Weitere Verhaftung im Mordfall Pınar Gültekin

Nach dem Femizid an der 27-jährigen Studentin Pınar Gültekin in Muğla vor zweieinhalb Monaten ist nun auch der Bruder des Täters verhaftet worden. Dem Mann wird Beweismittelvernichtung vorgeworfen.

Nach dem Femizid an der Studentin Pınar Gültekin in der südwesttürkischen Provinz Muğla vor zweieinhalb Monaten ist ein mutmaßlicher Helfer des Mörders der 27-Jährigen verhaftet worden. Es handelt sich um Mertcan Avcı, Bruder des Täters Cemal Metin Avcı (32). Gegen den 26 Jahre alten Mann wird wegen Beweismittelvernichtung ermittelt, teilte die Polizei in Muğla mit. Zu den Details ist nur bekannt, dass die Handy-Daten des Angeklagten ausgewertet und daraus für den Tattag, den 16. Juli 2020, ein Aufenthaltsprofil am Tatort erstellt wurde.

Der Mord an der Studentin Pınar Gültekin gehört zu den grausamsten Verbrechen der jüngsten Zeit in der Türkei. Sie wurde bewusstlos geschlagen, gewürgt und lebendig verbrannt, bevor ihr Körper in einem Fass mit Beton übergossen wurde. Es dauerte fünf Tage, bis die Polizei ihre sterblichen Überreste fand. Der Mord hatte einen landesweiten Aufschrei der Empörung und Proteste ausgelöst.

In der Türkei kommt es inzwischen fast täglich zu Femiziden, dennoch diskutiert die Regierung über eine Aufkündigung der Istanbuler Konvention zur Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen. Laut dem Femizid-Bericht für September der Plattform gegen Frauenmorde (Kadın Cinayetlerini Durduracağız Platformu, KCDP) sind im Vormonat mindestens 16 Frauen von Männern ermordet worden, 20 weitere Frauen sind unter verdächtigen Umständen ums Leben gekommen. Im letzten Jahr wurden sogar 474 Fälle gezählt. Die Frauenrechtlerinnen der Organisation, die Gewalt gegen Frauen erfasst und sich zur Aufgabe gemacht hat, öffentlich über Femizide aufzuklären und diese zu verhindern, setzen sich für den Erhalt und die Umsetzung der Istanbul-Konvention ein und verlangen seit Jahren langjährige Haftstrafen für Täter zur Abschreckung. Sie kritisieren, dass gemäß des Übereinkommens zu ergreifenden Maßnahmen zum Schutz von Frauen nicht implementiert werden und Richter bei der Strafzumessung einen viel zu weiten Ermessensspielraum haben. Viel zu oft gebe es Strafnachlässe für angeblichen Affekt, für Reue und oft sogar für gute Führung, nur weil der Täter in Anzug und Krawatte vor Gericht erscheint, beklagen die Aktivistinnen.