Taşdemir: Ko-Vorsitz beschreibt unser Freiheitsideal

Die Sprecherin des Frauenrates der HDP, Dilan Dirayet Taşdemir, erklärt, was am System des Ko-Vorsitzes wichtig ist und warum es die AKP-MHP-Regierung so nervös macht.

Die Sprecherin des Frauenrats der Demokratischen Partei der Völker (HDP), Dilan Dirayet Taşdemir, berichtete ANF über die Bedeutung des Systems des Ko-Vorsitzes und warum es die Macht der AKP-MHP so sehr stört.

Warum ist der Ko-Vorsitz wichtig?

Taşdemir erläuterte die Bedeutung des Konzepts des gemeinsamen Vorsitzes für Frauen mit den folgenden Worten: „Der Ko-Vorsitz oder die Doppelspitze bedeutet für uns nicht, dass in Kommunen und Kommunalverwaltungen nur Frauen an der Macht sein sollten, es bedeutet auch nicht, einfach an der Macht teilzuhaben, sondern dass alle Bereiche im Ganzen verändert werden müssen. 2014 haben wir damit begonnen, dieses System in Kommunalverwaltungen und politischen Parteien umzusetzen. In dieser kurzen Zeit haben wir gesehen, welche Rolle es bei sozialen Veränderungen, bei der Veränderung der Mentalität, der Steigerung der Sensibilisierung von Frauen und der erneuten Dekonstruktion der Machtbereiche spielt.

Der Ko-Vorsitz ist von historischer Bedeutung, indem er wie mit der Pionierrolle der Frau und der Avantgarde im Überschreiten vorgegebener Grenzen, Widerstandsmomente jenseits der von Männern dominierten Mentalität schafft."

Die AKP ist die am stärksten polarisierende und sich auf Gewalt stützende Partei

Taşdemir erläuterte, dass die AKP-MHP-Regierung ihre Macht vergrößere, indem sie die zu ihrer Zielscheibe macht, die für Pluralismus, Freiheit, gleichberechtigtes Leben und Demokratisierung einstehen: „Wenn wir uns die Realität der Gesellschaft, die von ihnen angestrebt wird, betrachten, dann ist es eine Gesellschaft, die nicht denkt, hinterfragt und die Unterschiedlichkeiten zum Ziel machen soll. Der ideologisch-philosophische Aufbau dieser hundertjährigen Republik ist wie folgt: für ein nebeneinander von Kurden und Türken kann es keinen Platz geben, Männer und Frauen sind nicht gleichberechtigt, die Trennungen zwischen Aleviten und Sunniten sind unüberwindbar. Auf all diesen Widersprüchen wird die Kriegspolitik begründet. Wir leben heute wie ehedem in einer Realität, deren Macht durch die Verflechtung von Sexismus, Nationalismus und Militarismus geschaffen ist. Vielleicht ist es die AKP-MHP-Regierung, die mit der größten Konsequenz und Zielstrebigkeit in dieser Hinsicht vorgeht. Wir stehen einer Macht gegenüber, die vollständig auf Gewalt, Verleugnung und Assimilation setzt.“

Die Frauen bewahren auch die Gesellschaft vor der Gefangenschaft

Taşdemir erwähnte, dass Frauen den sozialen Wandel auf lokaler Ebene mit ihren Kulturen, Werten und Unterschieden formulierten wie folgt: „Wenn die kurdische Frauenbewegung und die feministische Bewegung in diesen Bereichen intervenierten, würde das nicht nur die Frauen befreien. Es würde ebenso die Gesellschaft aus ihrer Gefangenschaft befreien. Wenn Frauen sich mit ihren Unterschiedlichkeiten und Farben in der Kommunalpolitik einbrachten, bewirkten sie auch die Hinterfragung der Gesellschaft und ihre Veränderung. Sie brachten das Ausmaß der Gewalt gegen Frauen ans Tageslicht, machten Belästigung und Vergewaltigung sichtbar und stärkten das Reagieren der Gesellschaft auf solche Vorfälle, sie bauten Netzwerke der Solidarität zwischen Frauen auf und stärkten die Fraueninstitutionen. Und deshalb denken wir sagen zu können, dass es ein Mechanismus ist, die Gesellschaft als Ganzes auf die Linie der Freiheit zu ziehen, und dies der Grund ist, warum es in diesem Ausmaß angegriffen wird. Der Ko-Vorsitz ist ein Aufstandsmodell … wen wundert es, dass die Frauen aufstehen gegen diese ganze männliche Politik. Die, die das als Gefahr für die Männermacht sowie für die Regierungsmacht erkennen und sich die Rathäuser widerrechtlich aneignen und manipulieren, stellen es so dar, als sei das Ko-Vorsitzsystem rechtswidrig und versuchen, die Frauen zurückzuschlagen.”

Taşdemir erklärte, dass die Gesellschaft mit einem durch und durch männlichen Geist organisiert ist und dies für die Macht ein Mechanismus für ein einträgliches Geschäft ist und fügte dem hinzu: „Die vorangegangene Zeit der Zwangsverwaltung hat sie bereits selbst entlarvt. Wir haben gesehen, wie sie die Ressourcen des Volkes verschwendete, wie sie ihre Unterstützer ernährten, das heißt, wie sie den Ressourcen des Volkes in einer kolonialen Art und Weise hinterher waren und sie grenzenlos ausnutzten. Denn es gibt keinerlei Mechanismus, der dies kontrolliert.“

Frauen fordern den Faschismus heraus!

Taşdemir betonte, dass es Gewalt gegen Frauen auch zu anderen Zeiten gegeben hat, mit der AKP-Regierung wurde jedoch ein erhebliches Ausmaß erreicht: „Gewalt gegen Frauen hat es schon immer gegeben. Aber vor allem in der AKP-Zeit wurde mit Methoden wie denen des IS, Frauen den Kopf abzuschneiden oder sie vor aller Augen zu erstechen ein noch brutaleres Ausmaß erreicht. Wir reden über Massaker an Frauen, über Feminizid, der von der Politik in gewisser Weise unterstützt wird. Wir sind mit einer AKP-Regierung konfrontiert, die Frauen zur Zielscheibe macht.

Natürlich verhaftet sie, sperrt ein, bestraft, schickt ins Exil, massakriert, aber der Kampf der Frauen erzeugt seinen eigenen Widerstand, produziert und fordert mit einer eigenen Politikform den Faschismus heraus. In den Zeiten, in denen der Faschismus am lautesten dröhnte, waren am stärksten die Stimmen der Frauen in der Opposition zu hören. Daher wird dies als Bedrohung empfunden. Also versucht er, alles zu beseitigen, was den Widerstand nährt."

Trotz all dieser Ausrichtungen werden Frauen den Kampf für Gerechtigkeit, Gleichheit und Freiheit nicht aufgeben. „Indem wir sagen, dass der Ko-Vorsitz unsere lila Linie ist, versuchen wir verständlich zu machen, dass wir auch angesichts dieses Angriffskonzeptes von unseren Freiheitsidealen, dem gesellschaftlichen Wandel und dem Frauenkampf nicht ablassen werden; wie sehr sie auch angreifen, unterdrücken und zerstören. Wenn die Macht den Ko-Vorsitz als Rebellion betrachtet, sind wir auf dem richtigen Weg. All diese Mechanismen bestätigen die Notwendigkeit unserer Freiheit und sind der Grund für unsere Existenz. Wir Frauen sind trotz all dieses Drucks bestimmt und selbstbewusst. Unser Ko-Vorsitz ist unsere lila Linie. Wir sind entschlossen darum zu kämpfen“, so Taşdemir.