Tränengas und Schlagstöcke bei Demonstrationen gegen Gewalt an Frauen

In Cizîr, Wan und Agirî hat die türkische Polizei Demonstrationen für Frauenrechte gewaltsam aufgelöst. Die Sicherheitskräfte setzten Schlagstöcke und Tränengas gegen die Demonstrantinnen ein, dutzende Aktivistinnen wurden festgenommen.

Seit nunmehr vier Jahrzehnten wird am 25. November der internationale Tag gegen Gewalt an Frauen als Aktions- und Gedenktag abgehalten. Weltweit gehen tausende Menschen auf die Straße, um auf Diskriminierung und Gewalt jeder Form gegen Frauen und Mädchen aufmerksam zu machen und dem etwas entgegenzusetzen. In der Türkei gehört es zum „Sicherheitsmanagement“ des Staates, auf Gewaltmittel zurückzugreifen, um das Aufbegehren von Frauen, die unter den rigiden Normen patriarchal bestimmter Gewalt leben sollen, im Sinne der Regierungslogik zu unterdrücken. Besonders betroffen davon sind kurdische Frauen. So wurden wie bereits in den Vorjahren auch dieses Jahr wieder Demonstrationen für Frauenrechte in Nordkurdistan gewaltsam aufgelöst.

In der Kreisstadt Cizîr in der Provinz Şirnex (tr. Şırnak) ging die Polizei gegen eine Demonstration der Bewegung freier Frauen (TJA) vor. „Jin, Jiyan, Azadî – Zeit für die Befreiung der Frau und das Ende von Faschismus und Femizid“ lautete das Motto des Aufzugs, der auf der Orhan-Doğan-Meile trotz eines massiven Aufgebots an Anti-Aufruhr-Einheiten und einem behördlich angeordneten Demonstrationsverbot lautstark und kämpferisch mit den Parolen „Es lebe der Widerstand der Frauen“ und „Jin, Jiyan, Azadî“ startete. Nach wenigen Metern stürmte die Polizei in die Mitte der Demonstrantinnen und prügelte mit Schlagstöcken auf sie ein, anschließend wurden Festnahmen durchgeführt. Es handelt sich um: Evin Erden (Ko-Vorsitzende der HDP Hezex), Berivan Temel und Müzeyyen Rüstemoğlu (Vorstandsmitglieder der HDP Elkê), Zarife Borak (Ko-Vorsitzende der HDP Elkê), Nebiha Akay, Nebahat İşçi und Necat Küçük (Mitglieder des Rates der Friedensmütter), Zilan Ecevit (Ko-Vorsitzende der HDP Cizîr), Berivan Kutlu (abgesetzte Ko-Bürgermeisterin von Cizîr), Zilan Yaman (Ko-Vorsitzende der HDP Qilaban), Sabuha Akdağ (Ko-Vorsitzende der HDP Şirnex), Güler Tunç (TJA-Aktivistin), Elfesya Nas (Kreisvorsitzende der Partei der Grünen und linken Zukunft in Hezex), Asuman Külter (Ko-Vorsitzende der HDP Silopiya), Garibe Gezer und Fehime Saruhan (HDP-Bezirksverordnete in Silopiya) sowie Songül Küçük und Elif Oruç (Vorstandsmitglieder der HDP Cizîr).

Außerdem wurden zwei Jugendliche abgeführt, die am Rande der Demonstration gegen die Polizeigewalt protestierten. Die „Friedensmutter“ Nebahat İşçi wurde bei dem Gewalteinsatz am Arm verletzt und musste in ein Krankenhaus gebracht werden. Die HDP-Abgeordnete Feleknas Uca, die sich an der Aktion beteiligte, verurteilte das Vorgehen der Polizei scharf und sagte: „Selbst am Kampftag gegen Gewalt an Frauen lässt dieser Staat aus seiner patriarchalen Position heraus Gewalt an Frauen verüben. Dafür werdet ihr Rechenschaft ablegen. Wir werden eure faschistische Mentalität dorthin katapultieren, wo sie hingehört: auf den Müllhaufen der Geschichte.“

Tränengas auf Demonstration in Wan

In Wan griff die Polizei eine ebenfalls von der TJA organisierte Frauendemonstration mit Tränengas an. Zuvor versuchten Beamte in Kampfmontur durch das Schubsen und Wegdrängen mit Polizeischildern, den Aufzug der Aktivistinnen zu verhindern. Eine Teilnehmerin wurde durch das Tränengas verletzt sackte bewusstlos zu Boden. 


Fünf Festnahmen in Agirî

In Agirî (Ağrı) hatte die Frauenorganisierung der HDP zu einer Versammlung vor dem Parteigebäude eingeladen. Dort sollte lediglich eine Stellungnahme anlässlich des internationalen Tages gegen Gewalt an Frauen verlesen werden. Die Polizei rückte noch vor Beginn der geplanten Zusammenkunft an und löste die Kundgebung gewaltsam auf. Fünf Frauen, darunter Hatice Akdağ vom Parteirat der HDP, die Provinzratsverordnete Dilek Karataş sowie Melike Özmüş, Ko-Vorsitzende des örtlichen DBP-Verbands, wurden festgenommen.