeitslosigkeit verantwortlich. Wir haben uns auf eine Formel geeinigt und können das Problem lösen, indem wir aus diesen Jugendlichen ein zusätzliches Bataillon für die Peschmerga machen.“ Absurderweise waren die meisten Menschen aus der Region ohnehin bereits vor dieser Erklärung Peschmerga und haben protestiert, weil sie seit knapp zwei Jahren kein Gehalt bekommen haben. Später stellte sich heraus, dass das Dorfschützersystem im Süden von der PDK umgesetzt und vom türkischen Staat bezahlt werden sollte.
Was jetzt stattfindet, ist eine andere Version desselben Spiels. Der türkische Staat ist den Kurden gegenüber niemals großzügig, das Beispiel Efrîn ist vor aller Augen. Wenn diese Gegend vollständig besetzt ist, werden noch am selben Tag alle natürlichen Ressourcen geplündert. Das muss in die Rechnung einbezogen werden. Ich hoffe, dass die Stämme in Şîladizê die Situation durchschauen und nicht zu Teilhabern dieses Planes werden.