Ronahî: Der Widerstand gegen die NATO-Armee ist außergewöhnlich

Jînda Ronahî aus dem Kommandorat der Frauenguerilla YJA Star spricht über die Rolle der Frauenguerilla im Tunnelkrieg gegen die türkische Armee im Jahr 2021 und kündigt eine Fortsetzung des Volkskriegs im Jahr 2022 an.

Das vergangene Jahr war vom erfolgreichen Widerstand der Guerilla gegen die zweitgrößte NATO-Armee geprägt. Kämpfer:innen der Volksverteidigungskräfte HPG und der Frauenguerilla YJA Star hielten die Großoffensive des türkischen Staates monatelang auf und zwangen die türkische Armee sogar zum Rückzug aus etlichen besetzten Gebieten. Jînda Ronahî aus dem Kommandorat der YJA Star gibt im ANF-Gespräch einen Einblick in die Perspektiven der Guerilla.


Ronahî weist darauf hin, der türkische Staat im vergangenen Jahr mit seinen Angriffen versucht habe, die Initiative an sich zu reißen und die Guerilla zu vernichten. Er sei jedoch am Widerstand der Guerilla gescheitert: „Der türkische Staat glaubte, die Guerilla zur Kapitulation zu zwingen. Vielleicht sahen das auch einige in der Umgebung so, aber die apoistischen Guerillakämpfer:innen nicht. Denn die apoistische Guerilla weiß, dass der Krieg durch Herzen, die mit großer Entschlossenheit der Wahrheit, dem Wissen und den Idealen folgen, gewonnen wird. Sie kennt die Kraft, die daraus entspringt, im Recht zu sein, und strukturiert sich dementsprechend selbst. Die Guerilla war sich dessen bewusst, was der Staat vorhatte, und verhielt sich dementsprechend.“

Richtige und realistische Planung“

Ronahî erzählt, die Frauenguerilla YJA Star habe zu Beginn des Jahres 2021 entsprechende Pläne gemacht: „Bei den Versammlungen am Anfang des Jahres wurden wichtige Entscheidungen gefällt. Es wurde eine sehr richtige und realistische Planung gemacht. In dieser Überzeugung und Hoffnung ging die YJA Star in die Kampfgebiete.“

Erfolgsbilanz der Guerilla“

Die Kommandantin stellt eine vorläufige Bilanz der YJA Star für das vergangene Jahr auf: „Wir haben 116 autonome Aktionen durchgeführt. Auch in der Bilanz der HPG sind Frauenaktionen aufgeführt. Unsere Kämpferinnen sind auf höchstem Niveau aktiv. Wenn wir das hinzufügen, dann sind das doppelt so viele Aktionen. In diesem Sinne handelt es sich um eine erfolgreiche Bilanz, insbesondere wegen der Heldinnen Kurdistans. So war zum Beispiel in Amed Hevala Nûjîn mit ihrer Einheit zu früh aus den Camps aufgebrochen. Sie gerieten in den Fokus der Angriffe. Aber sie zeigten eine selbstlose und sehr mutige Haltung. Unter dem Kommando von Nûjîn Koçer zeigte sich die Haltung der Kämpferinnen der Frauenguerilla, den Feind bis zum letzten Moment zu treffen, bis zur letzten Kugel zu kämpfen und keine Kapitulation zu akzeptieren. Das kann ich für jede Kämpferin sagen.“

Dieser Widerstand gegen die NATO-Armee ist außergewöhnlich“

Ronahî weist darauf hin, dass der türkische Staat damit gerechnet habe, in den Krieg nach Südkurdistan ziehen zu können, um die Guerilla dort zu vernichten: „Der Staat meinte, er könne [die Guerilla] mit seiner Technik sicher auslöschen. Er hat geglaubt, die Guerilla sei unerfahren im Tunnelkrieg und könne zur Aufgabe gezwungen werden. Aber die Guerilla zeigte eine deutliche Haltung, insbesondere die Kämpferinnen. In all den Gebieten [in denen Tunnelschlachten stattfanden] waren Frauen. Sie führten den Kampf an und zeigten das Kommando der Frauen. Sie führten insbesondere den Tunnelkrieg. Das war der Beginn einer neuen Phase des Guerillakampfes der PKK und der YJA Star. Ja, die YJA Star hatte keine Erfahrung im Tunnelkrieg. Es gab schon früher an ein paar Orten solche Kämpfe, aber als Frauenarmee hatten wir diese Erfahrung insgesamt noch nicht gemacht. Was zeigt also der Erfolg der YJA Star im Tunnelkrieg? Zum einen hat die YJA Star jahrelange Kampferfahrung. Die gute Beherrschung der Waffen hat zum militärischen Vorrücken beigetragen. Die YJA Star hatte sämtliche Zeit jenseits von Operationen und Aktionen mit militärischer, ideologischer, politischer und kultureller Ausbildung verbracht. Die Armee der YJA Star hat sich in Teams im Gelände von Kurdistan gefestigt. Diese Teams haben Spezialistinnen in allen Bereichen. So ist zum Beispiel eine Spezialistin in Attentaten, eine andere in Sabotagetaktiken aktiv. Manche haben den Feind mit Mörsern, manche mit DSchK-Geschützen und andere mit Raketen erschüttert und überwältigt. Einige Freundinnen beherrschen drei oder vier Bereiche. Solche Teams werden auf der Grundlage von qualifizierter Ausbildung geschaffen. Erfahrung und Ausbildungsqualität schaffen einen Synergieeffekt. Auch in diesen Tunneln arbeiteten die Freundinnen, sie durchbohrten die Berge und Klippen und bauten sie zu Stellungen aus. Das dauerte Jahre. So lernten sie die Tunnel genau kennen. Sie waren in der Dunkelheit, manchmal ohne Nahrung, ohne Wasser. In manchen Tunneln musste sogar das Brot rationiert werden, um den Widerstand fortsetzen zu können. Aber trotz aller Widrigkeiten glaubten sie an den Sieg. Die Freundinnen führten den Widerstand mit höchster Aktivität an. Was in diesen winzigen Tunneln im monatelangen Widerstand gegen einen NATO-Staat stattfand, ist außergewöhnlich.“

Sie haben gegen den Faschismus die Freiheit gewählt“

Zur Motivation des Widerstands erläutert Ronahî: „Das Beharren auf den Sieg ist ein Beharren auf der Freiheit. Die YJA Star hat gezeigt, wie stark ihre Wahl zur Freiheit ist. Sie hat gegen den Faschismus die Freiheit gewählt und sich entschieden, Krieg zu führen, statt sich dem Faschismus zu beugen, anzugreifen, statt sich zu ergeben. Tatsächlich sprengten sich einige Freundinnen mit ihrer letzten Granate unter dem Feind in die Luft. Diese ehrenhafte Haltung schafft eine neue Geschichte, eine neue Kultur, Überzeugung und Ethik. Als YJA Star halten wir unsere Leistung nicht für ausreichend, solange wir den faschistischen türkischen Staat nicht vollständig besiegt haben. Wir haben den Feind bisher nicht zurückgeworfen, wir haben ihn nicht dazu zwingen können, sich aus Kurdistan zurückzuziehen. Wir werden uns als erfolgreich betrachten, wenn die Kurdinnen und Kurden ihre demokratischen Rechte und einen Status erhalten und Rêber Apo [Abdullah Öcalan] offiziell als Ansprechpartner anerkannt wird.“

Wir sind auf den Sieg fokussiert“

Zur Planung für das Jahr 2022 sagt Ronahî: „Es gibt keine Absicht zu einer Lösung, das wissen wir. Wir fokussieren uns auf den revolutionären Volkskrieg und damit auf den Sieg über den Besatzerstaat. In dieser Hinsicht sind wir entschlossen. Wir haben sehr detaillierte Pläne gemacht. In allen Guerillastellungen werden Frauen eine Führungsrolle einnehmen. Wir werden den Feind mit reichhaltigen Taktiken überrennen. Unser Volk wird in jeder Hinsicht seinen Teil dazu beitragen. Die Jugend Kurdistans wird sich der Guerilla anschließen.“