Konferenz in Qamişlo: Frauen als treibende Kraft für nationale Einheit

Die kurdischen Frauen Rojavas setzen Maßstäbe – nicht nur in der Region, sondern für eine gesamte Bewegung, die Demokratie, Geschlechtergerechtigkeit und nationale Einheit miteinander verknüpft.

Session 2 der 1. Kurdischen Frauenkonferenz

Unter dem Motto „Die nationale Einheit der Kurd:innen entsteht unter der Führung von Frauen“ wird im nordostsyrischen Qamişlo die Erste Kurdische Frauenkonferenz abgehalten. Rund 300 Delegierte beraten in der zweiten Sitzung der im Azadî-Park durchgeführten Zusammenkunft über die Grundprinzipien der Konferenz und eine gemeinsame politische Ausrichtung.

Im Mittelpunkt der Session stand das Dokument der „Nationalen Kurdischen Frauenkonferenz Rojavas“, das von Rihan Temo, Sprecherin des Komitees für Demokratische Beziehungen und Allianzen von Kongra Star, vorgestellt wurde. Es formuliert zentrale Leitlinien für die zukünftige Arbeit kurdischer Frauenbewegungen in der Region.

Einheit, Widerstand und Selbstverteidigung

Das Dokument behandelt vielfältige Themen: von der Einheit kurdischer Frauen, Identität und Kultur über demokratische Nationenbildung, Bildung, den Kampf gegen die Verletzung von Frauenrechten, den Schutz revolutionärer Errungenschaften bis hin zur legitimen Selbstverteidigung der Frauen, der Förderung der Frauendiplomatie sowie einer solidarischen, ökologischen und gerechten Gesellschaft.

Moderiert wurde die Sitzung von Narîn Metînî, Vorsitzende der Bewegung für die Zukunft Kurdistans, gemeinsam mit einer Sprecherin von Kongra Star. Im Anschluss an die Vorstellung diskutierten die Delegierten intensiv über Inhalte und Ergänzungen des Dokuments.


Impulse und Ergänzungsvorschläge

Rojin Musa, Vertreterin der Kurdischen Linkspartei Syriens, stellte klar: „Die Existenz der Frauenverteidigungseinheiten YPJ darf nicht zur Debatte stehen – sie ist die Garantie für die Existenz der Frauen selbst.“ Die Juristin Suad Xelo forderte die Gründung eines gesamt-kurdischen Frauenbündnisses sowie die Ausweitung des Modells der kurdischen Frauenorganisationen auf ganz Syrien. Zihurbiyan Hisên, Sprecherin der Jineolojî-Akademie, schlug vor, das Dokument um eine spezielle Klausel zu Kriegsverbrechen des türkischen Staates und seiner Milizen gegen Frauen zu erweitern.

Basis einer umfassenden Frauenunion

Auch ökologische Themen fanden Gehör: Bêrîvan Omer, Ko-Vorsitzende des Zivilrats von Qamişlo, plädierte für die Aufnahme eines Passus zum Schutz der Natur. Elif Hemo, Mitglied der Koordination des Frauendachverbands Kongra Star, betonte, dass die nationale Einheit der Kurd:innen auf dem Zusammenschluss der kurdischen Frauen basiere: „Diese Konferenz wird zur Basis einer umfassenden Frauenunion.“

Suad Mistefa, Mutter der 2019 von Türkei-treuen Dschihadisten im Zuge des Angriffskrieges gegen Serêkaniyê (Ras al-Ain) und Girê Spî (Tall Abyad) ermordeten Politikerin Hevrîn Xelef, unterstrich die Verbindlichkeit des Dokuments: „Diese Punkte müssen umgesetzt werden. Frauen lassen sich nicht mehr durch Verfassungen täuschen. ‚Jin, Jiyan, Azadî‘ wird siegen.“

Die Intellektuelle Anahita Sino machte sich für eine stärkere Einbindung der Jugend stark, während die Journalistin Evîn Yusîf zur Bildung von Komitees für Recht, Bildung und andere Bereiche aufrief, um die Umsetzung des Dokuments sicherzustellen.

Ein historisches Fundament

Abschließend betonte Şêraz Hemo von Kongra Star, dass Frauen in Rojava bereits bedeutende Schritte unternommen hätten, um ihre Identität und Kultur gegen Assimilation und Besatzung zu verteidigen. Es sei essenziell, verlorenes Kulturerbe in besetzten Gebieten abzusichern.

„Wir sind bereit für einen Nationalkongress“

Die Abschlussrede hielt Stêra Qasim von der kurdischen Partei El-Partî. Sie hob die diesjährigen Newroz-Feierlichkeiten hervor, die von vielen Völkern gemeinsam begangen wurden: „Die Arbeit der Frauen bleibt nicht ohne Wirkung. Das Vertrauen zwischen den Völkern wächst – auch über Rojava hinaus. Diese Konferenz war notwendig. Jede Frau konnte ihre Meinung einbringen. Wir als kurdische Frauen sind bereit für einen nationalen Kongress.“

Die Konferenz wird mit der Veröffentlichung ihrer Abschlussresolution enden. Damit festigt sich das Bild: Die kurdischen Frauen von Rojava setzen Maßstäbe – nicht nur in der Region, sondern für eine gesamte Bewegung, die Demokratie, Geschlechtergerechtigkeit und nationale Einheit miteinander verknüpft.