„Wir geben die Doppelspitze nicht auf“

Eine der Begründungen für die Einsetzung von Zwangsverwaltern in drei kurdischen Provinzhauptstädten ist das Prinzip der genderparitätischen Doppelspitze der HDP. Dabei handelt es sich nicht nur um einen schlichten Vorwand.

„Die Zwangsverwaltung kurdischer Provinzhauptstädte ist ein Anschlag auf den Willen der Frauen“, sagt Hacer Koç, eine Aktivistin der Frauenbewegung TJA (Tevgera Jinên Azad), die zugleich Mitglied des Stadtrats von Mêrdîn (Mardin) ist. „Mit der Absetzung der gewählten Bürgermeister*innen will die Regierung Frauen zur Kapitulation zwingen. Wir werden weiter gegen die patriarchale Denkweise für die Entstehung einer Identität freier Frauen sorgen.“

Die Herrschenden seien bereits früher davon ausgegangen, dass die Frauenbewegung kapitulieren würde, fährt Hacer fort: „Aber da haben sie sich geirrt. Wir haben niemals kapituliert und werden es auch nie tun. Unser Kampf gegen den Angriff auf die Stadtverwaltungen, die zu einem großen Teil das Resultat der Arbeit von Frauen sind, und auf das System der Doppelspitze wird zunehmend größer werden. Wir werden keinen Schritt zurückweichen.“

Das System der Doppelspitze, das in allen Gremien der Demokratischen Partei der Völker (HDP) eingeführt worden ist, wird vom türkischen Innenministerium als einer der Gründe für die Absetzung der vor fünf Monaten gewählten Bürgermeister*innen herangezogen. Auf Anordnung der PKK soll damit eine nicht verfassungsmäßige politische Struktur eingeführt worden sein, die nicht mit den offiziellen politischen Regeln und Vorschriften zu vereinbaren sei, so das türkische Innenministerium.

Hacer Koç hält dagegen: „Wir betrachten diesen Vorwurf nicht als schlichten Vorwand für die Einsetzung von Zwangsverwaltern. Jeden Tag werden Frauen ermordet und die Rechte von Frauen verletzt. Das System der Doppelspitze steht für das Recht von Frauen, sichtbar und präsent zu sein. Die Regierung will, dass Frauen unter ihrem Monopol stehen und nur in den für sie vorgesehenen Bereichen präsent sind. Frauen stellen die Hälfte der Wählerschaft statt. Heutzutage werden Politikerinnen benutzt, um weibliche Wählerstimmen zu gewinnen. Uns ist es jedoch mit dem Prinzip der Doppelspitze gelungen, dass Frauen in der Politik und in fast allen Institutionen gleichberechtigte Entscheidungsbefugnisse haben. Dafür ist ein hoher Preis gezahlt worden und wir werden diese Position niemals aufgeben.“