Lebenswald für Frauen in Sûr

Um auf die täglichen Feminizide in der Türkei und weltweit aufmerksam zu machen, hat der Frauenrat der Bezirksverwaltung von Sûr einen Lebenswald für Frauen angelegt. 390 Bäume wurden bereits gepflanzt.

Mindestens sechs Frauen werden weltweit pro Stunde Opfer eines Feminizids. In Deutschland wurden in diesem Jahr bereits 147 Frauen durch ihre Partner oder Ex-Partner getötet. Und auch in Kurdistan und der Türkei finden täglich Feminizide statt. Das Bündnis „Frauenmorde stoppen“ hat allein im Oktober mindestens 36 Feminizide in der Türkei dokumentiert. Und da sind noch nicht diejenigen mit eingerechnet, die später an ihren Verletzungen starben.

Um auf die patriarchalen Machtansprüche, die für diese Morde verantwortlich sind und auf lange Sicht bekämpft werden müssen, aufmerksam zu machen, hat der Frauenrat der Bezirksverwaltung von Sûr, der Altstadt von Amed (Diyarbakir), einen Lebenswald für Frauen angelegt. 390 Bäume wurden bei der feierlichen Einweihung des Waldes im Stadtteil Tilelo (Karaçalı) bereits gepflanzt. An der Veranstaltung anlässlich dem Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen am 25. November nahmen neben Stadtratsmitgliedern und Vertreterinnen des Frauenvereins Roza auch Aktivistinnen der kurdischen Frauenbewegung TJA (Tevgera Jinên Azad) teil.

Die 390 gepflanzten Bäume stehen symbolisch für 390 Frauen, die in diesem Jahr landesweit aufgrund ihrer Geschlechtszugehörigkeit von Männern getötet wurden. Trotz der Arbeit von Plattformen wie dem Frauenbündnis „Frauenmorde stoppen“ und kurdischen Frauenvereinen ist das genaue Ausmaß von Femiziden in Kurdistan und der Türkei nicht bekannt, da die Regierung unter Erdoğans AKP das Thema als nicht wichtig genug ansieht, um aussagekräftige Statistiken oder Studien in Auftrag zu geben. Dabei ist Gewalt in (ehemaligen) Partnerschaften kein Randphänomen, sondern in das gesellschaftliche Konzept der Familie eingewoben.

Darauf machte auch Ruşen Tayfur aus dem Frauenrat von Sûr aufmerksam. Die Aktivistin erklärte, dass Frauenmorde ein strukturelles Problem sind, und kündigte an, den Kampf gegen Gewalt an Frauen und Feminizide in allen Bereichen des Lebens so lange fortzusetzen, bis keine von ihnen mehr getötet wird. „Sie glauben, unser Leben beenden zu können, indem sie eine Frau töten. Sie irren sich. Solange es uns gibt, wird es auch das Leben geben.“