Türkei: Austrittstermin aus Istanbul-Konvention bekanntgegeben

Im türkischen Amtsblatt ist der offizielle Termin für den Austritt der Türkei aus der Istanbul-Konvention zum Schutz von Frauen vor Gewalt bekannt gegeben worden.

Das AKP/MHP-Regime hat den Austritt der Türkei aus der Istanbul-Konvention für den 1. Juli 2021 angesetzt. Das Datum wurde am Freitag im türkischen Amtsblatt veröffentlicht. Am 20. März hatte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan (AKP) den Rückzug aus der für den Schutz von Frauen und Kindern vor patriarchaler Gewalt elementaren Konvention verkündet. Im selben Monat wurden mindestens 28 Femizide in der Türkei begangen, 19 Frauen kamen unter „verdächtigen Umständen” ums Leben.

Frauenorganisationen kritisieren, die Täter würden durch den Rückzug aus der Konvention und die weitgehende Straflosigkeit zu Gewalt ermutigt. Mit der Behauptung, das Abkommen würde „die türkische Familienstruktur zerstören“, wurden patriarchale Gewaltverhältnisse von obersten Regierungskreisen legitimiert. Der Austritt aus der Konvention stellt insbesondere für Jurist:innen einen offenen Rechtsbruch dar. Anwaltskammern und zivilgesellschaftliche Organisationen haben Widerspruch wegen Rechtswidrigkeit der Entscheidung eingelegt. Laut türkischer Verfassung hat der Präsident nicht die Befugnis, internationale Verträge ohne Zustimmung des Parlaments per Dekret aufzukündigen. Internationale Abkommen stehen in der Türkei im Verfassungsrang.

Tägliche Proteste

Die Istanbuler Konvention wurde 2011 vom Europarat als völkerrechtlicher Vertrag ausgefertigt und soll einen europaweiten Rechtsrahmen schaffen, um Gewalt gegen Frauen zu verhüten und zu bekämpfen. Die Vereinbarung gilt als Meilenstein im Kampf gegen patriarchale Gewalt und verpflichtet die Unterzeichnerstaaten, geschlechtsspezifische Gewalt zu bekämpfen sowie die Präventions- und Hilfsangebote zu verbessern. Bisher wurde die Konvention von 45 Staaten und der Europäischen Union (EU) unterzeichnet. 34 Länder haben den Vertrag ratifiziert. Seit dem Austritt der türkischen Regierung mobilisieren Frauenrechtsgruppen landesweit täglich zu Protesten und fordern die Rücknahme der Entscheidung.