Walpurgisnacht-Aktivitäten in Celle verboten

Der Landkreis Celle verbietet kurzfristig den „Spaziergang zur Walpurgisnacht” der feministischen Kampagne „Gemeinsam kämpfen! Für Selbstbestimmung und Demokratische Autonomie".

Die feministische Kampagne „Gemeinsam kämpfen! Für Selbstbestimmung und Demokratische Autonomie", Ortsgruppe Celle, hatte für heute zu einer Walpurgisnacht-Schnitzeljagd aufgerufen. Wie die Veranstalterinnen mitteilen, hat der Landkreis Celle den „Spaziergang zur Walpurgisnacht” als „Freizeitaktivität“ deklariert und damit nach der Niedersächsischen Verordnung zum Schutz vor Neuinfektionen mit dem Corona-Virus verboten. Auch das Aufstellen von Gedenkkerzen, die an in Celle ermordete Hexen und Hexern erinnern sollen, soll unter das Verbot fallen.

Dazu erklärt die feministische Kampagne: Wir reagieren auf dieses Verbot mit Unverständnis. Auf Grundlage der im Aufruf befindlichen Sicherheitshinweise halten wir eine Infektion bei einem Spaziergang durch den Triftpark für wahrscheinlicher als eine Infektion auf einer vorgegebenen, mit Abstandsmarkierungen versehenen und nur in eine Richtung zu begehenden Route im Wald. Leider sehen wir in Anbetracht der Kurzfristigkeit sowie des breiten Interpretationsspielraums des Begriffs „Freizeitaktivität“ keine Möglichkeit, auf juristischem Wege gegen dieses Verbot vorzugehen.

Empört sind wir insbesondere über folgende Aussage: „Zudem ist bei der Schnitzeljagd die Anwesenheit von mehr als zwei Personen, die nicht in einem Haushalt leben, zu erwarten.“

Ausdrücklich war dazu aufgerufen sich an die generellen Verordnungen zu halten. In dem wörtlich zitierten Abschnitt entmündigt der Landkreis-Vertreter alle Interessierten und stellt sie zudem unter den Generalverdacht, sich nicht an die geltenden Verordnungen zu halten. Er spricht ihnen jegliches eigene, innere Interesse an Selbstschutz und dem Schutz anderer ab. Wir halten das Verbot für unverhältnismäßig und wundern uns sehr über das offenbarte Bild und die Einschätzung bezüglich der Celleschen Bevölkerung.

Weiter deklarierte der Vertreter des Landkreises Celle das Aufstellen von Gedenkkerzen als mögliche Versammlung, welche nicht angemeldet worden sei und ggf. dementsprechend geahndet würde. Die Ankündigung der Kriminalisierung des Aufstellens von Gedenkkerzen anlässlich der gesellschaftlichen Verarbeitung eines Massen-Femizids (der Hexen-Vernichtung), können wir nur als Drohung auffassen. Insbesondere der Schlusssatz „Ich weise auch zu diesem Punkt darauf hin, dass die Polizei vor Ort sein wird.“ ist in diesem Kontext als pietätlos zu bewerten.

Aufgrund der Ausnahmesituation herrscht momentan für alle eine schwierige Zeit. Wir wollten etwas anbieten bei dem Menschen, egal welchen Alters, sich für einen Moment aus der Isolation befreien, an die frische Luft kommen, Spaß haben, etwas lernen, aber auch gedenken können, ohne die aktuelle Situation außer Acht zu lassen. Deshalb haben wir uns für eine Schnitzeljagd entschieden, die allen Anforderungen an sinnvolle und wichtige Corona-Schutzmaßnahmen entspricht.

Als feministische Kampagne wollen wir außerdem ausdrücklich darauf aufmerksam machen, dass insbesondere für viele Frauen und Kinder die Isolations-Regelungen für das Gegenteil von Sicherheit sorgen. Die Fälle und das Ausmaß häuslicher Gewalt nehmen zu, da Familienangehörige sich nicht aus dem Weg gehen können. Hier werden die Auswirkungen des Patriarchats, in Form von Gewalt an Frauen und Kindern, besonders sichtbar. Dieser Tatsache wird gesellschaftlich zu wenig entgegengesetzt und sie wird schlichtweg weiterhin häufig außer Acht gelassen.

Unverhältnismäßige Einschränkungen, oder wie im Fall unserer Schnitzeljagd Verbote, verstärken diesen Effekt noch weiter. Insbesondere die Formulierung des Verbotes sowie die Ankündigung das Gedenkkerzen-Aufstellen ggf. als unangemeldete Versammlung zu bewerten und dementsprechend zu ahnden, empfinden wir nicht einmal als paternalistischen „Schutz-Versuch“, sondern als Drohung und politischen Gegenwind gegen Gleichberechtigung und Gedenkkultur.