Karayılan: Rêber Apo will den 15. Februar zu einem Tag der Hoffnung machen

In einer Sendung bei Stêrk TV erklärte Murat Karayılan, Abdullah Öcalan werde am 15. Februar eine „historische Erklärung“ abgeben. Für eine Niederlegung der Waffen sei die Freiheit von Abdullah Öcalan und ein Waffenstillstand notwendig.

Interview

Für 15. Februar wird eine historische Erklärung des kurdischen Repräsentanten Abdullah Öcalan erwartet. Die türkische Presse kolportiert einen angeblich bevorstehenden Aufruf zur Waffenniederlegung der Guerilla. Murat Karayılan, Mitglied des Exekutivrats der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) und Oberkommandierender der Volksverteidigungskräfte (HPG), stellt klar, dass so etwas gar nicht möglich sei. Die Vorbedingung wäre ein bilateraler Waffenstillstand und die freie Teilnahme von Abdullah Öcalan an einem PKK-Kongress. Der türkische Staat verhalte sich doppelzüngig, wenn er einerseits Annäherungen an Öcalan verkünde, andererseits den Krieg mehr denn je eskaliere. Die Freiheitsbewegung sei jedoch auf jede Option vorbereitet. In einem bei Stêrk TV ausgestrahlten Interview heißt es:

Der 26. Jahrestag des internationalen Komplotts steht bevor. Die aktuellen Entwicklungen zeigen, dass das kommende Jahr anders werden wird. Was sagen Sie zu dem Thema?

Zunächst einmal möchte ich den 15. Februar als Tag des internationalen Komplotts aufs schärfste verurteilen und aller Gefallenen, die wie Halit Oral und Rojbîn Arap unter der Parole „Ihr werdet unsere Sonne nicht verdunkeln“ einen Ring aus Feuer um Rêber Apo gebildet haben, gedenken und mich vor ihnen in Respekt verneigen. Sie haben ihre Körper in Feuerbälle gegen dieses Komplott verwandelt und uns den Weg gewiesen, wie man das Komplott aufhalten und bekämpfen muss. Die Haltung dieser Gefallenen gegenüber dem Komplott zeigte den Rahmen des Kampfes dagegen. Seit 26 Jahren findet der Kampf gegen das internationale Komplott in diesem Geist und auf dieser Grundlage statt.

Ohne Zweifel wurde das internationale Komplott von jenen Hegemonialmächten, die die Region neu gestalten wollen, entwickelt. Diese Mächte betrachteten Rêber Apo, den Vertreter der freien kurdischen Linie, als Hindernis für ihre Interessen. Deshalb haben sie das Komplott ins Werk gesetzt, das Völkerrecht gebrochen, Rêber Apo widerrechtlich und niederträchtig verschleppt und ihn an den türkischen Staat übergeben. Untersuchungen zufolge waren daran 34 Staaten unter Führung der USA beteiligt. Natürlich haben einige aktiv teilgenommen, andere haben Unterstützung geleistet, einige haben den Weg bereitet und hatten Informationen. Das Ziel des Komplotts bestand zweifellos darin, die Linie von Rêber Apo und der Freiheitsbewegung zu zerstören. Es wurde sehr schnell behauptet, dass die Bewegung in kurzer Zeit liquidiert werden würde.

Allen voran leistete vor allem Rêber Apo in den seither vergangenen 26 Jahren auf Imrali nicht nur Widerstand. Er gab mit seinem neuen Paradigma auch eine großartige Antwort auf das Komplott. Ebenso wird der Kampf gegen das Komplott seit 26 Jahren von den Leistungen unserer mutigen Gefallenen geprägt und von der Freiheitsguerilla und dem ganzen Volk Kurdistans geführt. Bis heute haben viele opferbereite Menschen ihre Körper gegen dieses Komplott in Brand gesteckt. Ich gedenke voller Respekt der Genossinnen und Genossen, die sich im Kampf gegen das Komplott geopfert haben, allen voran der Genossin Viyan Soran.

Das Komplott wurde durch den hartnäckigen Widerstand des kurdischen Volkes, das sich fest um Rêber Apo zusammenschloss, zum Scheitern gebracht. Ja, wir können sagen, dass das Komplott gescheitert ist, denn die apoistische Linie ist heute stärker denn je. Sie hat sich viel weiter ausgebreitet und ist gewachsen. Das zeigt, dass das Komplott gescheitert ist. Aber das Komplott dauert immer noch an. Es ist noch nicht vollständig vorbei. Diese Aufgabe liegt nun vor uns.

Die Tage vom 13. bis 15. Februar markieren auch die Jahrestage der Entstehung der Şêx-Saîd-Bewegung. Dieses Jahr findet der hundertste Jahrestag des Aufstands statt. Das sollte ebenfalls gewürdigt werden. Dieser Aufstand war von Beginn an Provokationen und Komplotten unterworfen. Er musste vor Abschluss der Vorbereitungen vorzeitig begonnen werden. Seitdem sind hundert Jahre vergangen. Der Freiheitskampf des kurdischen Volkes hat heute ein Niveau erreicht, in dem der Kampf gegen Komplotte und Provokationen aller Art miteinbezogen wird. Bei dieser Gelegenheit gedenke ich mit Respekt Şêx Saîd und aller Gefallenen unseres Volkes.

Dem kurdischen Volk ist im Nahen Osten großes Unrecht widerfahren. Das eigentliche große Komplott wurde in Lausanne umgesetzt. Das kurdische Volk wurde, obwohl es das älteste Volk der Region des Nahen Ostens ist und über einen Reichtum an Geschichte, Tradition und Kultur verfügt, ein paar falschen, zur Ablenkung dienenden Versprechungen zum Trotz nicht in die Neugestaltung der Region einbezogen, Kurdistan wurde in vier Teile geteilt und in Lausanne verleugnet. Auf diese Weise wurde ein Komplott geschmiedet, und seither kämpft das kurdische Volk gegen Komplotte, feindliche Angriffe und eine Politik der Vernichtung und Verleugnung.

Dieser Widerstand hat gezeigt, was für ein großes Unrecht und was für eine Beleidigung für das kurdische Volk diese Verleugnung darstellt. Dieses Volk ist real; wenn es keine historisch-kulturelle Realität hätte, hätte die Völkermordpolitik Ergebnisse erzielt. Da dieses Volk Substanz hat, hat dieses Politik keinen Erfolg gehabt. Deshalb müssen die Mächte hinter dem Komplott, insbesondere die Hegemonialmächte, die die Region beherrschen und ständig neue Pläne entwickeln, diese Politik gegen das kurdische Volk aufgeben. Die Mächte hinter dem Komplott müssen die Politik der Nichtanerkennung, Verleugnung und Missachtung aufgeben, sich beim kurdischen Volk entschuldigen und aufhören, es daran zu hindern, wie alle anderen Völker frei zu leben.

Der 15. Februar soll Tag einer Lösungsoffensive werden“

Die kurdische Bevölkerung in Kurdistan und Europa bereitet sich darauf vor, das Komplott in Massenveranstaltungen zu verurteilen und die Freiheit von Rêber Apo zu fordern. Was können Sie zu diesen Aktionen sagen?

Unser Volk bezeichnet den 15. Februar als „Schwarzen Tag“ (Roja Reş). Auch Rêber Apo bezeichnete ihn als Tag des Völkermordes. Denn, wie ich gerade erwähnte, gab es sowohl in der Zeit von Şêx Saîd als auch in der Zeit von Rêber Apo genozidale Angriffe. In diesem Jahr will Rêber Apo aus diesem schwarzen Tag einen neuen Tag machen, einen Tag des Durchbruchs zur Freiheit. Dies geschieht auf der Grundlage des bisher geführten Kampfes. Er will den dunklen Tag in einen Tag des Lichts verwandeln, in einen schönen Tag der Freiheit. Rêber Apo trifft in diesem Sinne Vorbereitungen. Wir gehen davon aus, dass er am 15. Februar einen von ihm vorbereiteten Aufruf tätigen wird. Das ist ein sehr wichtiger Punkt.

Unser Volk hat jahrelang dafür gekämpft, dass dieser Tag ein schöner Tag wird, ein Tag voll der Freiheit. Deshalb sollte sich unser Volk, ob zu Hause oder im Ausland, besonders in diesem Jahr viel stärker an den Protestveranstaltungen gegen das internationale Komplott beteiligen. Unser ganzes Volk muss an diesem wichtigen Tag stark protestieren, um das Komplott vollständig zu besiegen, es zu zerschlagen und den Weg zur Freiheit zu öffnen. Rêber Apo möchte diesen Tag zu einem Tag einer neuen Offensive machen. Diese neue Offensive wird eine Offensive zur Lösung sein. Unser Volk sollte sich an diesem Tag stark an dem Widerstand beteiligen und dadurch Rêber Apo noch weiter stärken. Es wurde angekündigt, dass es eine große Kundgebung in Straßburg geben wird. Jedes Jahr versammelt sich unser Volk dort und protestiert bei kaltem Wetter, aber dieses Jahr muss die Beteiligung noch viel breiter ausfallen. Sowohl im Land als auch im Ausland sollten sich alle beteiligen, um diesen 15. Februar zum Gipfel des Widerstands zu machen, zum Tag des Sieges über das internationale Komplott, zum Ausgangspunkt der Geschwisterlichkeit der Völker, der Freiheit und der Demokratie. Niemand sollte diesen 15. Februar routinemäßig angehen.

Die Kurdinnen und Kurden sind heute stärker denn je“

Ihre Bewegung erklärt in Bezug auf die Entwicklungen, dass es verschiedene Optionen gäbe. Könnten Sie das ein bisschen ausführen?

Zweifellos haben wir heute mehr Optionen als zu jeder anderen Zeit. Der türkische Staat hat in den letzten zehn Jahren einen sehr umfassenden Krieg, mit dem Ziel uns zu vernichten, gegen uns geführt. Infolgedessen wurden viele Orte besetzt und wir haben Opfer bringen müssen, aber wir konnten nicht liquidiert werden. In unseren Stellungen haben wir unsere Kraft bewahrt. Das kurdische Volk trat im Nahen Osten im Krieg gegen den IS in den Vordergrund. Heute sind die Kurdinnen und Kurden noch viel stärker.

Die Entwicklungen zunächst in Palästina, dann im Libanon und schließlich mit dem Zusammenbruch des Baath-Regimes in Syrien haben einen neuen Prozess in der Region mit sich gebracht. In diesem neuen Prozess steht eine Neustrukturierung auf der Tagesordnung. Hier sind unsere Möglichkeiten als Bewegung viel größer geworden. Denn es gibt viele verschiedene Strategien für die Region. Es gibt verschiedene Seiten und wir sind zweifelsohne eine davon. Natürlich sind wir keine Teilorganisation oder eine Unterorganisation einer Seite, wir sind eine Organisation von regionaler Bedeutung. Aus diesem Grund haben sich unsere Möglichkeiten mit den neuen Entwicklungen erweitert. Zum Beispiel wollen diejenigen, die sich früher von uns distanziert und uns gemieden haben, jetzt Beziehungen zu uns aufbauen und uns verschiedene Optionen bieten. Deshalb sind unsere politischen, politischen und diplomatischen Möglichkeiten heute besser als in der Vergangenheit. Natürlich wollen wir das nicht zu sehr übertreiben. Denn wir stützen uns nicht auf äußere Kräfte, sondern verlassen uns auf unsere eigene Stärke. Aber auch das ist eine Chance. Es gibt Kräfte, die Strategien entwickeln und kämpfen. In diesem Rahmen sind wir auch Partei, und unsere politischen Möglichkeiten haben sich stark erweitert.

Außerdem hat es in den letzten drei bis vier Jahren in unserer Bewegung viele Veränderungen und Innovationen in Bezug auf die Taktik gegeben. Wir sind taktisch expandiert. Früher fand unser Krieg nur am Boden statt. Wir haben nicht einmal Stellungen gebaut. Wir führten unseren Krieg am Boden und sagten: „Guerillasein bedeutet sich zu bewegen, jeden Tag irgendwo anders hinzugehen.“ Aber jetzt wird der Kampf sowohl über als auch unter der Erde geführt.

Wir dürfen nicht vergessen, dass sich die intelligentesten jungen Menschen Kurdistans unserer Bewegung anschließen. Ich will nicht zu sehr ins Detail gehen, aber mit den Bemühungen dieser Freundinnen und Freunde und einer intensiven Arbeitsphase haben wir auch auf technologischem Gebiet neue Entwicklungen gemacht. Der türkische Staat wollte mit den von der NATO gebotenen Mitteln, bewaffneten oder unbewaffneten Drohnen, das Gleichgewicht des Krieges verändern, und in der Tat spielten diese Waffen eine Rolle im Krieg. Aber heute haben wir Techniken dagegen entwickelt. Aktuell ist ein großer Teil ihrer viel gepriesenen Technologien einfach nur noch Schrott. Denn sie können nicht mehr gegen uns eingesetzt werden. Im Moment kann nur ein Modell gegen uns eingesetzt werden, alle anderen sind nicht im Einsatz. Die Übrigen werden an Staaten verkauft, die nicht Bescheid wissen. Die stehen sowieso nur noch in den Hangars. Im Moment beschäftigen wir uns mit dem letzten Modell im Einsatz und wir werden in Kürze eine Lösung finden. Wir werden der Geschichte der Killerdrohnen, die Menschen aus der Luft massakrieren, ein Ende setzen. Das ist keine gewöhnliche Tatsache.

Im Rahmen dieser technologischen Entwicklungen können wir den Feind auch aus der Ferne und aus der Luft treffen. Sehen Sie, der Feind schickte Kampfflugzeuge aus Ankara, und wir versuchten, mit Waffen auf dem Boden in einer Distanz von 100 Metern dagegen anzugehen. Diese Situation hat das Gleichgewicht gestört. Aber jetzt haben wir die Mittel geschaffen, um aus der Ferne zuzuschlagen. Wir haben uns sowohl auf taktischer als auch auf technologischer Ebene entwickelt. Wir haben die Fähigkeit erreicht, zu Lande, in der Luft und unter der Erde zu kämpfen. So haben wir den Revolutionären Volkskrieg zu einer neuen Kriegsdoktrin mit vielseitiger Taktik weiterentwickelt. Mit dieser Kriegsdoktrin ist unsere Überzeugung, dass wir Erfolg haben werden, stärker geworden. Dies ist nichts Gewöhnliches für uns. Wir haben auch die Mittel, um den Kampf weiter zu verstärken und neue Schritte zu entwickeln. Dabei handelt es sich um politische, diplomatische, militärische, taktische und technologische Möglichkeiten.

Sie haben bereits erwähnt, dass Rêber Apo den 15. Februar zum Beginn einer neuen Offensive machen will. Worin besteht diese Offensive?

Das erreichte Niveau ist das Ergebnis der Arbeit von Rêber Apo. Rêber Apo hat sehr bedeutungsvolle Arbeit geleistet. Auf der Grundlage der Tapferkeit unserer Gefallenen und der Opfer unseres Volkes wurde dieses Niveau erreicht. Infolge dessen musste der türkische Staat sich erneut an Rêber Apo wenden.

Bekanntlich hatte der türkische Staat bereits zuvor Rêber Apo als Gesprächspartner anerkannt, dann aber den Lösungsprozess abgebrochen und sich einer Politik der verschärften Isolation, Abschottung und Vernichtung zugewandt. Die eingetretenen Entwicklungen haben jedoch den Boden dafür bereitet, dass sich der türkische Staat erneut an Rêber Apo wandte. Rêber Apo verfolgt seit 1993 die Idee einer Gemeinschaft des kurdischen und türkischen Volkes. Bereits 1919 gab es innerhalb der Grenzen von Misak-ı Milli ein Bündnis, das auf der Einheit des türkischen und des kurdischen Volkes beruhte. Auf der Grundlage dieses Bündnisses wurde die Republik gegründet. Doch dann erkannte der türkische Staat mit dem Vertrag von Lausanne dieses Bündnis nicht an, verleugnete das kurdische Volk und stellte sich als „der Einzige“ hin. So begann eine Zeit des Völkermords in Kurdistan. Rêber Apo sagt: „Wir werden dies korrigieren; wir werden eine Lösung auf der Grundlage der Allianz des türkischen und des kurdischen Volkes entwickeln.“ Die Rede des MHP-Vorsitzenden Devlet Bahçeli im Parlament war ein Ansatz des Staates. Später stellten wir fest, dass Delegationen des Staates auch zu Gesprächen auf Imrali waren.

Rêber Apo will diese Situation nutzen und einen neuen Schritt machen. In diesem Rahmen war eine DEM-Delegation bekanntlich zweimal auf Imrali. Die Delegation besuchte auch alle Parteien im Parlament und verschiedene Personen in Gefängnissen. Sie hat wertvolle Arbeit geleistet. Wenn wir uns das Ergebnis all dieser Bemühungen ansehen, stellen wir fest, dass die Stimmung im Allgemeinen positiv ist. Die Welt erkennt jetzt, dass eine Lösung gefunden werden muss. Es handelt sich um ein positives Bild.

Die AKP hat sich immer noch nicht entschieden“

Die Haltung der Regierung in dieser Frage ist jedoch nicht eindeutig. Tatsächlich hat sich Präsident Recep Tayyip Erdoğan mehrfach zu Wort gemeldet und gesagt: „Wir stehen hinter Bahçelis Worten." In der Praxis tut er jedoch das Gegenteil. Es werden also keinerlei positive Schritte in Richtung auf den Beginn einer neuen Ära, in Richtung auf die Entwicklung eines türkisch-kurdischen Friedens, wie es heißt, gegangen. Das muss man natürlich auch beachten. Bis jetzt wurde immer geleugnet, dass es sich um einen Krieg handelt. Wenn man von Krieg spricht, dann kann man auch denken, dass Frieden notwendig ist. Es ist ohnehin in aller Munde. Tayyip Erdoğan selbst sagte, dass „jeder vom Frieden profitieren“ würde.

Sollte dann nicht auch die verwendete Sprache dem Frieden entsprechen? Müsste nicht auch die Praxis dem Frieden entsprechen? Aber das alles geht in die entgegengesetzte Richtung. Zum Beispiel gibt es jetzt eine Front an der türkischen Grenze, von Cerablus bis Tabqa, und seit zwei Monaten setzt der türkische Staat alles gegen die Kurden und ihre Verbündeten, die Araber ein. Die Flugzeuge sind im Dauereinsatz, aber die Kosten dafür stammen aus den Portemonnaies des Volkes, der Arbeiterinnen und Arbeiter. Der Krieg dort findet nicht nur am Tişrîn-Damm statt. Es gibt eine breite Front, an der Krieg geführt wird und an der permanent Massaker an der Zivilbevölkerung verübt werden.

Ebenso wird in Nordkurdistan eine Politik der Zwangsverwaltung betrieben. Diese Praxis ist ein Angriff auf den Willen der Menschen in der Region. Einerseits sagt man den Menschen: „Lasst uns Frieden schließen, uns umarmen, eins sein“, aber andererseits unterdrückt man ihren Willen. Jeden Tag werden Verhaftungsoperationen durchgeführt.

Jeden Tag gibt es Bombardierungen und Angriffe, die Angriffe auf uns gar nicht mitgerechnet. Vielerorts kommt es bereits zu Gefechten zwischen unseren Kräften auf einer Distanz von 200 bis 300 Metern. Jeden Tag schießen wir auf sie, und sie schießen auf uns. Obwohl wir uns in den Wintermonaten befinden, hat dieser Krieg nicht aufgehört. Es kann in all diesen Fragen von einer Entspannung nicht die Rede sein, im Gegenteil, die Situation spitzt sich weiter zu. Daher kann man sagen, dass die AKP sich noch nicht entschieden hat und ihre alte Politik des Völkermords, der Massaker und der Gewalt fortsetzt.

Unsere Bewegung wird vor der Freiheit von Rêber Apo keine Waffen niederlegen“

In allen Erklärungen ist nur von der Notwendigkeit die Rede, die Waffen niederzulegen…

Ja, aber das ist ihr Problem, nicht unseres. Diejenigen, die diesen Aufruf gemacht und gesagt haben: „Lasst Öcalan kommen und im Parlament sprechen“, sollten sich bemühen, die entsprechenden Schritte zu unternehmen. Es ist klar, dass Devlet Bahçeli diesen Aufruf nicht nur aus Lust und Laune heraus gemacht hat. Der Staat, zumindest ein Teil des Staates, steht hinter ihm. Wir wissen das nicht genau, aber es ist sicher, dass er nicht allein ist. Sicherlich ist mindestens eine Fraktion des Staates daran beteiligt. Wenn sie heute entsprechend ihrer Forderung handeln, wird der Weg vielleicht geöffnet. Wenn nicht, wird sich nichts entwickeln. Denn was die AKP-Regierung im Moment macht, sind Praktiken des Krieges, nicht des Friedens. Zum Beispiel muss sich die Sprache ändern. Die kurdische Gesellschaft ist eine Gesellschaft, die bereits viele Male getäuscht worden ist. Unser Volk misstraut der türkischen Staatspolitik. Zuallererst muss Vertrauen geschaffen werden, und es müssen Schritte unternommen werden, um Vertrauen aufzubauen. Wenn diese Sprache, diese Praktiken und diese Herangehensweisen nicht geändert werden, wird sich der Prozess nicht entwickeln.

AKP-Vertreter, zuletzt der Parteisprecher Ömer Çelik, sagten, „Öcalan muss einen Aufruf zur Niederlegung der Waffen tätigen“. Nehmen wir an, Rêber Apo hätte einen solchen Aufruf getätigt. Aber ist das dann mit einem Aufruf vorbei? Wir sind eine Bewegung mit Zehntausenden von Kämpferinnen und Kämpfern. Sie sind nicht für Geld gekommen und werden nicht nach Hause gehen, wenn ihr Gehalt gekürzt wird. Sie sind eine ideologische Kraft, eine Gruppe von Menschen mit Überzeugungen. Sie sind zu Opfern bereit. Wenn nicht die Person, die diese Ideologie geschaffen hat, nämlich Rêber Apo selbst, eingreift und mit ihnen spricht, wird durch einen bloßen Videoanruf nichts geschehen. Wenn Rêber Apo nicht in der Lage ist, dauerhaft mit diesen Kämpferinnen und Kämpfern zu sprechen, wie soll er sie dann überzeugen, die Waffen niederzulegen? Ich zum Beispiel bin einer der Verantwortlichen für diese Bewegung und arbeite mit der Guerilla. Ich bin selbst Guerillakämpfer, aber ich kann niemanden ansprechen und sagen: „Legt die Waffen nieder“. Das würde ich sowieso nicht tun. Heute kämpfen unsere Freundinnen und Freunde im Zap im 200-Meter-Abstand gegen die Soldaten des türkischen Staates. Wie kann ich ihnen sagen, dass sie ihre Waffen niederlegen sollen? Ich habe dazu kein Recht. Kurz gesagt, Rêber Apo müsste hier direkt etwas machen.

Ich möchte auch sagen, dass für die Niederlegung der Waffen eine Entscheidung erforderlich ist. Zum Beispiel wäre dazu ein Kongressbeschluss notwendig. Der PKK-Kongress muss zusammentreten und einen solchen Beschluss fassen. Wer kann das tun? Rêber Apo kann das tun. Rêber Apo kann einen Kongress einberufen, und wenn der Kongress zusammentritt, kann er dort sprechen. Selbst wenn er nicht physisch anwesend ist, könnten seine Botschaften viele Menschen erreichen. Es ist ein außerordentliches Thema.

Alle konnten das zum Beispiel bei den Fedai Asya Ali und Rojger Hêlîn sehen. Es war in Kameraaufnahmen zu sehen, mit welcher Überzeugung, Ruhe und Liebe sie ihre Aktion durchführten. Man kann Menschen mit einer solchen Haltung nicht einfach mit einem Aufruf überzeugen. Denn es gibt eine ideologisch-philosophische Verpflichtung und Entschlossenheit. Aus diesem Grund werden unsere Freundinnen und Freunde, die opferbereiten Kämpferinnen und Kämpfer dieser Bewegung, bis Rêber Apo frei ist, nicht davon überzeugt werden können, die Waffen niederzulegen. Viele Menschen sprechen mittlerweile von der Isolation und fordern ihre Aufhebung. Aber die Aufhebung der Isolation ist keine Lösung mehr. Rêber Apo muss freigelassen werden. Die Zeit dafür ist gekommen. Damit sich ein entsprechender Prozess entwickeln kann, muss er frei sein. Niemand außer Rêber Apo kann einen Kongress zur Waffenniederlegung einberufen, alle Freundinnen und Freunde überzeugen und ihre Zustimmung zu erhalten. Dazu muss Rêber Apo frei kommen und er muss seine Arbeit frei leisten können, sei es durch technische Mittel, durch Delegationen oder anders. Kurzum, es muss sich ein Prozess zur Überzeugung entwickeln und nur Rêber Apo kann das tun. So etwas ist von Imrali aus nicht möglich. Zweifellos ist eine symbolische Erklärung für den Anfang eine wertvolle Sache, und sie ist sehr wichtig. Es ist jedoch notwendig, das Gesagte anschließend umzusetzen, und das kann nur unser Rêber Apo selbst tun.

So wäre zunächst ein Waffenstillstand notwendig. Wie könnten wir, solange es keinen Waffenstillstand gibt, das Ablegen von Waffen auf die Tagesordnung setzen! Jeden Tag werden Waffen eingesetzt, und wir verteidigen uns mit Waffen. Deshalb muss der Boden erst geschaffen werden. Wie kann der Boden geschaffen werden? Erstens kann es einen bilateralen Waffenstillstand geben. Dann kann man die Art der Sprache verändern und eine Sprache des Friedens verwenden, Überzeugungsarbeit leisten, sich eine Meinung bilden und dann die notwendigen Maßnahmen ergreifen. Wir sind nicht in Waffen, sondern in die Freiheit verliebt, in Demokratie und ein gleichberechtigtes Leben. Dafür setzen wir unser Leben aufs Spiel. Wenn das verwirklicht werden, dann haben Waffen zweifellos keine Bedeutung mehr. Deshalb müssen alle diese Frage richtig angehen. Es kann keinen Lösungsprozess auf der Grundlage von Druck und Drohungen geben, mit der Art von Sprache, die jetzt verwendet wird.

Krieg und Frieden sind nicht miteinander vereinbar“

Wir stehen hinter Rêber Apo und verfolgen einen strategischen Ansatz. Es ist nicht richtig, darauf zu schauen, ob ein paar Tausend oder ein paar Millionen Stimmen gewonnen werden oder verloren gehen, und dementsprechend Haltung zu beziehen. Um so etwas geht es nicht. Es geht um etwas viel Wertvolleres für die Völker und handelt sich um eine strategische Frage. Deshalb muss es in der Türkei einen Ansprechpartner geben. Wir haben einen, das ist Rêber Apo, aber es sollte auch ein Pendant auf der anderen Seite geben. Sie analysieren die Frage und lösen sie. Wir sollten nicht vergessen, dass es sich nicht nur um eine 50 Jahre alte Frage handelt. Es handelt sich nicht nur um eine Angelegenheit der PKK und des türkischen Staates. Wir sind die Erben von Menschen wie Şêx Saîd, Seyit Rıza, Rindexana Ali Yunuse, Biroyê Heskî Têlî. Es handelt sich um ein jahrhundertealtes Problem. Wenn man den Beginn der Şêx-Saîd-Aufstands als Ausgangspunkt nimmt, befinden wir uns jetzt genau im hundertsten Jahr. Wir wollen dieses jahrhundertealte Problem grundlegend lösen, und das ist etwas, das durch eine türkisch-kurdische Allianz erreicht werden kann. Es ist keine taktische Frage, sondern eine strategische. Wir gehen es auf dieser Ebene an. Wenn der türkische Staat und die türkische Regierung diesen Prozess mit demselben Ansatz vorantreiben, glauben wir, dass sich eine dauerhafte Lösung entwickeln und eine neue Ära in der Türkei beginnen wird. Dazu müssen sich aber zunächst, wie wir gesagt haben, die Haltungen ändern. Es ist nicht leicht für uns, eine solche Entscheidung zu treffen, aber wir haben unsere Position als Leitung geklärt; unsere Gegner müssen sich ebenfalls klären. Andres wird es nicht funktionieren. Es ist nicht möglich, gleichzeitig den Krieg zu eskalieren und zu sagen: „Lasst uns Frieden schaffen.“ Krieg und Frieden sind nicht miteinander vereinbar. Entweder wird es Frieden oder Krieg geben. Der türkische Staat muss eine Entscheidung treffen.

Eine neue Zeit für die Völker der Region“

Die Bedeutung der Offensive von Rêber Apo für das kurdische Volk ist klar, aber was bedeutet sie für die Völker der Türkei und des Nahen Ostens?

Rêber Apo arbeitet derzeit an einem neuen Ansatz. Er arbeitet nicht an einer klassischen Lösung, sondern an der Demokratisierung durch neue Methoden wie Gleichberechtigung, Schaffung einer demokratischen Gesellschaft und Förderung lokaler Verwaltungen auf der Grundlage einer Erneuerung des Verhältnisses der Gesellschaft zum Staat. Demokratisierung steht für die Schaffung einer demokratischen Gesellschaft, die Förderung demokratischer Beziehungen und den Rahmen, in dem eine demokratische Gesellschaft und der Staat koexistieren können. Natürlich kennen wir nicht alle Details. Ein paar Details können in dem bevorstehenden Aufruf erklärt werden. Aber es ist ein neues Projekt, das nicht nur für das kurdische Volk gilt. Es stimmt, dass dadurch das kurdische Volk vom Schwert des Völkermordes befreit und anerkannt wird und dass Gleichheit hergestellt wird, aber die Demokratisierung entwickelt sich auch für die Völker der Türkei. Das bedeutet eine neue Ära für die Völker in der Region. Denn wenn sich in Syrien, im Iran, im Irak und überall sonst das Gleiche entwickelt, wird die Türkei zu einem Zentrum der Freiheit, der Demokratie und der Versöhnung der Völker und Glaubensrichtungen in einer Weise, die alle einschließt, und nicht mehr zu einem Zentrum der Bedrohung in der Region, wie es jetzt der Fall ist. Rêber Apos Projekt schließt Aleviten, Christen, Eziden, Türken, Araber, Perser, Kurden, Assyrer, Suryoye und alle anderen ein. Zweifellos stützt es sich auf die arbeitenden Klassen. Daher ist dieser Schritt tatsächlich ein Durchbruch in der Demokratisierung. Wenn sich dieser Aufbruch in diesem Sinne entwickelt, werden Türken, Kurden und alle anderen davon profitieren, und eine neue Ära wird beginnen.

Die Völker der Region sind der Kriege überdrüssig. „Schluss mit dem Blutvergießen, einigt euch”, sagen sie. Und in der Geschichte haben die Völker des Nahen Ostens friedlich zusammengelebt. Heute müssen diese Ansätze aktualisiert werden, und es muss eine neue Mentalität entwickelt werden. Es geht nicht darum, zu sagen: „Ich werde euch stürzen und unter meine Ägide nehmen, ich werde euch nicht anerkennen, ich werde euch vernichten“, sondern um eine Mentalität, die darauf beruht, einander zu respektieren, sich auf dieser Grundlage zusammenzuschließen, zu wachsen und aufzusteigen. Dies wird die Türkei zu einem glänzenden Land im Nahen Osten machen. Es wäre ein Durchbruch in der Demokratisierung. Deshalb sollte die ganze Region, aber vor allem alle Kreise in der Türkei, diesen Schritt unterstützen. Zum Beispiel die alevitische Gemeinde, die werktätigen Klassen, linke und sozialistische Kreise, die demokratischen Bewegungen, die wichtigste Opposition, alle diese Kreise sollten diesen Schritt unterstützen. Sie sollten nicht nur Zuschauende oder gar Hindernisse sein. Alle haben hieran ein Interesse. Wenn der Weg wirklich frei ist, soll eine Erneuerung in der Türkei geschaffen werden. Das ist das Ziel.

Das kurdische Volk ist sich dessen bewusst. So gaben etwa vierhundert Organisationen in Amed eine gemeinsame Erklärung ab. Die Plattform zum Schutz und zur Unterstützung der Stadt Diyarbakır reiste nach Ankara und führte Gespräche. Das sind wertvolle Dinge. Die Erfolgschancen steigen, wenn sich alle auf ihre Weise anstrengen und den Prozess unterstützen.

Der türkische Staat ist am Willen der QSD gescheitert“

Der Kampf um Tişrîn dauert nun schon zwei Monate an. Die Menschen aus Nord- und Ostsyrien halten dort seit etwa einem Monat eine Mahnwache. Wie ist die aktuelle Situation?

Wir beobachten diese Entwicklungen von außen. Ich halte den Widerstand am Tişrîn-Damm, in Qereqozax, Dêr Hafir und an der gesamten Front für sehr bedeutsam. In diesem Widerstand drückt sich der Wille der Völker aus. Arabische, kurdische, assyrische Menschen und aus vielen anderen Völkern haben auf der Grundlage der Demokratischen Nation eine Kraft, die QSD, gebildet. Dieser Widerstand zeigt den Willen der QSD. Das macht ihn sehr wertvoll. Zweifelsohne hat dieser Widerstand seinen Preis. Zuallererst gedenke ich mit Respekt und Liebe derer, die in diesem Widerstand ihr Leben gelassen haben. Vor allem in diesem Monat beteiligt sich die Bevölkerung auf jede Weise am Widerstand, das ist sehr gut. Ich gratuliere allen Menschen in Rojava und Nord- und Ostsyrien für ihre Haltung und ich gedenke mit Bavê Teyar respektvoll aller Zivilpersonen, die in diesem Widerstand gefallen sind. Was sie dort getan haben, offenbart eine sehr würdige und ehrenhafte Haltung.

Früher wurde gefragt, wann und wie der Revolutionäre Volkskrieg stattfinden werde. Das Beispiel liegt jetzt auf der Hand. Die arabische, kurdische und christliche Bevölkerung zeigt es. Die Kämpferinnen und Kämpfer spielen ihre Rolle, indem sie kämpfen, das Volk unterstützt sie mit seinen Aktionen und leistet gemeinsam mit ihnen Widerstand. Das ist der Revolutionäre Volkskrieg. Wenn es Leute aus dem Volk gibt, die kämpfen können, können sie natürlich am Krieg teilnehmen, aber hauptsächlich beteiligt sich das Volk auf seine eigene Weise am Kampf. Es beteiligt sich mit seinem zivilen Widerstand, seiner Arbeit, seiner Logistik, seiner Unterstützung auf allen Ebenen. Auf diese Weise wird mit dem Revolutionären Volkskrieg ein Modell geschaffen. Es handelt sich also um ein bedeutendes Beispiel, das nicht genug gewürdigt werden kann. Führende Künstler wie Bavê Teyar, Politikerinnen und Politiker, die Frauenbewegung und die Jugend nehmen daran teil, und nehmen es in Kauf, dabei zu fallen. Das Volk zeigt Haltung.

Insbesondere der Satz „em ji mirinê mezintir in“ (wir sind größer als der Tod), der von einer Frau mit so viel Herzblut ausgesprochen wurde, ist kein alltäglicher Satz. Es ist ein wichtiger und historischer Satz. Die Aufrichtigkeit, in der er gesagt wurde, ist offensichtlich. Das ist sehr wichtig. Wenn eine Gesellschaft mit dieser Einstellung vorgeht, wird sie sich definitiv befreien, ihr Widerstand wird definitiv gewinnen. Kurzum, das Verhalten sowohl der Kämpferinnen und Kämpfer als auch der Bevölkerung dort kann auf diese Weise interpretiert werden.

Vor etwa einem Monat habe ich in einem ANF-Interview erklärt, dass die Leistung dieser Kräfte (der SNA) nicht mit der der QSD mithalten kann. Wir verstehen ein wenig vom Militär und haben Beobachtungen angestellt. Die Leistung der QSD ist viel höher als die dieser Streitkräfte, und sie können sich selbst verteidigen und ihren Auftrag erfüllen. Das haben sie bereits in der früheren Praxis bewiesen. Daher kamen wir zu dem Schluss, dass die Verbrecherbande, die sich SNA nennt, trotz der Beteiligung türkischer Spezialkräfte und geheimdienstlicher Unterstützung des türkischen Staates, der Kampfflugzeuge, der Drohnen, der Panzerfahrzeuge und der technischen Unterstützung nicht siegen kann und besiegt werden wird. Heute werden unsere Worte bestätigt.

Der türkische Staat mag es nicht offiziell zugeben, aber in Qereqozax, Tişrîn und Dêr Hafir wurde der türkische Staat besiegt. Das ist die Realität. Man wollte diese Orte erobern und besetzen. Damit sollte Kobanê direkt bedroht werden. Hier wird also nicht nur ein Staudamm verteidigt. Natürlich hat die Verteidigung des Staudamms auch eine Bedeutung, aber es ist vor allem die Verteidigung der Region; es ist die Verteidigung von Kobanê. Denn der türkische Staat will die Straßen und Brücken besetzen. Auf diese Weise will er Kobanê von hinten einkreisen. Aus diesem Grund ist der Widerstand von größter Bedeutung.

Ahmed al-Scharaa reiste am 4. Februar in die Türkei. Könnten Sie etwas über die Beziehungen zwischen HTS und der Türkei berichten?

Syrien nimmt eine sehr wichtige Stellung in der Region ein. Die Mächte, die die Region in der Vergangenheit umgeformt haben, haben zuerst Syrien umgestaltet und dann begonnen, die Region neu zu gestalten. Jetzt gibt es Pläne für Syrien. Die Türkei betrachtet Syrien als osmanisches Erbe. Syrien wird also von der Türkei als Besitz betrachtet. Die Türkei stellte sich sofort hin und erklärte Aleppo, sei türkisch. Ein Teil Syriens wird als Teil innerhalb der Misak-i Milli-Grenzen (Osmanischer Nationalpakt) gesehen. Vor diesem Hintergrund hat der türkische Staat bereits die SNA aufgebaut. Man bildete eine provisorische Regierung der sogenannten Opposition und diese stützte sich auf die Türkei. Aber die Kräfte der Türkei waren nicht erfolgreich, stattdessen ergriff die HTS die Macht. Die internationalen Mächte standen hinter der HTS. Daher kann man sagen, dass die Vorbereitungen der Türkei umsonst waren. Die Türkei hatte auch einen Fehler in ihrer Planung gemacht. Die HTS wandte sich Damaskus zu, während die Türkei ihre Kräfte auf die selbstverwalteten Regionen ausrichtete. Die Türkei dachte, sie könnte die gesamten selbstverwalteten Gebiete besetzen. Natürlich konnte sie das nicht; ihre Truppen stecken in Tişrîn und Qereqozax fest; seit zwei Monaten stehen sie dort und können nicht vorankommen. Daher waren ihre Pläne für Syrien nicht erfolgreich.

Als man jedoch merkte, dass dem kein Erfolg beschieden war, wandte man sich sofort Bemühungen zu, die HTS und Ahmed al-Scharaa zu beeinflussen. Man stützte sich auf die HTS. Die Türkei hatte bereits in der Vergangenheit Beziehungen zur HTS, organisierte die SNA jedoch separat. Jetzt wird versucht, HTS und SNA in Einklang zu bringen und die Beziehungen zu verbessern. Auf diese Weise will die Türkei Syrien zu einer ihrer Provinzen machen. Darum geht es ihr.

Israel sieht Syrien als sehr wichtig für seine eigene Sicherheit an. Auf dieser Grundlage war dieses Projekt erst möglich. Aus diesem Grund hat Israel auch Pläne für Syrien. Israel denkt ebenfalls darüber nach, was für ein Syrien es braucht. Zudem gibt es auch den Faktor der arabischen Staaten, insbesondere Saudi-Arabien. Denn alles, was sich in Syrien entwickelt, betrifft die Araber insgesamt. Auf welcher Grundlage wird also der neue Staat, der in Syrien errichtet werden soll, stehen? Wird er zum Beispiel salafistisch-dschihadistisch sein, wie wird er organisiert sein? Das ist für die arabischen Staaten, insbesondere die Saudis, sehr wichtig. Sie wollen ihrerseits ebenfalls Kontrolle über Syrien aufbauen.

Kurz gesagt, es gibt eine Rivalität zwischen diesen Mächten. Ja, es gab auch den Faktor Iran, aber aktuell kann man sagen, dass der Iran in den Hintergrund getreten ist. Aber aus weiterer regionaler Perspektive verfolgt der iranische Staat natürlich auch ein Kalkül. Er scheint seine regionalen Pläne nicht aufgegeben zu haben, und ich glaube auch nicht, dass er das tun wird. Allerdings gibt es jetzt zwischen den genannten Kräften eine Krisensituation in Syrien.

Wichtig ist nun, was Ahmed al-Scharaa in dieser Lage tun wird. Alle fragen sich, was diese Person tun wird. Es ist bekannt, dass er früher ein Kader von Al-Qaida war. Er ist ein geschulter Salafist. Er behauptet jedoch, dass er sich seit einiger Zeit geändert hat. Da fragt man sich, wie sehr sich eine Person verändert hat oder nicht und welchen Willen er verfolgen wird. Vor ein paar Tagen hat er sich zum Präsidenten der Republik erklärt. Aber kann der Präsident eines Landes vom Geheimdienst eines Nachbarlandes abhängig sein? Inwieweit wird er dies akzeptieren oder nicht? Alle fragen sich, inwieweit Ahmed al-Scharaa den Willen haben und sein Versprechen, dass er sich geändert habe, einhalten wird. Es gibt berechtigte Skepsis.