In Istanbul haben Frauenorganisationen am Samstagnachmittag gegen die Verhaftung der kurdischen Politikerin Leyla Güven protestiert. Der Abgeordneten der Demokratischen Partei der Völker (HDP) wurde zusammen mit ihrem Fraktionskollegen Musa Farisoğulları und Enis Berberoğlu von der Republikanischen Volkspartei (CHP) die parlamentarische Immunität entzogen, anschließend wurden sie verhaftet.

Die Protestaktion im Istanbuler Stadtteil Beşiktaş fand unter einem großen Polizeiaufgebot statt. Die Aktivistinnen von HDP, HDK, TJA, Feministinnen und SKM trugen Fotos von Leyla Güven und Schilder mit der Aufschrift „Berxwedan jiyane” (Widerstand heißt Leben). Dieser Satz war die erste Reaktion von Leyla Güven, als sie am Donnerstag aus dem Fernsehen vom Entzug ihres Abgeordnetenmandats erfuhr.

Die erste Ansprache auf der Kundgebung wurde von der HDK-Sprecherin Idil Uğurlu gehalten. Sie erklärte, dass die Regierungskoalition aus AKP und MHP einen Putsch gegen Abgeordnete durchgeführt habe und Leyla Güven dabei bewusst ausgewählt wurde. Die Politikerin sei mit ihrem seit über dreißig Jahren andauernden Kampf zu einem Symbol der Frauenbefreiung geworden. Ihre erneute Verhaftung sei damit auch ein Putsch gegen die Frauenbewegung.

Deniz Akkaş, Sprecherin der Sozialistischen Frauenräte (SKM), und Firdevs Hoşar von den Feministinnen riefen zur Solidarität mit Leyla Güven auf und kündigten an, auf den Angriff auf die Frauenbewegung mit einer Intensivierung ihres Kampfes zu reagieren.

Anschließend verlas Arzu Firat eine gemeinsame Erklärung der Frauenorganisationen, in der es hieß: „Leyla Güven repräsentiert den Willen von Frauen. AKP und MHP greifen den Willen der Frauen und des kurdischen Volkes an. Während Frauenmörder freigelassen werden, werden Frauen angegriffen. Wir Frauen werden uns den Angriffen auf unsere Errungenschaften niemals beugen. Leyla Güven hat ihr gesamtes Leben der Frauenbefreiung und der Freiheit des kurdischen Volkes gewidmet. Wir erklären hiermit ein weiteres Mal, dass wir nicht kapitulieren werden. Den Entzug des Abgeordnetenmandats von Leyla Güven erkennen wir nicht an.“

Leyla Güven ist zugleich Ko-Vorsitzende der zivilgesellschaftlichen Organisation DTK (Demokratischer Gesellschaftskongress) und hat bereits viele Jahre in türkischen Gefängnissen verbracht. Weltweit bekannt wurde Güven durch den von ihr Ende 2018 im Gefängnis von Amed initiierten Hungerstreik gegen die Isolation Abdullah Öcalans, dem sich Tausende Menschen auf mehreren Kontinenten anschlossen. Zuletzt war die Politikerin 2018 für ein knappes Jahr in Haft, weil sie die völkerrechtswidrige Invasion der Türkei in Efrîn öffentlich kritisiert hatte.