Das nepotistische Korruptionswerk des Barzanî-Clans

Südkurdistan ist eine von Korruption durchdrungene Region. Dabei spielt vor allem der Ölschmuggel unter der Regie der PDK eine wichtige Rolle.

Korruptes Netzwerk aus bezahlten Unterstützern

Nach dem Sturz Saddam Husseins wurde im Irak eine föderale kurdische Regionalregierung geschaffen. Diese Regionalregierung untersteht der Zentralregierung in Bagdad. Nach der Bildung einer neuen irakischen Regierung begann damit auch der Ölverkauf im Irak. Unter normalen Bedingungen werden die Ölverkäufe unter der Kontrolle der irakischen Zentralregierung abgewickelt, und das Geld wird bei einer dafür vorgesehenen Bank in den USA hinterlegt. In diesem Sinne behält der Irak seine Bedeutung als zweitwichtigstes Ölförderland. Das Öl bzw. die Gewinne werden von der irakischen Regierung aufgeteilt. Das in den sunnitischen Gebieten geförderte Öl wurde unter den Sunniten aufgeteilt, das in den schiitischen Gebieten geförderte Öl wurde unter den Schiiten aufgeteilt. Ein großer Teil des geförderten Öls befindet sich in Kurdistan. Also teilen PDK (Demokratische Partei Kurdistans) und YNK (Patriotische Union Kurdistans) das geförderte Öl unter sich auf.

Daneben gibt es eine weitere Ölregion, die sogenannte Artikel-140-Region, die aus Gebieten wie Şengal und Kerkûk besteht. Das sind Regionen, in denen weder die Zentralregierung in Bagdad noch die Regierung in Hewlêr (Erbil) zuständig ist. Diese Region wird immer wieder neu aufgeteilt, sie war nach der Befreiung vom IS unter kurdischer Kontrolle und ging dann wieder an den Irak über. Seit Jahren teilen sich irakische und kurdische Kräfte inoffiziell das in dieser Region geförderte Öl.

Nur 40 Prozent der Einnahmen gehen an den Staat

Soweit offiziell bekannt, belaufen sich die monatlichen Öleinnahmen Südkurdistans auf etwa 1,4 Milliarden Dollar. Dies entspricht etwa 15 Milliarden Dollar pro Jahr. Der Betrag, der an die Staatskasse überwiesen wird, schwankt jedoch zwischen 400 und 500 Millionen Dollar pro Monat. Alle Ölverkäufe stehen unter der Kontrolle des Ministerpräsidenten von Südkurdistan, Mesrûr Barzanî (PDK). Der Finanzminister Südkurdistans hat ebenfalls bestätigt, dass Mesrûr Barzanî die alleinige Kontrolle über alle Verkäufe hat. Er erklärte, dass niemand außer ihm in diese Verkäufe eingreife und dass der an das Finanzministerium überwiesene Betrag zwischen 400 und 500 Millionen Dollar liege. Es ist also bekannt, dass diese 60 Prozent des Gewinns ohne jede demokratische Kontrolle zwischen Silêmanî und Hewlêr aufgeteilt werden.

Ölschmuggel ebenfalls in der Hand des Barzanî-Clans

Das ist aber nur die Spitze des Eisbergs. Zu den Ölverkäufen im Wert von 1,4 Milliarden Dollar kommen noch die illegalen Ölverkäufe hinzu. Täglich rollen etwa 2.000 Tanker, um die 300.000 Tonnen illegales Öl im Wert von monatlich 300 bis 500 Millionen Dollar zu verkaufen. Seit 18 Monaten ist der Verkaufswert für 300.000 Tonnen illegal von der Familie Barzanî verkauften Öls verschwunden. Die Verkäufe werden an die Türkei und den Iran getätigt. Die Türkei und der Iran verkaufen das billige Öl über Afghanistan, Pakistan und Turkmenistan an China. Alle diese Verkäufe werden inoffiziell getätigt, und es gibt keine Aufzeichnungen darüber. Die irakische Zentralregierung hatte bisher beide Auge zugedrückt, da sie diese inoffiziellen Ölverkäufe bereits zuvor unterstützt hatte. Im Jahr 2022 erklärte die Zentralregierung all diese Ölverkäufe für illegal und verbot, dass die Region Kurdistan selbst Öl ins Ausland verkauft.

Die irakische Regierung schickte keine Haushaltsgelder

Auf Antrag der irakischen Regierung verhängte der internationale Gerichtshof wegen der Ölankäufe aus Südkurdistan eine Geldstrafe gegen die Türkei. Gleichzeitig entwickelte sich ein schwelender Haushaltskonflikt zwischen Bagdad und Hewlêr. Die irakische Regierung gibt die Haushaltsmittel, die sie an die kurdische Autonomieregierung zahlen müsste, nicht frei, weil das Geld aus den illegalen Ölverkäufen Südkurdistans nicht in die Kassen des irakischen Finanzministeriums fließt.

1,25 Millionen „Beamte“ bei sieben Millionen Bürger:innen

Ein weiterer Grund für die Nichtbezahlung des Budgets ist die vollkommen fiktive Beamtenzahl, welche die südkurdische Regierung angibt. Es besteht ein ernsthaftes Ungleichgewicht zwischen der Zahl der Beamt:innen, die der irakischen Regierung als Liste übermittelt wurde, und der Bevölkerungszahl. In Südkurdistan leben sechs bis sieben Millionen Menschen. 1,25 Millionen werden als Beamte deklariert. Die irakische Regierung hält die Zahl für unrealistisch und fordert von der südkurdischen Regierung eine detaillierte Aufschlüsselung der Aufgaben der Beamten. Diese Liste soll durch eine Kommission geprüft werden. Die südkurdische Regierung weicht jedoch aus und da die Liste nicht kommt, stellt die Zentralregierung keine Haushaltsmittel bereit. Daher zahlt die südkurdische Regierung keinen Lohn an ihre Beamt:innen, in Südkurdistan herrscht eine Gehaltskrise. Solche Krisen sind nicht die Ausnahme, sondern regelmäßiges Produkt der Korruption in Hewlêr.

Mesûd Barzani besuchte wegen der Gehaltskrise im Juni Bagdad. Er konnte gegen eine Liste der Beamten des Peschmerga-Ministeriums die Juni-Gehälter in Empfang nehmen. Obwohl die Gehaltskrise vom Juni auf diese Weise beigelegt werden konnte, gibt es nun wieder das gleiche Problem. Die Zentralregierung besteht darauf, dass sie die Liste der Beamten erhält. Die Gehälter für die Monate Juli und August wurden den Beamt:innen und Mitarbeitenden der Behörden noch nicht ausgezahlt.

Ein korruptes Netzwerk aus bezahlten Unterstützern

Eine weitere Tatsache ist, dass die PDK durch Beamtengehälter bzw. fingiertes Personal ein korruptes Netzwerk aufgebaut hat. Dafür gibt es bereits den Ausdruck Geldautomatengehälter. Gemeint sind dabei Gehälter für Unterstützer der PDK und dem Barzanî-Clan nahestehende Personen, die ohne irgendeine Gegenleistung als fingierte Beamte versorgt werden. Von den 1,25 Millionen Beamt:innen und Behördenmitarbeiter:innen erscheint nicht einmal die Hälfte auf der Arbeit. Um das zu stützen, werden in jedem Dorf, jeder Straße, jedem Viertel vorgefertigte Gesundheitszentren, Moscheen, Schulen usw. gebaut, wo die betreffenden Personen dann als Beamte und Mitarbeiter registriert sind. Das ist der Weg, auf dem die PDK ihre Unterstützung generiert. Für viele Menschen ist die einzige Option an Geld zu kommen, sich in die Fänge der korrupten PDK-Netzwerke zu begeben. Die PDK bindet so die Menschen durch Gehälter an sich. Das Schweigen dieser Personen gegen die zerstörerische Politik der PDK wird erkauft. Die meisten dieser fest angestellten PDK-Anhänger:innen gehen nicht zur Arbeit, und die Fertigbauten stehen leer; es gibt keine Ärzt:innen, Lehrer:innen oder Imame. Diese Menschen, die durch Gehälter an die PDK gebunden sind, produzieren nichts und leisten auch keinen gesellschaftlichen Beitrag. Gleichzeitig sackt die PDK selbst 10 bis 30 Prozent der von der irakischen Regierung für Gehälter überwiesenen Beträge selbst ein. Das gesamte Budget, das von der Zentralregierung in Form von Personalgehältern und Ausgaben für die Stadtentwicklung zur Verfügung gestellt wird, kommt nicht bei den Bürger:innen an. Wenn beispielsweise ein Beamter ein Gehalt von 500.000 Dinar erhält, werden davon 100.000 Dinar direkt von der PDK abgezogen.

Anti-PKK-Hetzer und Barzanî-Trolle stehen auf Gehaltslisten der PDK

Ein weiterer Punkt ist, dass es Hunderte von Menschen gibt, die nicht in Südkurdistan leben, aber Geld von der Regierung in Südkurdistan erhalten oder von einem solchen als „Gehalt“ deklarierten Bestechungsgeld abhängig sind. Auf diese Weise organisiert sich die PDK auch außerhalb Südkurdistans. Über gefälschte Gehaltslisten finanziert die PDK ein ganzes Netz von Kollaborateuren und Agenten. Der Irak erhebt in dieser Frage besonders schwere Vorwürfe. Er behauptet, dass Tausende von Menschen, die keine irakischen Staatsangehörigen seien und außerhalb des Irak lebten, über diese Listen Gehälter erhielten. Dies mag die wichtigste Dimension dieser Problematik sein. Trollnetzwerke, Agenten der PDK in Nordkurdistan, Personen, die den kurdischen Freiheitskampf weltweit angreifen und mit Antipropaganda überziehen, werden über diese Gehaltslisten finanziert. Sie alle erhalten Gehälter durch falsche Identitäten und falsche Anmeldungen. Auch die Mitarbeiter:innen von Rudaw, die im Namen der PDK in Nordkurdistan für diese agitieren, werden von der PDK in Südkurdistan finanziert. Viele derjenigen, die die kurdische Freiheitsbewegung Tag und Nacht auf Twitter beschimpfen und beleidigen, sie mit Dreck bewerfen und Verleumdungskampagnen führen, stehen als „Geisterpersonal“ auf den Gehaltslisten der PDK.

Der Lohn von Toten wird ausgezahlt

Ähnlich verhält es sich mit den Gefallenen von Anfal und Helebce. Obwohl diejenigen, die Angehörigen bei den Massakern verloren haben, nicht für solche Zahlungen registriert wurden, erhalten viele Menschen, die keine getöteten Angehörigen haben, die Renten und Zahlungen für die Opfer von Helebce und Anfal. Dabei ist es keine Seltenheit, dass der Lohn an Verstorbene bezahlt wird. Wer diese Gehälter dann erhält, ist nicht bekannt.

Korruption hat die Gesellschaft erfasst und einen Schweigekonsens erzeugt

Die irakische Regierung hat die Namensliste von Staatsbediensteten zur roten Linie gemacht. Die massive Korruption und organisierte Kriminalität bis in die höchsten Regierungskreise in Südkurdistan bedrohen ernsthaft das Leben der Menschen und die Sicherheit und die wirtschaftliche Entwicklung der Region. Während sich der Barzanî-Clan an illegalen Ölverkäufen bereichert, hält er seine Organisationsstrukturen mit Geisterpersonal aufrecht und kassiert sogar die Abzüge von den Gehältern der Beamt:innen. Die Menschen werden in Armut und Elend getrieben. Es zeigt sich aber auch, dass es eine geheime Absprache zwischen der Gesellschaft und der Regierung über diese schmutzigen Machenschaften gibt. Die Gesellschaft entwickelt bewusst keine Opposition, die der PDK schaden würde. Denn wenn eine solche Opposition entstehen würde, würden die Menschen ihre Gehälter verlieren. Das ist der Schweigekonsens, der Verbrechen in Südkurdistan möglich macht.

Die Bedingungen des Irak

Die irakische Zentralregierung beharrt auf ihrem Standpunkt. Sie stellt zwei Bedingungen. Die erste ist, dass das gesamte geförderte Öl unter die Kontrolle der Zentralregierung gestellt und alle Einnahmen an die Zentralregierung abgeführt werden. Zweitens sollen alle Bedienstetenlisten an die Zentralregierung übergeben werden. Dazu gehören Institutionen wie die Polizei, die Terrorbekämpfung, der Geheimdienst und die Peschmerga. Mit anderen Worten: Die schmutzige Politik der Familie Barzanî hat einen Punkt erreicht, an dem die Sicherheit der Regionalregierung Kurdistans gefährdet ist.

Selbst wenn der Haushalt freigegeben wird, ohne dass die beiden Bedingungen der irakischen Regierung erfüllt werden, bedeutet dies, dass die PDK der irakischen Zentralregierung auf anderer Ebene Zugeständnisse gemacht haben wird.

Quelle: Yeni Özgür Politika