Neues Verfahren gegen Nobelpreisträgerin Narges Mohammadi

Die inhaftierte iranische Friedensnobelpreisträgerin Narges Mohammadi muss sich wieder vor Gericht verantworten. Offenbar geht es in der Anklage um Aktivitäten der Frauenrechtlerin im Gefängnis.

Die in Iran inhaftierte Friedensnobelpreisträgerin Narges Mohammadi muss sich nach Angaben ihrer Familie wieder vor Gericht verantworten. Die 51-Jährige werde außerdem in ein anderes Gefängnis außerhalb von Teheran verlegt, erklärte am Montag ihre im Pariser Exil lebende Familie. Seit Ende November seien Mohammadi zudem Telefongespräche und Besuche untersagt.

Mohammadis Kinder hatten am 10. Dezember in Oslo stellvertretend für ihre Mutter den Friedensnobelpreis entgegengenommen. In der von den 17 Jahre alten Zwillingen vorgelesenen Preisrede prangerte diese das „tyrannische und frauenfeindliche Regime“ in Iran an. Die Auszeichnung war Mohammadi „für ihren Kampf gegen die Unterdrückung der Frauen Irans und ihren Kampf für die Förderung der Menschenrechte und der Freiheit aller“ zuerkannt worden.

Die Anklage für den der Familie zufolge am Dienstag beginnenden Prozess war zunächst nicht bekannt. Voraussichtlich wird es wie bei zwei vorigen Prozessen um Mohammadis Aktivitäten im Gefängnis gehen. Die prominente Verfechterin der Frauenrechte und Meinungsfreiheit in ihrer Heimat setzt sich auch in der Haft weiter für diese Anliegen ein.

So hatte Mohammadi im November mit einem Hungerstreik durchgesetzt, dass sie ohne das vorgeschriebene Kopftuch in ein Krankenhaus gebracht wurde, wo sie ein Herzproblem behandeln ließ. Mit der Aktion protestierte sie auch gegen die allgemeinen Haftbedingungen in iranischen Gefängnissen und die systematische Vernachlässigung von kranken Inhaftierten, die nicht die medizinische Behandlung erhalten, die sie benötigen.

Narges Mohammadi wurde 1972 in Zandschan im Nordwesten Irans geboren und wuchs unter anderem in den kurdischen Städten Qurwe (Qorveh) und Şino (Oschnaviyeh) auf. Sie arbeitete als Journalistin und ist stellvertretende Vorsitzende des iranischen Zentrums für die Verteidigung der Menschenrechte Defenders of Human Rights Center (DHRC). Im Widerstand um die Rechte der Frauen in Iran ist sie seit drei Jahrzehnten. Dafür zahlt sie einen hohen Preis: Ihre Biografie ist eine Geschichte von Verhaftungen, Gewalt und Folter.

Seit 1998 wurde Mohammadi wiederholt inhaftiert und ausgepeitscht. Insgesamt ist sie 13-mal verhaftet und fünfmal verurteilt worden – zu 31 Jahren Gefängnis und 154 Peitschenhieben. Seit November 2021 ist sie wegen „Propaganda gegen den Staat“ im berüchtigten Teheraner Evin-Gefängnis in Haft. Dort deckte sie vor rund einem Jahr, während der Hochphase der nach dem staatlichen Feminizid an der Kurdin Jina Mahsa Amini im September 2022 ausgebrochenen „Jin, Jiyan, Azadî“-Revolution gegen den Machtapparat des Mullah-Regimes, in einem Bericht schwere Folter und sexualisierte Gewalt an Dutzenden Frauen auf.