Reisebericht in Berlin von der Eröffnung der Frauenbibliothek in Silêmanî

Die kurdische Frauenbibliothek in Silêmanî ist ein Anlaufpunkt für Frauen, die ihre Geschichte erforschen und teilen wollen. In Berlin haben vier Frauen von ihrer Reise nach Südkurdistan berichtet und Anknüpfungspunkte vorgestellt.

In Berlin haben Erzählungen von der kurdischen Frauenbibliothek in Silemanî einen von Frauen geführten Buchladen mit interessierten Zuhörer:innen gefüllt. Es wurde über die Bedeutung der Jineolojî für Südkurdistan und für hier diskutiert und gemeinsam überlegt, wie diese Wissenschaft auch in Europa weiterentwickelt werden kann.

Die kurdische Frauenbibliothek mit Archiv und Forschungszentrum, die Mitte Juni diesen Jahres endlich eröffnet werden konnte, ist nach den Ideen der Jineolojî - Wissenschaft der Frau und des Lebens – aufgebaut worden. Das heißt, dass sie ein Ort sein soll, an dem die unterschiedlichsten Frauen zusammenkommen können, um ihre Geschichte zu erforschen, zu teilen und festzuhalten. Da die Geschichte der Frauen meist nicht schriftlich dokumentiert wurde, heißt das, diese Geschichte in Kunst- und Alltagsgegenständen zu finden, die Frauen hergestellt und verwendet haben, in den Geschichten, Liedern und Gedichten, die über zahllose Generationen weitergegeben wurden, in traditionellen Tattoos, in Symbolen, Tänzen.

Vergangene Woche haben vier Frauen in Berlin berichtet, was sie dazu gebracht hat, nach Silêmanî zu fliegen, und was sie dort erlebt haben. Nagihan Akarsel war in ihren Erzählungen und den Bildern, die gezeigt und herum gereicht wurden, sehr präsent an diesem Abend. Sie hatte die Bibliothek maßgeblich mit aufgebaut und wurde vor einem Jahr aufgrund dieser Arbeit vom türkischen Geheimdienst in Silêmanî ermordet. Dass die Bibliothek nun dennoch eröffnet werden konnte, beweist den starken Willen der Frauen vor Ort und auch ihr Versprechen, Nagihans Traum weiterzuführen - dieser Wille und diese Kraft waren in den Erzählungen stark spürbar.

Im Anschluss an den Vortrag wurde ein Lied gespielt, das für Nagihan an ihrem Todestag veröffentlicht wurde. Danach wurden viele, interessierte Fragen gestellt und es wurde sich noch lange unterhalten. Eine Teilnehmerin berichtet: „Besonders beeindruckt haben mich die Bilder von dem Raum in der Bibliothek zur Erinnerung an Nagihan Akarsel und weitere Opfer des weiblichen Widerstands, der klar macht, dass das Eröffnen einer solchen Bibliothek in der Region im Gegensatz zu hier ein gefährliches Unterfangen ist. Um so wichtiger war die Anwesenheit der Frauen aus Deutschland bei der Eröffnung und dass sie diese Willenskraft der Frauen in Kurdistan vor Ort mit ihren Berichten hierzulande publik machen, um auch uns aus der Lethargie zu rütteln."

Es werden noch Reiseberichte und Veranstaltungen zur kurdischen Frauenbibliothek in weiteren Städten folgen.