Am Donnerstag versammelten sich rund 150 Menschen in Erfurt, um ihre Solidarität mit der Selbstverwaltung in Nord- und Ostsyrien zu zeigen, die deutsche Verantwortung in internationalen Konflikten anzuprangern und konkrete Forderungen an die Bundesregierung zu stellen. Die Kundgebung wurde von einem breiten Bündnis aus den Gruppen Gemeinsam Kämpfen Jena, Kurdischer Kulturverein Erfurt, Die Linke Erfurt, Mera25, Offene Arbeit Erfurt, Jugendkommune Weimar, Woman Defend Rojava Jena, Seebrücke Jena, SDS Jena und der Pizza-Brigade Erfurt organisiert.
Die akuten Bedrohungen für die Autonome Administration von Nord- und Ostsyrien (Rojava) standen im Zentrum der Veranstaltung. Die Selbstverwaltung in Rojava, die seit über zwölf Jahren auf der Basis von Geschlechterbefreiung, Demokratie und Ökologie besteht, ist durch Angriffe der Türkei und ihrer dschihadistischen Milizen massiv gefährdet. Mit einer von langer Hand geplanten Invasion versucht die Türkei derzeit die Gebiete der Selbstverwaltung einzunehmen und sammelt nun Truppen und Panzer direkt vor Kobanê. Die Analysen der kurdischen Freiheitsbewegung verstehen die derzeitige Eskalation als Teil eines Dritten Weltkriegs, der seinen Fokus im Nahen Osten hat. Auch die Bedeutung der Stadt Kobanê, in der die Revolution in Rojava im Juli 2012 ihren Anfang nahm und die auch die Stadt ist, in der der sogenannte „Islamische Staat" Anfang 2015 seine erste Niederlage erlitt, wurde durch verschiedene Redebeiträge deutlich.
Auch auf die brutalen israelischen Angriffe auf Gaza und die palästinensische Bevölkerung wurde aufmerksam gemacht und von der aktuellen Situation berichtet. Diese Angriffe, die Amnesty International als Genozid bezeichnet, verschärfen die humanitäre Krise in der Region und zeigen die Dringlichkeit eines globalen Widerstands gegen Krieg und Unterdrückung. Immer wieder wurde betont, dass die Ideen der kurdischen Frauenbefreiungsbewegung tatsächliche Demokratie für Syrien, den Nahen Osten, aber auch die ganze Welt bedeuten können, und es wurde sich solidarisch mit allen demokratischen Kräften Syriens und allen Kämpfer:innen, die sich für Frauenbefreiung, Basisdemokratie und ein Leben in ökologischer Verbindung mit der Natur einsetzen, gezeigt.
Forderungen
Die Teilnehmenden forderten die Bundesregierung eindringlich auf, ihrer politischen und moralischen Verantwortung gerecht zu werden. Es wurden folgende zentrale Forderungen formuliert und sich darin auch in die Reihe von bundesweiten Protesten eingereiht, welche aktuell die Anerkennung der Demokratischen Selbstverwaltung in Nord- und Ostsyrien (DAANES) einfordern:
- Sofortiger Stopp von Waffenlieferungen an die Türkei und klare Verurteilung menschenrechtswidriger Angriffe durch die Türkei und Israel.
- Humanitäre Unterstützung für die Zivilbevölkerung in Syrien und Gaza durch verstärkte Spenden und Hilfsmaßnahmen.
- Anerkennung der demokratischen Selbstverwaltung in Rojava (DAANES) und eine deutliche Positionierung der Bundesregierung, der Presse und aller politischen Akteur:innen gegen die drohenden Angriffe des türkischen Militärs auf Kobanê.
- Keine Abschiebungen nach Syrien und Ausbau sicherer Fluchtrouten, um den Schutz gefährdeter Menschen zu gewährleisten.
„Es lebe die internationale Solidarität!“
Die Veranstaltung machte auch auf die verheerenden Folgen deutscher Waffenexporte an die Türkei und Israel und die immer weiter voranschreitende Militarisierung in Deutschland aufmerksam. Redner:innen kritisierten insbesondere die jüngsten Rüstungsexporte an die Türkei im Wert von über 230 Millionen Euro, die Tod und Vertreibung in der Region weiter anheizen und eine umfassende Demokratisierung Syriens verhindern.
Die Redebeiträge unterstrichen die Verbindung dieser Konflikte mit imperialistischen und patriarchalen Machtstrukturen, die weltweit Leid verursachen und stellten klar, dass es deutsche Waffenexporte sind, die das Leid in Rojava, Gaza und anderen Regionen verstärken.
Unter dem Motto „Es lebe die internationale Solidarität!“ betonten die Teilnehmenden die globale Bedeutung der Revolution in Rojava als eine Alternative zu patriarchalen, faschistischen und imperialistischen Systemen. Der Protest appellierte an die Verantwortung von Regierung, Presse und Zivilgesellschaft, gegen Krieg, Unterdrückung und Genozid einzutreten und sich solidarisch für Frieden und Demokratie einzusetzen.