Kundgebung gegen Feminizide in Hamburg
Das Anti-Feminizid-Netzwerk in Hamburg ruft für Mittwoch aufgrund eines zweiten Feminizides in Hamburg zu einer Kundgebung auf dem Widerstandsplatz gegen Feminizide (Alma-Wartenberg-Platz) auf.
Das Anti-Feminizid-Netzwerk in Hamburg ruft für Mittwoch aufgrund eines zweiten Feminizides in Hamburg zu einer Kundgebung auf dem Widerstandsplatz gegen Feminizide (Alma-Wartenberg-Platz) auf.
In Deutschland wurden in diesem Jahr bereits mindestens 64 Frauen aufgrund ihres Geschlechts getötet. (1) Allein in Hamburg gab es in diesem Jahr bisher mindestens zwei vollendete und fünf versuchte Feminizide. Eine Sexarbeiterin aus Hamburg gilt seit Anfang August als vermisst.
„Es ist davon auszugehen, dass die Gesamtanzahl von geschlechtsspezifischen Tötungen von Frauen, Lesben, inter-, nicht-binären, trans- und agender-Personen (Flinta*) sowohl in Hamburg als auch in Deutschland deutlich höher liegt, jedoch sind konkrete Aussagen aufgrund von mangelnden Statistiken nicht möglich“, betont das Anti-Feminizid-Netzwerk in Hamburg in einem Aufruf zur Kundgebung am Mittwoch. „So kann es aufgrund dieses Defizits leider vorkommen, dass auch wir vom Anti-Feminizid-Netzwerk erst mit Verspätung von Feminiziden, die sich in Hamburg (und Umgebung) ereignet haben, erfahren, und wir auf diese erst mit Verspätung reagieren können.“
Der letzte dem Netzwerk bekannte Feminizid in Hamburg ereignete sich am 17. August dieses Jahres. „Dieser ist als feminizidaler Suizid einzuordnen: Die Frau sprang aus Todesangst vor ihrem Freund von dem Balkon der gemeinsamen Wohnung in Eilbek.
Das Phänomen des Feminizids ist gesellschaftlich bedingt und muss dementsprechend als gesamtgesellschaftliches Problem verstanden und thematisiert werden – auch medial. Somit kommt den Medien in der Sichtbarmachung dieses Problems eine besondere Rolle und Verantwortung zu. Hierzu wurde unter anderem 2021 die Studie ‚Tragische Einzelfälle? Wie Medien über Gewalt gegen Frauen berichten‘ von Christine E. Meltzer (2) veröffentlicht“, so das Anti-Feminizid-Netzwerk.
Die Medienschaffenden fordert das Anti-Feminizid-Netzwerk Hamburg auf, „sich mit dem Thema auseinanderzusetzen und die Verantwortung ihrer Berichterstattung ernst zu nehmen. Darüber hinaus kommt den Medien eine vordergründige Rolle dabei zu, rassistische Narrative zu durchbrechen, die feminizidale Gewalt als ein Problem migrantischer und post-migrantischer Communitys einrahmt. Solcherlei Behauptungen sind empirisch nicht belegt. Vielmehr werden unterschiedliche Standards an weiße und nicht-weiße Täter*innen angelegt, was die Sichtbarkeit der verschiedenen Fälle stark beeinflusst“.
Weiter heißt es in dem Aufruf: „Um die strukturellen Ursachen der geschlechtsbasierten Tötung von Frauen sichtbar zu machen, hat die Feministin Diana E.H. Russel den Begriff ‚Femizid‘ eingeführt. In den 1990ern wurde der Begriff von der mexikanischen Anthropologin Marcela Lagarde durch den Begriff ‚FemiNIzid‘ ersetzt. Im Kontext der in Mexiko verbreiteten Straflosigkeit schließt dieser Begriff die Rolle des Staates mit ein.
Auch in Deutschland trägt der Staat Verantwortung: bei der Prävention von Feminiziden, bei deren Erfassung sowie bei der Rechtsprechung. Weswegen wir die Verwendung des Begriffs nach der Definition von Lagarde auch in den Medien befürworten. Denn wie die Forschung zeigt, handelt es sich nicht um bedauerliche Einzelfälle, sondern um ein strukturelles und gesamtgesellschaftliches Problem. (3)
Das Anti-Feminizid-Netzwerk in Hamburg lädt für Mittwoch, den 18. September um 18.30h zur Kundgebung bezüglich des Feminizids, der sich am 17. August in Hamburg ereignet hat. Ort der Kundgebung ist der zum Widerstandsplatz gegen Feminizide ausgerufene Alma-Wartenberg-Platz in Altona. Die Veranstaltung richtet sich an alle Geschlechter.
Mit der Einrichtung des Widerstandsplatzes gegen Feminizide hat das Anti-Feminizid-Netzwerk einen Ort geschaffen, an dem all den Opfern und Überlebenden von (versuchten) Feminiziden gedacht und an dem Trauer und Wut Ausdruck verliehen wird. An diesem Ort bringen wir unsere gemeinsamen Kämpfe geeint auf die Straße. Denn wir wollen und werden keinen Feminizid unbeantwortet lassen!“
(1) femizide_stoppen (Instagram, aufgerufen am 13.09.2024).
(2) Meltzer, Christine E. (2021) Tragische Einzelfälle? Wie Medien über Gewalt gegen Frauen berichten. Ein Projekt der Otto Brenner Stiftung. Otto Brenner Stiftung, Arbeitspapier 47, Frankfurt am Main. Anregungen für zukünftige Medienberichterstattung S.66 - 69.
(3) Femizid. Aus Politik und Zeitgeschichte. 73. Jahrgang, 14/2023, 3. April 2023. Zeitschrift der Bundeszentrale für Politische Bildung.