Hamburg: Istanbul-Konvention überall durchsetzen!
In Hamburg haben Frauenbündnisse gegen die Aufkündigung der Istanbul-Konvention durch den türkischen Präsidenten Erdoğan protestiert und Solidarität mit den Betroffenen in der Türkei eingefordert.
In Hamburg haben Frauenbündnisse gegen die Aufkündigung der Istanbul-Konvention durch den türkischen Präsidenten Erdoğan protestiert und Solidarität mit den Betroffenen in der Türkei eingefordert.
In Hamburg haben Frauen mit zwei aufeinanderfolgenden Kundgebungen in Altona und auf dem Gänsemarkt gegen die Aufkündigung der Istanbul-Konvention durch den türkischen Präsidenten Erdoğan protestiert.
Zu der Kundgebung in Altona hatte das Internationale Frauenbündnis aufgerufen. In Redebeiträgen wurde Solidarität mit den Frauen in der Türkei eingefordert. Zum Hintergrund der Protestaktion hieß es: „In der Nacht von Freitag auf Samstag verkündete die türkische Regierung auf Entscheidung des Präsidenten Erdoğan, von der Istanbul-Konvention zurückzutreten. Mit der Unterzeichnung der Konvention im Jahr 2011 hatte die Türkei sich verpflichtet, Frauenrechte verbindlich durchzusetzen, auf allen staatlichen Ebenen Gewalt gegen Frauen zu bekämpfen und betroffenen Frauen Schutz und Unterstützung zu bieten. Bis März 2020 wurde das Übereinkommen von 45 Staaten unterzeichnet und von 34 ratifiziert. Das türkische Parlament ratifizierte das Abkommen sogar als erster der Unterzeichnerstaaten am 14. März 2012, wandte es jedoch bis zu seinem Wiederaustritt 2021 nie an.“
Mit dem Austritt aus der Istanbul-Konvention untermauere der türkische Staatspräsident „die schon lange offensichtliche antifeministische und frauenverachtende Politik des AKP/MHP-Regimes, durch die unter anderem ein traditionelles Frauen- und Geschlechterbild gestärkt werden soll“. So führe Erdoğan als Begründung für den Austritt an, dass die Istanbul-Konvention „Homosexualität normalisieren würde" und „ein Versuch der LGBTIQ*-Gemeinschaft (Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transpersonen, Intersexuelle, Queers) sei, der gesamten Gesellschaft ihre Gender-Vorstellungen aufzuzwingen, erklärten die Hamburger Aktivistinnen.
Die Entscheidung komme zu einer Zeit, in der Gewaltverbrechen gegen Frauen und Mädchen unter anderem infolge der pandemiebedingten Isolation drastisch zugenommen haben: „Allein im Jahr 2020 verzeichnet die Türkei über 300 Femizide. Für diese Verbrechen machen wir den türkischen Staat verantwortlich, der diese Vergewaltigungskultur aktiv fördert! So konnte ein Gesetzesentwurf, der die Straffreiheit von Vergewaltigern legitimieren sollte, wenn diese ihre Opfer heiraten, nur durch entschlossenen Widerstand von Frauen, Lesben, Trans-, Inter- und nicht-binären Personen in der Türkei verhindert werden.“
„Austritt aus der Istanbul-Konvention passt ins Gesamtbild“
In den Redebeiträgen wurde auch auf die weiteren Entwicklungen in der Türkei aufmerksam gemacht: „Bedingt durch die Folgen der Wirtschaftskrise hat die türkische Regierung innenpolitisch unlängst eine härtere Gangart eingelegt. Erdoğan treibt das Land in tiefere Spannungen, die sich in Polarisierung sowie Repression gegen Oppositionelle und demokratische und fortschrittliche Kräfte entladen. Erst vor wenigen Tagen leitete die türkische Generalstaatsanwaltschaft ein Verbotsverfahren gegen die Demokratische Partei der Völker (HDP) ein. Der Austritt aus der Istanbul-Konvention fügt sich damit in das Gesamtbild eines Staates ein, der demokratische Rechte mit Füßen tritt, die Verfolgung von Regierungskritikern und Oppositionellen per Verbotsersuchen zuspitzt, mit aller Härte gegen Gewerkschafts- und Arbeiterrechte vorgeht und außenpolitisch mit den Nachbarländern militärische Konflikte befeuert.“
Konsequente Schritte der Bundesregierung gefordert
Abschließend erklärten die Frauen: „Wir verurteilen den Austritt der Türkei aus der Istanbul-Konvention und stehen solidarisch an der Seite der Frauen, die trotz staatlicher Widerstände ungebrochen ihren Kampf gegen Gewalt und Diskriminierung fortführen. Wenige Tage vor dem EU-Gipfel erwarten wir von der deutschen Bundesregierung statt leerer Empörungsbekundungen konsequente Schritte. Dazu gehört die Einstellung wirtschaftlicher und politischer Unterstützung sowie ein sofortiger Waffen- und Rüstungsstopp. Wir schweigen nicht, wir fürchten uns nicht, wir gehorchen nicht! Wir werden weiter auf den Straßen sein und an der Seite der Frauen und FLINTA* in der Türkei stehen! Die Istanbul Konvention ist unser Recht!“