Mutter von Serhat Tuğan gestorben

Serhat Tuğan galt in der Türkei als der Gefangene mit der längsten Haftdauer. Nach 28 Jahren unschuldig im Gefängnis wurde er vor zwei Monaten entlassen. Seine Mutter Semiha Tuğan kämpfte für Gerechtigkeit. Nun ist sie im Alter von 73 Jahren gestorben.

Serhat Tuğan galt in der Türkei als der Gefangene mit der längsten Haftdauer. 1991 wurde er im Alter von 16 Jahren wegen Separatismus-Vorwürfen in der nordkurdischen Provinz Colemêrg (Hakkari) verhaftet. Nach 28 Jahren in Haft wurde der heute 44-Jährige im Juni dieses Jahres aus dem Hochsicherheitsgefängnis von Wan entlassen. Seine ersten Worte lauteten: „28 Jahre lang habe ich meinen Fuß nicht auf den Erdboden setzen können. Barfuß über die Erde zu laufen, ist das, was ich am meisten vermisst habe und jetzt am liebsten tun würde.“

Fast drei Jahrzehnte lang kämpfte Semiha Tuğan für Gerechtigkeit für ihren Sohn. Nun ist sie im Alter von 73 Jahren gestorben. Am Sonntag wurde die 73-Jährige in Colemêrg auf dem Friedhof Kêlî Keska neben ihrem anderen Sohn Ferhat Tuğan beigesetzt. Der Journalist lebte im Exil und starb im Juni 2016 bei den schweren Überschwemmungen in Frankreich. Kondolenzbesuche für Semiha Tuğan empfängt die Familie in der Çatallar-Moschee.

Semiha und ihr Sohn Serhat Tuğan, Juli 2019

Serhat Tuğan

Zunächst noch als „bewaffneter Separatist“ angeklagt, drohte Serhat Tuğan die Todesstrafe. Nach einem Jahr in Untersuchungshaft wurde er 1992 wegen „Mitgliedschaft in einer bewaffneten Organisation“ zu zwölfeinhalb Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Das Urteil wurde später aufgehoben und in eine lebenslange Haftstrafe umgewandelt.  

2008 beantragte Tuğans Schwester Rojbin Tuğan, die inzwischen Rechtsanwältin geworden war, den Fall neu aufzurollen, weil ihr Bruder an keinen bewaffneten Aktionen teilgenommen habe. Der Antrag wurde abgelehnt, erst 2015 zogen Zeugen ihre damals erpressten Aussagen zurück. Der Prozess gegen Serhat Tuğan ist weiterhin anhängig.

Zeichnung: Zehra Doğan