Femizid an Besma A.: UTAMARA fordert Gerechtigkeit

Vor einem Jahr ist Besma A. von ihrem Ehemann erschossen worden. Die Frauenbegegnungsstätte UTAMARA e.V. fordert die lückenlose Aufklärung des Femizids und benennt Maßnahmen zum Schutz von Frauen vor Gewalt.

Die Frauenbegegnungsstätte UTAMARA e.V. weist ein Jahr nach dem Femizid an Besma A. darauf hin, dass der Tod der 27-Jährigen kein „tragisches Unglück“ war. In einer anlässlich des Todestages abgegebenen Erklärung der Einrichtung mit Sitz in Kasbach-Ohlenberg heißt es:

Vor einem Jahr, in der Nacht auf den 15. April 2020, wurde Besma A. im Schlaf von ihrem Ehemann C.A. erschossen. Laut seiner Aussage löste sich versehentlich ein Schuss bei der Reinigung der Waffe. Da der Täter unter erheblichem Alkoholeinfluss stand, wurde er kurzerhand als haftunfähig befunden und auf freien Fuß gesetzt. Auch die erste Ehefrau des Täters war von Gewalt durch C.A. betroffen und musste klinisch behandelt werden.

Als Frauenbegegnungsstätte UTAMARA wissen wir aufgrund unserer langjährigen Erfahrungen in Beratung und Gewaltprävention, dass die Tötung der Ehefrau im eigenen Haushalt mit einer illegal erworbenen Waffe kein Versehen ist. Zwei Monate nach der Tat haben wir zusammen mit dem Dachverband des Êzidischen Frauenrats SMJÊ einen Offenen Brief an Justiz-, Innen- und Familienministerien von Bund und Land Niedersachsen mit dem Titel „Ein Frauenmord ist kein Versehen und kein Einzelfall“ verfasst, der von zwölf großen Frauenorganisationen sowie weiteren 300 Verbände und Einzelpersonen unterzeichneten wurde. Weitere vier Monate später wurde C.A. dann verhaftet, der Tatvorwurf: Mord.

Die aktuelle Berichterstattung des Mordprozesses gegen den Todesschützen von Besma A. lässt deutlich erkennen, dass die Verteidiger*innen weiterhin die Strategie des „tragischen Unfalls“ verfolgen. Wir möchten daran erinnern, dass eben genau diese Art der Verteidigung verharmlost und zu Straflosigkeit bei Femizid führt. Das Strafrecht ermöglicht es dem Täter diesen Weg zu wählen um sich seiner „Ehefrau zu entledigen, ohne dabei die Kinder zu verlieren“ (Zitat Staatsanwaltschaft Göttingen). Hiermit wird der Staat durch seine Gesetzgebung mitschuldig.

In diesem Jahr sind laut Zählungen feministischer Aktivist*innen bereits mehr als 40 Frauen durch die Hände ihrer (Ex-)Partner gestorben, ermordet aufgrund ihres Geschlechts, weil sie Freundin, Partnerin, Ehefrau oder Schwester waren. Dabei handelt es sich um Femizide. Statistisch betrachtet ist der gefährlichste Mensch im Leben einer Frau der männliche Partner.

Wir fordern deshalb erneut mit Nachdruck eine lückenlose Aufklärung des Femizids an Besma A. unter expliziter Berücksichtigung der Signalwirkung für alle Frauen und Männer in diesem Land.

Wir fordern:• Frauen immer ernst zu nehmen, wenn sie Anzeige erstatten.• Frauen den bestmöglichen Schutz vor Gewalt zu bieten.• Alles zu tun, um die Einstellung von Strafverfahren zu reduzieren und lückenlos zu ermitteln! • Klare Richtlinien und Gefährlichkeitseinschätzungen für U-Haftanträge zu erstellen! • Verpflichtende Schulungen für Jurist*innen, Anwält*innen, Staatsanwält*innen und Richter*innen einzuführen, für mehr Sensibilisierung und für ein besseres Verständnis von Traumatisierung, geschlechtsspezifischer Gewalt an Frauen, Täterstrategien und Manipulation von Gewalttätern • Das Budget für den Gewalt- und Opferschutz substanziell zu erhöhen!• Eine Reform des Tötungsstrafrechts und die Einführung von Femizid als ein strafverschärfendes Merkmal im Strafgesetz • Eine aussagekräftige statistische Erfassung bundesweiter Femizide • Die sofortige Umsetzung der Istanbul-Konvention: Bundesweit fehlen über 14.000 Frauenschutzplätze.

Gewalt an Frauen ist und bleibt politisch.