Dersim Piro: Die Kurden sind nicht mehr Spielball

„Das 21. ist das Jahrhundert, in dem die Kurden einen Status erkämpfen werden. Nichts und niemand wird sich dieser Entwicklung in den Weg stellen können“, erklärt Dersim Piro vom Gefangenen-Komitee der PKK.

Dersim Piro vom Gefangenen-Komitee der PKK hat sich im Radiosender Dengê Welat zum Zusammenhang zwischen der Isolation des kurdischen Vordenkers Abdullah Öcalan und dem Vernichtungsfeldzug der Türkei gegen das kurdische Volk geäußert. In seinem Beitrag ging er auf die Machtpole im türkischen Staat ein und erklärte, dass der kurdische Widerstand unumkehrbare Fakten geschaffen hat:

„Der Umgang mit dem kurdischen Repräsentanten entspricht dem Umgang mit den Kurden insgesamt. Daher ist die Isolation Abdullah Öcalans nicht nur als solche zu bewerten. Sie zeigt die Herangehensweise an die kurdische Frage. Die gegenwärtige und zukünftige Politik des Feindes ist auf diese Weise zu behandeln. Eine Isolationshaft ist für sich selbst schon eine ernste Sache. Öcalan ist jedoch ein Vordenker, ein Volksrepräsentant, unser Repräsentant. Schon deshalb werden wir mit allen Mitteln Widerstand leisten. Es geht aber nicht nur um die Isolation unseres Repräsentanten von der Außenwelt, sondern darum, dass die Isolation auf Imrali als Indikator für die Herangehensweise an die kurdische Frage zu betrachten ist. Die Situation ist auf diese Weise aufzufassen. Zusammenfassend kann man folgende Aussage treffen:

AKP, Bahçeli, Perinçek und Ağar, ein Konterguerillaführer, haben sich beim Thema Genozid und Vernichtung des kurdischen Volkes zusammengetan. Sie sind ein Bandenquartett. Kein einziger dieser vier hat etwas mit staatlicher Logik oder ähnlichem im Sinn. Jeder einzelne von ihnen hat eine Bandenstruktur um sich aufgebaut. Der einzige gemeinsame Fokus dieser vier ist die Vernichtung und der Völkermord an den Kurden. Bei allen anderen Themen stehen sie im Widerspruch zueinander. Beim Punkt der Vernichtung der Kurden und der kurdischen Befreiungsbewegung hat sich dieses Quartett jedoch zusammengefunden. Daher handelt es sich um eine Kriegspartei, eine Kriegsfront. Erdoğan ist in gewissem Maße eine Geisel dieser Kriegsfront. Der Putsch vom 15. Juli 2016 kann als erfolgreich bezeichnet werden. Allgemein wird von Erfolglosigkeit gesprochen, aber so ist es nicht. Im Gegenteil war es ein erfolgreicher Putsch. Die Gülen-Anhänger mögen dabei Schaden erlitten haben, aber in Wirklichkeit waren Ergenekon-Leute daran beteiligt. Die MHP und die Konterguerilla waren beteiligt. Sie haben Erdoğan zur Geisel gemacht und er hat sich ergeben.“

Piro Dersim erklärte folgendermaßen, warum Erdoğan keinerlei Funktion mehr hat:

„Die wirkliche Leitung des Staats haben die Konterguerilla unter Ağar, die eurasischen Ergenekonisten unter Perinçek und die MHP unter Bahçeli. Erdoğan hat aber dieselbe Mentalität. Auch er ist ein Nationalist, Chauvinist und ein Befürworter des Massakers. Aber sein eigener Wille zählt nicht wirklich. Er wird von der genannten Dreiergruppe dazu benutzt. Dieser Trupp ist für einen kurdischen Völkermord. Dies verheimlichen sie auch gar nicht mehr, sondern setzen es ganz offen um. Bei der Rede Erdoğans vor den UN war es offensichtlich, dass die Vernichtung und der Völkermord am kurdischen Volk von diesen Männern als natürlich und als ihr Recht betrachtet wird. Sie tun so, als wenn in ganz Rojava-Kurdistan kein einziger Mensch lebt und es ein leeres Land sei. Erdoğan sagt, lasst uns diesen Bereich zu einer Sicherheitszone machen und dort zwei Millionen Flüchtlinge ansiedeln. Das allein beweist schon, dass sie eine vernichtende, massakrierende und völkermordende Politik in Bezug auf Kurden verfolgen.

Dieselbe Politik ist in Bakur (Nordkurdistan/Türkei) offen erkennbar, es findet ein politischer Vernichtungsfeldzug mit ständigen Verhaftungen statt. Das gleiche gilt für die Berge, wo eine Operation nach der anderen durchgeführt wird. Auf dieselbe Weise ist die kurdische, legale Politik der Repression ausgesetzt. Rathäuser werden besetzt, Familien werden manipuliert. Es wird versucht, den legalen demokratischen Bereich zu kriminalisieren. Es ist ein massiver Angriff. In Başur (Südkurdistan) findet dasselbe statt. Dort ist die Türkei mit bestimmten Kreisen ein Bündnis eingegangen, mit dessen Unterstützung in Xakurke, Heftanin und insgesamt auf die Medya-Verteidigungsgebieten heftige Angriffe durchgeführt werden. Sie tun somit alles, was in ihrer Macht steht. Und auf diese Weise ist die Gesamtsituation zu betrachten.“

Selbstloser Widerstand

Piro Dersim betont, dass die Türkei alles Erdenkliche zur Vernichtung der Kurden und zur Zerstörung der Befreiungsbewegung tut. „Sie nutzt dafür alle Wege und Möglichkeiten, die Diplomatie, das Militär, die entsprechende Technik und so weiter. Für Rojava gilt dasselbe. Aber es sollte sehr genau darauf geachtet werden, dass ihr keine Kurden gegenüber stehen, die auf ihre Vernichtung warten. Ihr stehen Widerstand leistende Kurden gegenüber. Diesen gesamten Angriffen steht ein vollkommener, sich aufopfernder Widerstand gegenüber. Die Guerilla in Bakur und in den Medya-Verteidigungsgebieten leistet einen selbstlosen Widerstand, ebenso wie unser Volk in Rojava. Es gibt umfangreiche Vorbereitungen gegen jede Art von Invasion und für die Verteidigung Rojavas, unter Hinnahme aller erdenklichen Opfer. In Bakur leistet das Volk ebenfalls Widerstand gegen Unterdrückung, Gewalt, Folter und den politischen Vernichtungsfeldzug. In Europa leistet das Volk Widerstand, in Mexmûr und Şengal, wie auch in den Gefängnissen“, sagte Dersim.

Kurden sind nicht mehr Spielball

Zur Situation von Abdullah Öcalan auf der Gefängnisinsel Imrali erklärte Piro Dersim:

„Unser Vordenker Apo beweist derzeit eine Haltung, die alle Politik der AKP vereitelt. Diese Politik wird ins Leere laufen. Es ist unmöglich, dass diese Politik überlebt und einen Erfolg bringen wird. Die AKP, das Bandenquartett und die Kriegsfronten sind zum Scheitern verurteilt. Was wir zu tun haben, ist den Kampf zu verstärken und dabei produktive Taktiken zu nutzen. Solange unser Volk und unsere Befreiungsbewegung diese Widerstand und Opfer leistende Seele haben, wird niemand es schaffen, die Kurden wie im 20. Jahrhundert als Spielball zu nutzen. Das 21. ist das Jahrhundert, in dem die Kurden einen Status erkämpfen werden. Nichts und niemand wird sich dieser Entwicklung in den Weg stellen können. Die derzeitige Haltung, das Bewusstsein und die Herangehensweise der Kurden sind darauf ausgerichtet. Es ist der Weg des Widerstands. In der Türkei sind es aktuell die Kurden, die den zentralen Widerstand gegen das Bandenquartett leisten. Außer den Kurden sind noch einige weitere Gruppen um sie herum an dem Widerstand beteiligt. Es zeigt auch die Leistungsfähigkeit der Befreiungsbewegung und ihre Kraft, wenn alle trotz der bestehenden Widersprüche zusammenkommen. Es zeigt, dass dieser Weg zum Sieg führt und ein Weg des Erfolges ist. Auf diese Weise sollte es verstanden werden.“

Türkischen Medien keine Beachtung schenken

Piro Dersim hebt hervor, dass die türkischen Kriegsmedien einen gewaltigen psychologischen Krieg führen. Er erklärt: „90 Prozent der Nachrichten über unsere Bewegung und unseren Kampf sind Lügen und Teil der psychologischen Kriegsführung. Verfolgt man die türkischen Fernsehsender, scheint es so, als wenn alles beendet und vernichtet sei. Das ist nicht wahr. Die PKK ist so stark wie nie zuvor. Die PKK schreitet dem Erfolg, dem Sieg und konkreten Ergebnissen entgegen. Diese Tatsache wird jedoch verdreht. Auf diese Weise sollen die Menschen psychologisch beeinflusst werden und in Hoffnungslosigkeit verfallen. Doch das darf nicht passieren. Wir appellieren daher auf diesem Weg an unsere Freundinnen und Freunde, unser Volk und an diejenigen, die uns zuhören: Den türkischen Medien darf auf keinen Fall Bedeutung zugemessen werden. Alles andere ist eine Lüge. Hier stehen wir. Tagtäglich wird über uns irgendetwas gesagt. Kein Stein liege mehr auf einem anderen, dies und das sei passiert. So ist es hier nicht. Die Guerilla schlägt täglich zu und vielleicht bereut es der türkische Staat bereits, in Südkurdistan eingedrungen zu sein.“