Fünf Jahre dieselbe Frage: Wo ist Gülistan Doku?

Vor fünf Jahren verschwand die damals 21-jährige Studentin Gülistan Doku in Dersim. Seither kämpfen Angehörige, Freundinnen und Aktivistinnen für die Aufklärung des Schicksals der jungen Kurdin.

Forderung nach Aufklärung und Gerechtigkeit

In Dersim hat eine Demonstration für die seit nunmehr fünf Jahren vermisste Gülistan Doku stattgefunden. Aufgerufen hatten die Frauenplattform Dersim, ein Studierendenkollektiv der Munzur-Universität, Aktivistinnen der DEM-Partei sowie Familienangehörige. Sie alle vereint bis heute die Forderung nach Aufklärung über das Schicksal Dokus. Gefordert wird eine Antwort auf die seit fünf Jahren gestellte Frage: Wo ist Gülistan Doku?

Die in Amed (tr. Diyarbakır) geborene und zum damaligen Zeitpunkt 21 Jahre alte Pädagogik-Studentin Gülistan Doku ist am 5. Januar 2020 in Dersim spurlos verschwunden. Sie gilt als unauffindbar, obwohl fast jede Gegend in Dersim mit Überwachungskameras und Richtmikrofonen 24 Stunden am Tag observiert wird. Ihr Umfeld glaubte – damals wie heute – dass sie einem Gewaltverbrechen zum Opfer gefallen sein könnte. 

Nur einen Tag vor Dokus Verschwinden hatte der Ex-Freund Zainal Abakarov mit Gewalt versucht, die junge Frau in sein Auto zu zerren. Die Studentin wehrte sich und Umstehende, die das Geschehen beobachtet hatten, verständigten die Polizei. Die Behörden schlossen Abakarov, dessen Stiefvater damals Polizeibeamter war, jedoch relativ früh als Tatverdächtigen aus. Stattdessen spekulierten sie beharrlich auf einer Selbstmordtheorie durch einen Sprung in den Fluss Munzur – selbst auch nach einem unabhängigen Gutachten gegenteiligen Inhalts.

Gülistan Dokus Mutter Bedriye glaubt, dass ihre Tochter tot ist. „Ich möchte ein Grab, um in Würde trauern zu können“, forderte sie heute. Ihre andere Tochter Aygül kündigte an, dass sich mittlerweile ein vierter Staatsanwalt der Akte Gülistan Doku angenommen habe. Möglicherweise kommt nun Bewegung in die Ermittlungen. | Foto zeigt Gülistans Mutter, ihre Schwester und den Vater in der vordersten Reihe © MA


Die Demonstration führte vom Künstlerviertel bis zum Seyid-Riza-Platz und mündete dort in eine kurze Kundgebung, Die Studentin Eylül Yantemur hielt im Namen des Studierendenkollektivs eine Ansprache: „Gülistan wurde an einem Sonntag vor fünf Jahren verschwunden gelassen. Wir verwenden diesen Begriff bewusst, weil es weder rechtlich noch moralisch vertretbar ist davon auszugehen, dass sie einfach verschwunden ist. Dersim ist eine Stadt, in der alles und jeder Schritt überwacht wird. Kameras beobachten selbst die Wildziegen in den Bergen, aber eine junge Studentin soll mitten in der Stadt spurlos verschwunden sein. Das ist in keiner Weise nachvollziehbar oder akzeptabel.“

Das Verschwinden von Gülistan Doku hat in der Türkei landesweit für Aufmerksamkeit gesorgt und symbolisiert für viele die unzureichenden Bemühungen der Behörden, Fälle von vermissten Frauen aufzuklären. Yantemur warf den Ermittlern vor, das Schicksal von Gülistan Doku absichtlich im Dunkeln zu lassen. Drei Staatsanwälte seien mit dem Fall bisher betraut gewesen, dennoch sei kein Fortschritt bei der Aufklärung erzielt worden. Wahrscheinlich sei ihnen klar gewesen, dass Gülistan nicht mehr lebte. Das hätte auch ihr Umfeld befürchtet. Dennoch müsse Gewissheit darüber herrschen, was ihr widerfahren sie. „Es geht um Gerechtigkeit – für Gülistan und ihre Familie. „Die Täter müssen bestraft werden. Solange das nicht geschieht, werden wir überall die Frage ‚Wo ist Gülistan Doku?‘ stellen und weiter Gerechtigkeit fordern.“