Frauenorganisationen fordern Handeln gegen Besatzung von Efrîn

Frauenorganisationen aus Syrien fordern ein sofortiges Handeln gegen die Besatzung von Efrîn. Die jüngsten Konflikte zwischen den von der Türkei befehligten Milizen verdeutlichen ein weiteres Mal, dass Frauen am meisten unter der Invasion leiden.

Am 20. Januar 2018 begann die türkische Invasion in Efrîn. War es der Region im gleichnamigen nordsyrischen Kanton mit der Revolution von Rojava gelungen, sich im Machtvakuum des syrischen Bürgerkriegs größtenteils von der Herrschaft des Baath-Regimes zu befreien und inmitten eines türkisch-dschihadistischen Kessels eine basisdemokratische Gesellschaftsform nach dem Modell des flexiblen, multikulturellen, antimonopolistischen und konsensorientierten „Demokratischen Konföderalismus“ – die Etablierung einer freiheitlichen, ökologischen, geschlechterbefreiten Gesellschaft – aufzubauen und sich trotz Bedrohungen von außen ökonomisch, kulturell und politisch weiterzuentwickeln, brachte die „Operation Olivenzweig“, wie die türkische Regierung ihren völkerrechtswidrigen Angriff zynisch nennt, Leid, Tod und Zerstörung. Seit Beginn der Besetzung von Efrîn stehen in der einst sichersten Region ganz Syriens Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen auf der Tagesordnung. Die Türkei praktiziert neben einer klassischen Kolonialpolitik nach wie vor ihre Politik der ethnischen Säuberungen, durch die bisher Hunderttausende Menschen aus ihren angestammten Siedlungsgebieten vertrieben wurden. Die demografische Veränderung zu Gunsten der Türkei und ihren islamistischen Invasionskorps, Verbrechen wie Entführungen, Folter, Erpressung und Morde geschehen mit faktischer Billigung durch die internationale Staatengemeinschaft.

Unter der Invasion leiden insbesondere die Frauen Efrîns. Allein zwischen März 2018 und November 2019 dokumentierte der Menschenrechtsverein Efrîn 1200 Fälle von Gewalt durch die Besatzungstruppen. Demnach wurden 40 Frauen ermordet, 60 Frauen wurden zum Ziel sexualisierter Gewalt, hundert Frauen wurden körperlich gefoltert und fast 1000 Frauen verschleppt. Die Dunkelziffer dürfte weit höher liegen. Mindestens fünf Frauen haben sich im gleichen Zeitraum infolge der Gewalt der Besatzer das Leben genommen.

Die jüngsten Auseinandersetzungen zwischen einzelnen Milizen des Proxy-Invasionskorps der Türkei, die Efrîn de facto in geografische Einflusszonen aufgeteilt haben und immer wieder in Konflikt geraten – häufig sind Streitigkeiten um die Verteilung von Beute, Lösegeldern oder Schutzgeldern die Ursache – haben das schreckliche Ausmaß der Verbrechen der Besatzungstruppen gegen Frauen zutage gefördert. Etliche kurdische Frauen, viele davon Ezidinnen, befinden sich nach wie vor in den Gefängnissen der von der Türkei befehligten Milizen, werden gefoltert und sexuell missbraucht. Videos, die in Online-Netzwerken auftauchten, zeigen unter anderem die Evakuierung von verschleppten und inhaftierten weiblichen Gefangenen, die in einem Internierungslager der Miliz „Furqat al-Hamza” gefunden wurden. Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Efrîn waren sie zu dem Zeitpunkt nackt und gefesselt. Zwei der Frauen konnten inzwischen identifiziert werden, bei einer handelt es sich um eine Krankenschwester.

Vor diesem Hintergrund haben elf Frauenorganisationen aus Syrien einen gemeinsamen Appell veröffentlicht, in dem ein unverzügliches Handeln gegen die Besetzung Efrîns gefordert wird: „Wir als die Frauen Syriens rufen die internationale Gemeinschaft, alle Menschenrechtsorganisationen und Frauenbewegungen auf, ihr Schweigen zu brechen und ihren Beitrag zur Beendigung der türkischen Besatzung zu leisten. Wir fordern die Vereinten Nationen und Menschenrechtsorganisationen auf, einen Untersuchungsausschuss einzurichten, um die Täter dieser Verbrechen, bei denen es sich um Kriegsverbrechen handelt, zu verhaften und die notwendige Unterstützung zum Schutz der Frauen und zur Unterstützung ihres Widerstands zu leisten. Denn trotz all dieser Praktiken, denen die Frauen Efrîns ausgesetzt sind und die darauf abzielen, den bewussten und organisierten Willen der Frauen zu brechen, haben ihr Beharren auf Widerstand und ihr Kampf für den Aufbau einer freien und demokratischen Gesellschaft sie zu einem Symbol gemacht, dem internationale Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte.”

*Kongreya Star Rojava

*Syrischer Frauenrat

*Syriac Women Union

*PYD-Frauenrat

*Frauenkoordination der autonomen Administration der Cizîrê-Region

*Frauenrat des Demokratischen Syrienrats

*Frauenbüro der arabischen Nationabehörde

*Frauenbüro der Zukunftspartei Syriens

*Frauenrat Nord- und Ostsyriens

*SARA – Organisation gegen Gewalt an Frauen