Sohn im Verdacht, Mutter getötet zu haben
Das Anti-Feminizid-Netzwerk Hamburg ruft zur Teilnahme an einer Gedenkkundgebung am Mittwoch im Bezirk Altona auf. Anlass ist ein mutmaßlicher Matrizid – die Tötung der Mutter durch ihren Sohn oder ihre Tochter. Ein 25-Jähriger steht in Verdacht, im Februar in Hamburg-Hoheluft zuerst seine 58 Jahre alte Mutter getötet zu haben. Kurz darauf versuchter er offenbar, auch seine Stiefmutter in Marienthal zu töten. Der Mann befindet sich in Untersuchungshaft. Ihm wird Totschlag, versuchter Mord sowie gefährliche Körperverletzung vorgeworfen.
Die Tat hat in Hamburg Entsetzen ausgelöst. Das Opfer soll mit extrem brutaler Gewalt ermordet worden sein. Laut Medienberichten war die Frau derart schlimm zugerichtet worden, dass sie erst zehn Tage später eindeutig identifiziert werden konnte. „Wir wollen die Gewalt nicht unbeantwortet lassen“, so das Anti-Feminizid-Netzwerk in seiner Mitteilung. Vertreter:innen aus dem Netzwerk und Unterstützer:innen werden vor Ort an die jüngsten Feminizide in Hamburg erinnern und mit Redebeiträgen auf die feminizidale Gewalt aufmerksam machen.
Die Kundgebung findet statt am 5. März um 18 Uhr auf dem „Widerstandsplatz gegen Feminizide“ in Hamburg-Ottensen, der sich offiziell Alma-Wartenberg-Platz nennt.
Widerstandsplatz gegen Feminizide
Mit der Ausrufung des Widerstandsplatzes gegen Feminizide hat das Anti-Feminizid-Netzwerk Ende 2022 einen Ort geschaffen, an dem all den Opfern und Überlebenden von verübten oder versuchten Feminiziden gedacht wird. In den vergangenen Monaten kam es dort wiederholt zu misogynen und rassistischen Angriffen: Das Mahnmal einer lokalen Frauengruppe wurde mehrere Mal übersprüht, zerstört und letztlich gestohlen. Das Netzwerk sieht dies als Angriff gegen den Versuch, einen Erinnerungs- und Widerstandsort gegen patriarchale Gewalt in Hamburg zu schaffen. Mit der Kundgebung am Mittwoch wollen die Vertreter:innen und Unterstützer:innen zeigen, dass sie sich nicht einschüchtern lassen und weiterhin lautstark und sichtbar auf die Missstände in Hamburg hinweisen wollen.
Warum der Begriff Feminizid?
Die Frage, warum das Netzwerk den Begriff des Feminizids verwendet, beantwortet das Bündnis so: Um die strukturellen Ursachen der geschlechtsbasierten Tötung von Frauen sichtbar zu machen, hat die Feministin Diana E.H. Russel den Begriff „Femizid" eingeführt. In den 1990ern wurde der Begriff von der mexikanischen Anthropologin Marcela Lagarde durch den Begriff „Feminizid" ersetzt. Im Kontext der in Mexiko verbreiteten Straflosigkeit schließt dieser Begriff die Rolle des Staates mit ein. Auch in Deutschland trägt der Staat Verantwortung: Bei der Prävention von Feminiziden, bei deren Erfassung sowie bei der Rechtsprechung – weswegen wir die Verwendung des Begriffs nach der Definition von Lagarde auch in den Medien befürworten. Denn wie die Forschung zeigt, handelt es sich nicht um bedauerliche Einzelfälle, sondern um ein strukturelles und gesamtgesellschaftliches Problem.