Illegale Kopftücher: Festnahmen bei Frauen-Wahlkundgebung der YSP

Weil ihre weißen Kopftücher mit „illegalen Stickereien“ in den Farben grün, rot und gelb verziert gewesen seien, wurden in Istanbul mindestens vier Teilnehmerinnen einer Frauen-Wahlkundgebung der Grünen Linkspartei festgenommen.

In Istanbul wurde eine Frauen-Wahlkundgebung der Grünen Linkspartei (Yeşil Sol Parti, YSP) im Nachgang von Polizeigewalt überschattet. Mindestens vier Teilnehmerinnen sind zum Ende der Veranstaltung am Sonntag im asiatischen Stadtteil Kadıköy teils brutal festgenommen worden. Der Grund: die weißen Kopftücher der Frauen, die zur Initiative der kurdischen Friedensmütter gehören, seien mit „illegalen Stickereien“ verziert gewesen. Der Vorwurf liegt offenbar in den Farben der blumenartigen Stickereien an den Kopfbedeckungen begründet: Grün, Rot und Gelb. Diese Kombination findet man auch auf kurdischen Fahnen. Nicht selten gelten die Farben in der Türkei daher als Zeichen des Separatismus und ihre Verwendung wird entsprechend geahndet.

Eine Gruppe von Aktivistinnen der kurdischen Friedensmütter | © MA

Im Zuge der Festnahmen kam es zu tumultartigen Szenen, als weitere Teilnehmerinnen der Kundgebung, die im Yoğurtçu-Park stattfand, mit Parolen wie „Jin, Jiyan, Azadî“ (Frau, Leben, Freiheit) gegen das polizeiliche Vorgehen protestierten. Beamte der Bereitschaftspolizei stellten sich vor dem Ausgang des Parks auf und verhinderten vorübergehend, dass die Teilnehmerinnen das Gelände verlassen konnten. Unter den Betroffenen war auch die HDP-Abgeordnete Dersim Dağ, die für die nächste Legislaturperiode in der Türkei als Kandidatin der YSP zur Wahl antritt. Die festgenommenen Frauen wurden zur Hafenpolizeiwache in Kadıköy gebracht.

Polizisten versperren den Ausgang des Yoğurtçu-Parks | © MA

Zuvor war die Stimmung auf der Wahlkundgebung der YSP kämpferisch und gut, es beteiligten sich mehrere tausend Frauen und LGBTIQ-Menschen (lesbisch, schwul, bisexuell, trans, inter und queer) aus der gesamten Marmara-Region.

Ein Polizist hält Stickereien in der Hand, die vom Kopftuch einer Kurdin gerissen wurden. Die HDP-Abgeordnete Dersim Dağ versucht währenddessen eine Frau vor Polizeigewalt zu schützen. | © MA


„Wir Frauen sind hier, um die Welt zu verändern“ lautete die Losung der Zusammenkunft, bei der unter anderem Çiğdem Kılıçgün Uçar (Ko-Sprecherin der YSP), Esengül Demir, (Ko-Sprecherin des Demokratischen Kongress der Völker, HDK), Saliha Aydeniz (Ko-Vorsitzende der Partei der demokratischen Regionen, DBP), Özlem Gümüştaş (Ko-Präsidentin der Sozialistischen Partei der Unterdrückten, ESP), Nilay Kuş (YSP-Kandidatin und Istanbuler Vorsitzende der Partei der sozialen Freiheit, TÖP), Sema Barbaros (Istanbuler Vorsitzende der Partei der Arbeit, EMEP) und Ismail Temel (LGBTIQ-Aktivist und Vorstandsmitglied der YSP Istanbul) als Redner:innen aufraten.

Parlaments- und Präsidentenwahlen in der Türkei

In der Türkei werden am 14. Mai ein neuer Präsident und ein neues Parlament gewählt. Umfragen sehen Erdoğan-Herausforderer Kemal Kılıçdaroğlu (CHP) und die Opposition vorne. Sollte bei der Präsidentenwahl kein Kandidat auf Anhieb die absolute Stimmenmehrheit erzielen, kommt es am 28. Mai zu einer Stichwahl. Das Bündnis für Arbeit und Freiheit, dem unter anderem die HDP, EMEP und YSP angehören, ruft dazu auf, bei der Präsidentschaftswahl für Kılıçdaroğlu zu stimmen.