Oberlandesgericht Düsseldorf
Vor dem Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf ist ein 33-jähriger Iraker wegen seiner Mitgliedschaft in der Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) zu vier Jahren Haft verurteilt worden. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass Abdel Baset J. S. in seinem Heimatland zwischen Juni 2014 bis zu seiner Flucht nach Deutschland im März 2015 für die IS-Geheimpolizei tätig war.
J. S. soll Menschen in seiner Umgebung ausspioniert und die gewonnenen Informationen an übergeordnete IS-Mitglieder weitergegeben haben, befand das Gericht in seinem am Freitag verkündeten Urteil. Bei der Strafzumessung berücksichtige der Senat nach Gerichtsangaben zugunsten des Angeklagten unter anderem, dass er nicht vorbestraft war, seit der Tat zehn Jahre verstrichen sind und er sich freiwillig vom IS löste.
Zu seinen Lasten sei ins Gewicht gefallen, dass er sich für eine Vereinigung betätigt habe, die aufgrund ihrer Größe und ihres brutalen Vorgehens als besonders gefährlich anzusehen sei. Außerdem handele es sich bei der Geheimpolizei um eine besonders gefährliche Untereinheit des IS, die maßgeblich dazu beigetragen habe, totalitäre staatliche Strukturen zu schaffen.
Freigesprochen wurde der Angeklagte indes von drei weiteren Vorwürfen. Dabei ging es unter anderem um die Beteiligung an Hinrichtungen und drakonischen Bestrafungen. Nach der Befragung mehrerer Zeug:innen habe sich das Gericht nicht von einer Tatbeteiligung überzeugen können. Die Bundesanwaltschaft hatte für die Tatvorwürfe der IS-Mitgliedschaft und der Beihilfe zu Kriegsverbrechen wie Mord acht Jahre Haft gefordert, die Verteidigung einen Freispruch. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Gegen Abdel Baset J. S. wurde bereits 2017 nach Hinweisen seiner Ex-Frau ermittelt. Das Verfahren wurde damals eingestellt, durch die Strafanzeige eines Zeugen kamen allerdings neue Ermittlungen in Gang. Der Mann wurde im nordrhein-westfälischen Wuppertal festgenommen und sitzt seit Oktober 2023 in Untersuchungshaft.
Genozid und Femizid in Şengal
Der IS hatte 2014 weite Teile des Irak und Syriens überrannt und eine Schreckensherrschaft installiert. Über die Staatsgrenzen hinweg rief die Dschihadistenmiliz ein „Kalifat“ aus und tötete tausende Menschen. Im ezidischen Hauptsiedlungsgebiet Şengal im Nordwesten des Iraks verübte der IS im August 2014 einen Genozid und Femizid. Durch systematische Massakrierung, Vergewaltigung, Folterung, Vertreibung, Versklavung von Mädchen und Frauen und der Zwangsrekrutierung von Jungen als Kindersoldaten erlebte die ezidische Gemeinschaft den 74. Völkermord in ihrer Geschichte. Etwa 10.000 Menschen fielen jüngeren Schätzungen nach Massakern zum Opfer, mehr als 400.000 weitere wurden aus ihrer Heimat vertrieben. Über 7.000 Frauen und Kinder wurden verschleppt, bis heute werden 2.500 von ihnen vermisst. Nach mehrjährigen und opferreichen Offensiven sowohl im Irak als auch in Syrien konnte die Miliz 2017 bzw. 2019 militärisch besiegt werden. IS-Schläferzellen sind aber in beiden Ländern weiter aktiv und verüben Anschläge.
Titelbild: Justitia © Simon auf Pixabay