Kurdische Frauenkonferenz ebnet Weg für politischen Schulterschluss

Die 1. Kurdische Frauenkonferenz in Rojava markiert nicht nur einen weiteren Meilenstein im Frauenbefreiungskampf, sondern bereitet auch den Boden für eine umfassendere politische Einigung der kurdischen Parteien in der Region.

Vision für eine demokratische Zukunft

Die 1. Kurdische Frauenkonferenz in Rojava markiert nicht nur einen weiteren Meilenstein im Frauenbefreiungskampf, sondern bereitet auch den Boden für eine umfassendere politische Einigung der kurdischen Parteien in der Region. Unter dem Motto „Die kurdische Einheit verwirklicht sich unter der Führung der Frauen“ waren am Samstag rund 300 Delegierte im Azadî-Park von Qamişlo zusammengekommen, um gemeinsam über politische Strategien, gesellschaftliche Visionen und die Rolle der Frauen in der Zukunft Syriens zu beraten.

Die Konferenz wurde von bedeutenden Persönlichkeiten des kurdischen politischen und zivilgesellschaftlichen Lebens getragen, darunter Rîhan Loqo, Sprecherin der Frauenbewegung Kongra Star, Perwîn Yûsif, Ko-Vorsitzende der Partei der demokratischen Union (PYD), sowie Vertreterinnen der Frauenbewegung und verschiedener politischer Organisationen.

Frauen als Vorreiterinnen der Einigkeit

Die Ko-Außenbeauftragte der Demokratischen Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien (DAANES), Ilham Ehmed, betonte gegenüber ANF die historische Bedeutung der Konferenz: „Diese Veranstaltung eröffnet ein neues Kapitel in der Geschichte der kurdischen Frauenbewegung. Frauen haben nicht nur an der Frontlinie gekämpft, sie waren auch maßgeblich daran beteiligt, die kurdische Frage international bekannt zu machen. Ihre Rolle war und ist entscheidend.“

Ilham Ehmed

Ehmed sieht in der Konferenz einen wichtigen Schritt zur Bildung einer breiteren politischen Allianz der kurdischen Parteien in Rojava. Eine solche Einigung sei besonders in einer Zeit zentral, in der die kurdische Bevölkerung weiterhin von Repressionen und einer Politik der Vernichtung bedroht ist. „Wenn Frauen in der Lage sind, gemeinsame Positionen zu entwickeln, wird das unweigerlich auf die gesamte Gesellschaft ausstrahlen. Die ersten Schritte sind getan, eine politische Einigung ist greifbar nahe“, so Ehmed.

Gesellschaftlicher Wandel durch Frauenorganisierung

In zwei thematischen Sitzungen diskutierten die Teilnehmerinnen unter anderem über kurdische Identität, die Rolle von Jineolojî (Frauenwissenschaften), Selbstverteidigung, wirtschaftliche Eigenständigkeit von Frauen und die Verteidigung der Errungenschaften der Rojava-Revolution. Am Ende der Konferenz wurde ein Zwölf-Punkte-Plan verabschiedet, der als Leitlinie für die künftige Arbeit dienen soll.

Nergîz Bekir von der Kongra-Star-Koordination in Aleppo hob hervor, dass die Konferenz nicht nur innerkurdische Dynamiken beeinflusse, sondern auch Auswirkungen auf den zukünftigen Verfassungsprozess Syriens haben werde. „Die Frauenbewegung hat das Potenzial, den patriarchalen Charakter der syrischen Gesellschaft grundlegend zu verändern. Der Zusammenschluss kurdischer Frauen kann als Modell für andere Teile Syriens dienen“, erklärte Bekir.

Nergîz Bekir

Einheit als Mittel gegen den Bürgerkrieg

Eine der zentralen Botschaften der Konferenz war die Notwendigkeit eines politischen Zusammenschlusses der kurdischen Parteien in Rojava. Ehmed betonte, dass ein solcher Schulterschluss auch dazu beitragen könne, einen weiteren Bürgerkrieg in Syrien zu verhindern und die Rechte der kurdischen Bevölkerung langfristig abzusichern.

„Die Konferenz hat ein Klima geschaffen, in dem unterschiedliche politische Akteurinnen in einem offenen, respektvollen Rahmen ihre Positionen austauschen konnten. Das ist ein bedeutender Schritt – gerade in einer Region, die immer wieder durch Spaltung geschwächt wurde“, so Ehmed weiter.

Vision für eine demokratische Zukunft

Die 1. Kurdische Frauenkonferenz in Rojava ist mehr als ein symbolischer Akt: Sie zeigt, dass Frauen nicht nur über ihre Rolle in der Gesellschaft diskutieren, sondern diese aktiv mitgestalten. Die Konferenz steht exemplarisch für den demokratischen und emanzipatorischen Geist der Rojava-Revolution – und könnte zur Initialzündung für eine breitere kurdische Einheit werden, die über die Grenzen Syriens hinausweist.

Mit dem Rückenwind aus dieser Konferenz steht die Region nun an der Schwelle zu weitreichenden politischen Veränderungen – initiiert von Frauen, getragen von der Vision eines freien, gerechten und geeinten Kurdistans.