„Ihr Auto war deutlich als Presse gekennzeichnet“

Das Komitee zum Schutz von Journalist:innen (CPJ) fordert von der Türkei eine Stellungnahme zu dem tödlichen Drohnenangriff auf die kurdischen Journalist:innen Nazım Daştan und Cihan Bilgin in Nordostsyrien.

Türkischer Drohnenangriff auf Journalist:innen in Syrien

Der Tod der kurdischen Journalist:innen Nazım Daştan und Cihan Bilgin durch einen türkischen Drohnenangriff am Donnerstag in Nordostsyrien alarmiert internationale Presseverbände. Die beiden Journalist:innen arbeiteten seit vielen Jahren für kurdische Medien und berichteten zuletzt von der Front am Euphrat über die Angriffe der türkischen Armee und der Dschihadistenmiliz SNA auf die selbstverwaltete Region Nord- und Ostsyrien.

Das Komitee zum Schutz von Journalist:innen (Committee to Protect Journalists, CPJ) fordert eine Untersuchung, ob sie wegen ihrer Arbeit ins Visier genommen wurden. „Journalist:innen sind Zivilist:innen und müssen jederzeit geschützt werden“, sagte Gypsy Guillén Kaiser, Direktorin für Interessenvertretung und Kommunikation des CPJ, am Freitag in New York. Das türkische Verteidigungsministerium müsse den Vorfall gründlich untersuchen, es sei „unerlässlich, dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden“.

Für die Berichterstattung über Kämpfe im Einsatz“

Das CPJ beruft sich in der Mitteilung auf Medienberichte und Angaben von Cihan Bilgins Arbeitgeber. Die 28-jährige Bilgin war Korrespondentin der Hawar News Agency (ANHA), Nazım Daştan (32) arbeitete als freiberuflicher Journalist für mehrere Medienunternehmen, darunter neben ANF auch ANHA und Ronahi TV.

Die beiden getöteten Journalist:innen seien zum Zeitpunkt des Angriffs für ihre Berichterstattung über die Kämpfe zwischen den Demokratischen Kräften Syriens (QSD) und der von der Türkei unterstützten SNA in einem Auto zwischen den Einsatzorten unterwegs gewesen, teilte das CPJ mit. Ihr Fahrer Ezîz Hec Bozan wurde bei dem Luftangriff verletzt.

Pro-kurdische Medien“

Weiter erklärte das CPJ: „ANHA ist eine Nachrichtenagentur, die mit der kurdischen Verwaltung im Nordosten Syriens verbunden ist und in sechs verschiedenen Sprachen sendet. ANHA, die Nachrichtenagentur Firat und Ronahi TV sind pro-kurdisch und unterstützen die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), die von der Türkei als terroristische Organisation eingestuft wird.“

Absichtlich von einer türkischen Drohne ins Visier genommen“

ANHA-Direktor Akram Barakat teilte dem CPJ laut der Mitteilung per Messaging-App mit, dass sich der Vorfall am 19. Dezember gegen 15:20 Uhr ereignete: „Sie waren auf dem Rückweg nach Kobanê, nachdem sie über die Kämpfe in der Nähe von Tishrin berichtet hatten, als eine türkische Drohne absichtlich ihr Fahrzeug ins Visier nahm und sie sofort tötete.“ Cihan Bilgin habe seit 2017 als Journalistin in Nordsyrien gearbeitet und Daştan seit 2014. Beide hätten „für verschiedene Medien kontinuierlich über Kriege und Konflikte in der Region berichtet“.

Wiederholte Drohnenangriffe auf kurdische Medienschaffende

Barakat teilte dem CPJ mit, dass das Fahrzeug der Journalist:innen deutlich als „Presse“ gekennzeichnet war, die Türkei jedoch weiterhin internationale Gesetze missachte. „Türkische Drohnenangriffe haben wiederholt Journalist:innen in unserer Region zum Ziel gehabt, während die internationale Gemeinschaft schweigt“, sagte Barakat. „Wir fordern internationale Organisationen, Menschenrechtsgruppen und die Weltgemeinschaft auf, unverzüglich Maßnahmen zu ergreifen, um diese Angriffe auf Journalist:innen zu stoppen und die Täter zur Rechenschaft zu ziehen. Dieses Schweigen hat die Gefahren, denen Journalist:innen in der Region ausgesetzt sind, nur noch verschärft.“

CPJ fordert Stellungnahme von der Türkei

Auf eine E-Mail des CPJ mit der Bitte um Stellungnahme der Ständigen Vertretung der Türkei bei den Vereinten Nationen erhielt das CPJ keine Antwort. Die Website des türkischen Verteidigungsministeriums bot dem CPJ keine Möglichkeit, eine Stellungnahme anzufordern.

Foto: Protestaktion in Nantes, Frankreich, 20. Dezember 2024