Meldeauflagen gegen Feministinnen wegen „Präsidentenbeleidigung”

Ein Istanbuler Gericht hat Meldeauflagen gegen siebzehn Frauen angeordnet, denen vorgeworfen wird, beim feministischen Nachtmarsch den türkischen Präsidenten beleidigt zu haben. Bei einer Betroffenen handelt es sich um die Filmemacherin Zelal Buldan.

Ein Gericht in Istanbul hat Meldeauflagen gegen siebzehn Feministinnen angeordnet. Den Frauen wird vorgeworfen, beim 19. Feministischen Nachtmarsch am Frauenkampftag 8. März den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan beleidigt zu haben. Zwölf der Betroffenen waren am Mittwochabend in ihren Wohnungen festgenommen worden, weil sie zu der Parole „Hau ab Tayyip, hau ab, die Frauen kommen“ getanzt haben sollen. Fünf weitere Frauen begaben sich am Donnerstag selbst zum Justizpalast Çağlayan, weil sie zum Zeitpunkt der Razzien in ihren Wohnungen nicht angetroffen wurden.

Bei einer der Frauen, die sich nun regelmäßig bei der türkischen Polizei melden muss, handelt es sich um die Filmemacherin Zelal Buldan, die zugleich Tochter der HDP-Vorsitzenden Pervin Buldan ist. Eine weitere Betroffene ist die siebzehnjährige Berfin P. Sie muss allerdings nur einmal im Monat bei den Behörden vorsprechen. Gegen alle Frauen verhängte das Gericht zudem ein Ausreiseverbot. Ob und wann es zu einem Prozess kommt, ist noch unklar.

Der vom Feministischen Kollektiv seit 2003 am Abend des 8. März veranstaltete Nachtmarsch wird immer wieder von staatlicher Repression überzogen. Er findet traditionell im Stadtteil Beyoğlu nahe des Taksim-Platzes auf der Haupteinkaufsmeile Istiklal Caddesi statt. In diesem Jahr gab es in der Bosporusmetropole bereits zur Frauenkundgebung am letzten Samstag zahlreiche Festnahmen. Ein Istanbuler Gericht schickte zwei Transfrauen sogar in den Hausarrest. Gegen sie sowie sechs LGBTI+-Aktivist*innen und einen Journalisten wurden ebenfalls Meldeauflagen und ein Ausreiseverbot angeordnet. Ihnen wird vorgeworfen, Widerstand gegen die Staatsgewalt geleistet zu haben. 

Höchststrafe für Präsidentenbeleidigung: Vier Jahre und acht Monate

Die Höchststrafe für Präsidentenbeleidigung liegt in der Türkei bei vier Jahren und acht Monaten. Unter der Regierung von Erdoğan gibt es inzwischen jährlich tausende Ermittlungsverfahren. Der AKP-Chef gilt als der am schnellsten beleidigte Präsident der Welt. Allein zwischen 2016 und 2019 wurden in der Türkei 9.276 Menschen zu  Haft- oder Geldstrafen verurteilt, weil sich Erdoğan von ihren Äußerungen beleidigt fühlte.