Die Polizei in Ankara hat eine Kundgebung der Frauenplattform anlässlich des Jahrestages des unaufgeklärten Verschwindens der kurdischen Studentin Gülistan Doku angegriffen. Mindestens siebzehn Frauen, darunter auch die beiden Korrespondentinnen der feministischen Nachrichtenagentur JinNews, Habibe Eren und Öznur Değer, sowie die freie Journalistin Eylül Deniz Yaşa, sind gewaltsam festgenommen worden. Der MA-Reporter Mehmet Günhan, der die Zusammenkunft der Aktivistinnen für die Nachrichtenagentur Mezopotamya begleitete, wurde von Sicherheitskräften geschlagen und gewürgt. Zudem ist sein Presseausweis beschlagnahmt worden. In welche Polizeiwache die festgenommenen Frauen gebracht worden sind, ist unterdessen unklar.
Die Polizei begründete den Übergriff auf die Kundgebung als Maßnahme zur Bekämpfung der Corona-Pandemie. Ansammlungen in der Öffentlichkeit seien auch bei der Einhaltung der Abstandsregelungen untersagt. Die Frauenplattform Ankara hatte lediglich vor dem Rathaus im Regierungsviertel Çankaya eine Presseerklärung abgeben wollen.
Festgenommene Aktivistinnen im Polizeifahrzeug
Nach dem Übergriff versammelten sich die Frauen im nahegelegenen feministischen Begegnungszentrum Mor Mekan. Das Gebäude wird derzeit von der Polizei belagert. Die Lage bleibt angespannt.
Auch in anderen Städten der Türkei und Nordkurdistans sind Frauen heute auf die Straßen gegangen, um nach dem Verbleib von Gülistan Doku zu fragen. Vor genau einem Jahr ist die in Amed (tr. Diyarbakir) geborene Pädagogik-Studentin, die zu dem Zeitpunkt 21 Jahre alt war, in Dersim spurlos verschwunden. Die polizeilichen Ermittlungen dauern formal noch an, aber das reicht der Familie und Frauenorganisationen nicht. Die Ermittlungen werden als unzureichend angesehen.