Die Frauenfraktion der Demokratischen Partei der Völker (HDP) hat im Beisein von Mitgliedern des Frauenvereins Rosa und der Friedensmütter-Initiative sowie der Vorsitzenden der Revolutionären Partei (tr. Devrimci Parti), Elif Torun, eine Sitzung im Parlament in Ankara abgehalten. Vor einer Ansprache der HDP-Vorsitzenden Pervin Buldan wurde ein Film über die Geschichte des Frauenkampftags 8. März gezeigt.

Pervin Buldan begann ihre Rede mit Grußworten an alle inhaftierten Politikerinnen und Aktivistinnen, an die Frauen in Rojava und alle kämpfenden Frauen wie die Istanbuler „Samstagsmütter“ und die kurdischen „Friedensmütter“. Zu den kraftvollen Aktivitäten zum 8. März in der Türkei und Nordkurdistan sagte die Ko-Vorsitzende der HDP: „Trotz aller Hindernisse haben wir auch am diesjährigen 8. März den Straßen und Plätzen mit unserer Begeisterung, unserer Hoffnung und unserem Widerstand die Farben von Frauen verliehen und deutlich gemacht, dass wir für unsere Freiheit aufbegehren.“ Tatsächlich handelte es sich vor allem bei den Veranstaltungen zum 8. März in Nordkurdistan um die größten öffentlichen Aktionen der letzten Monate.

Pandemie verschärft weltweite Ungleichheit

Buldan ging in ihrer Rede auf die Pandemie ein, die weltweit die Ungleichheit verschärft und insbesondere Frauen betrifft: „Aus einer Männerregierung kann weder für die Gesamtgesellschaft noch für die Frauen eine auf Gleichheit, Gerechtigkeit und Wohlstand basierende Ordnung hervorgehen. Ihre Politik produziert noch mehr Gewalt, Chaos, Ungleichheit und Ausbeutung. Damit sich die Regierung an der Macht halten kann, werden Frauen immer stärker in die Armut gedrängt. Die Welt baut jedoch auf der Arbeit von Frauen auf. Damit diese Arbeit in und außerhalb des häuslichen Umfelds sichtbar wird, führen wir einen Kampf für die Rechte von Frauen. Die HDP steht ohne Angst und Zögern an der Seite des Volkes und verleiht Frauen eine Stimme.“

Feminizide erreichen erschreckende Dimension

Mit der Pandemie habe auch die Männergewalt gegen Frauen stark zugenommen, sagte Buldan weiter: „Jeden Tag wird in der Türkei mindestens eine Frau von einem Mann ermordet. Die Femizide haben in der Woche vor dem 8. März eine erschreckende Dimension erreicht. Die 92-jährige Hanım Pınarlı ist vergewaltigt und ermordet worden. In der Türkei zeigt sich ein schreckliches Bild, für das die politischen Machthaber verantwortlich sind. Und warum? Der Grund dafür sollte in einem anderen furchtbaren Fall in Samsun gesucht werden: Eine Frau hat sich etliche Male an die Polizei gewandt, aber es ist nichts für ihren Schutz getan worden. Sie wurde vor den Augen ihres Kindes auf offener Straße brutal misshandelt. Die Regierung hat nicht die Aufgabe, solche Vorfälle zu kritisieren, sie muss sie verhindern und dafür sorgen, dass die Täter auf überzeugende Weise bestraft werden. Mit der Straflosigkeit werden Frauenmörder und Gewalttäter ermutigt.“

Polizeigewalt gegen Frauendemonstrationen

Zur Polizeigewalt bei den diesjährigen Aktivitäten zum 8. März sagte Pervin Buldan, dass Frauen an den Haaren über die Straße gezogen und vor allem LGBT-Personen angegriffen wurden. Auch die entwürdigenden Nacktdurchsuchungen in Polizeigewahrsam und in den Gefängnissen zeigten, dass der Fokus der frauenfeindlichen Politik auf männlicher Macht, einem männlichen Staat und einem männlichen Justizsystem liege.

„Wir rütteln am Thron der Machthabenden“

Pervin Buldan rief alle Frauen im Parlament der Türkei zum gemeinsamen Kampf auf: „Lasst uns aus dem Männerparlament ein Frauenparlament machen! Lasst uns für alle unsere Probleme von Männergewalt bis zur Frauenarmut gemeinsam Lösungen finden. Lasst uns in allen Bereichen des Lebens ohne Wenn und Aber Gendergerechtigkeit herstellen.“

An alle anderen Frauen appellierte die HDP-Vorsitzende zum gemeinsamen Kampf mit ihrer Partei. Die HDP sei eine Frauenpartei, die aus dem Kampf von Frauen hervorgegangen sei: „Was auch immer geschieht, weder die HDP noch die Frauen werden sich aufhalten lassen. Wir werden weiter am Thron der Machthabenden rütteln und ihre Pläne durchkreuzen. Frauen sind angetreten, um mit der HDP dieses Land zu regieren.“