Köln: Protest gegen patriarchalen Mord

In Köln versammelten sich Frauen zum Protest gegen einen patriarchalen Mord an einer Mutter und ihrem Kind. Vergangene Woche hatte ein Mann seine ehemalige Partnerin und ihren vierjährigen Sohn ermordet.

Frauen versammelten sich in Köln zum Protest wegen der Ermordung einer Frau und ihres Sohnes durch ihren Ex-Partner. Aufgerufen zu der Aktion hatten die Union der Sozialistischen Frauen (SKB) und die Frauenorganisation Zora. Vor wenigen Tagen waren die Leichen der 24-Jährigen und ihres vierjährigen Sohnes im Rhein entdeckt worden. Die Frauen trafen sich in Köln-Kalk, wo die Frau nach ihrer Trennung mit ihrem Sohn lebte, und zündeten Kerzen für die Ermordeten an. Die Frauengruppe Zora erinnerte in einer Rede an den am 25. November bevorstehenden Tag gegen Gewalt an Frauen und warnte wegen der steigenden Zahl der Femizide in Deutschland.

In der Rede hieß es: „Frauen wurden im Laufe der Geschichte systematisch vom Patriarchat unterdrückt, und diese Unterdrückung wächst von Tag zu Tag. Die Entscheidungen, die über den weiblichen Körper getroffen werden, zeigen, wie Staaten und Männer den Körper der Frauen beanspruchen, wie jeder Teil dieses Systems durch die Männerjustiz verteidigt wird und wie diese Unterdrückung bewusst durch das staatlich-kapitalistischen System verstärkt wird. Deshalb ist es für uns Frauen unabdingbar, auf die Straße zu gehen, uns Gehör zu verschaffen und zu zeigen, dass wir nie aufhören werden, Widerstand zu leisten."

Die Frauen riefen immer wieder „Femizide sind politisch“, „Schluss mit der Gewalt an Frauen“ und „Jin, Jiyan Azadî“. Am 25. November um 17.30 Uhr wird eine Demonstration am Ottoplatz in Köln-Deutz starten. An der Protestaktion nahmen auch Vertreterinnen von Mitgliedsgruppen der Europäischen Frauensolidarität (AKD) wie die Gruppe Kadın Gözü, Yeni Kadın und DIDF teil.

Zahl der Femizide in Deutschland steigt

In Deutschland findet statistisch täglich ein versuchter Mord eines Mannes an seiner (Ex-)Partnerin statt. Jeden dritten Tag wird eine Frau getötet. Die Dunkelziffer dürfte weit höher liegen, denn nur Bruchteil der patriarchalen Gewalt wird angezeigt. In den Medien und von Pressestellen der Polizei und Justiz werden die patriarchalen Hassverbrechen als „Beziehungsdramen“ verharmlost und auch die Gerichte in Deutschland reagieren tendenziell Milde auf die Verbrechen. So werden geplante Mordtaten häufig als „Totschlag“ verbucht, worauf nur bis zu zehn Jahren Haft stehen. Gerichte argumentieren immer wieder mit der „emotionalen Notlage“ und werten dies als mildernden Umstand. So heißt es beispielsweise in der Rechtsprechung, der Angreifer füge sich selbst Schaden zu, indem er in hilfloser Eifersucht die Frau töte, die er liebe.

Fatale BGH-Rechtsprechung

Die milden Strafen beziehen sich meist auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2008. Damals wurden bei einem Femizid keine Mordmerkmale, also weder Heimtücke noch niedere Beweggründe festgestellt. Das Gericht befand, dass „die Trennung von dem Tatopfer ausging und der Angeklagte durch die Tat sich dessen beraubt, was er eigentlich nicht verlieren will“. So fand in dem Urteil zumindest eine partielle Täter-Opfer-Umkehr statt. Leonie Steinl vom Deutschen Juristinnenbund erklärt dazu gegenüber Deutsche Welle: „Wenn ein Mann seine Partnerin oder Expartnerin tötet, weil diese ihn verlassen will oder schon verlassen hat, dann sollte das als Mord gewertet werden. Denn er handelt aus einem geschlechtsbezogenen Motiv des Besitzanspruches heraus und das verletzt die menschliche Würde."

Konstrukt der sogenannten Ehrenmorde

Tendenziell härter urteilen Gerichte im Fall sogenannter „Ehrenmorde“, wobei bei dem Begriff gleichzeitig auf eine „nichtdeutsche“ Identität der Täter verwiesen wird. Steinl betont, dass sich das Motiv bei sogenannten Ehrenmorden aber nicht wirklich von anderen Femiziden unterscheide. Es gehe immer um patriarchale Besitzansprüche ob durch „Ehre“ oder „Eifersucht“. Steinl führt aus: „Wenn wir uns aber die Rechtsprechung anschauen, sehen wir, dass in Deutschland Ehrenmorde in einen anderen sozialen Kontext eingeordnet und härter bestraft werden.“ Sie warnt, dass Femizide in Deutschland viel eher als Problem anerkannt würden, wenn sie sich vermeintlich exklusiv bei religiösen oder ethnischen Minderheiten verorten ließen.