Auf einer Veranstaltung der Frauenbewegung TJA in Wan hat die HDP-Abgeordnete Ayşe Acar Başaran erklärt: „Für das System der Doppelspitze müssen Männer mindestens so viel kämpfen wie Frauen. Es ist die einzige Alternative zum bestehenden ‚Ein-Mann-Regime‘.“
Die Podiumsdiskussion fand im Rahmen der von der TJA initiierten Kampagne „Aufstehen für Veränderung und Freiheit“ statt. Neben der HDP-Abgeordneten Başaran nahm Newroz Uysal als Rednerin teil.
Newroz Uysal ist Rechtsanwältin im Verteidigerteam Abdullah Öcalans und einer der wenigen Menschen, die in den vergangenen Jahren persönlich mit dem kurdischen Vordenker sprechen konnten. Seit Mai hat sie ihn fünf Mal auf der Gefängnisinsel Imrali besucht. Die Gespräche des Anwaltsteams mit Öcalan waren seit 2011 verboten und konnten erst mit einem monatelangen Hungerstreik Tausender Aktivistinnen und Aktivisten durchgesetzt werden. Die Isolation auf Imrali ist damit trotzdem noch nicht aufgehoben, wie Newroz Uysal betonte. Der letzte Besuch konnte am 7. Juli stattfinden, seit zwei Monaten herrscht trotz wöchentlicher Besuchsanträge wieder Kontaktsperre. In allen Gesprächen mit ihrem Mandanten habe Öcalan seine Hoffnung auf eine Lösung der kurdischen Frage und des Demokratiedefizits in der Türkei zum Ausdruck gebracht, sagte Newroz Uysal in ihrem Redebeitrag.
Ayşe Acar Başaran sprach zum Thema „Krieg, Frauen, Isolation“ und erklärte, dass es in der Kampagne der Frauenbewegung hauptsächlich um eine Transformation des patriarchalen Denkens gehe: „Gewalt gegen Frauen ist nicht nur ein Frauenproblem. Männer müssen erkennen, welchen Anteil sie daran haben. Sie müssen ihren chronifizierten Blickwinkel loswerden. Wer behauptet, dass Frauen ins Haus gehören, dem sollte Rojava als Beispiel gezeigt werden. Männer sollten sich selbst entsprechend der Gedanken Abdullah Öcalans hinterfragen.“
Die HDP-Abgeordnete verwies darauf, dass Öcalan immer wieder die Wichtigkeit der Frauenfrage betont habe. Es sei ein Widerspruch, Öcalan als einen Vordenker zu betrachten und gegen seine Isolation zu kämpfen, wenn nicht gleichzeitig für seine Vorstellungen gekämpft werde. „An seiner Seite zu stehen, bedeutet im Grunde genommen, seine Gedanken zu verstehen.“
Bei den jüngsten Gesprächen mit seinem Anwaltsteam hatte Öcalan erklärt, dass ein einziger Fall von Gewalt gegen Frauen Anlass für eine Revolution biete. „Das war eine Botschaft an uns alle. Jeder Frauenmord ist ein Angriff auf unser Paradigma“, sagte Ayşe Acar Başaran.
Auch die Einsetzung von Zwangsverwaltern in den drei kurdischen Großstädten Wan, Amed und Mêrdîn, die vom türkischen Innenministerium unter anderem mit der Begründung des HDP-Systems der Doppelspitze auch bei Bürgermeister-Ämtern begründet worden war, sei ein Angriff auf die Frauenbewegung. Gegen das „Ein-Mann-Regime“ Erdoğans sei die Doppelspitze die einzige Alternative.