Die feministische Organisierung „Gemeinsam kämpfen! Für Selbstbestimmung und Demokratische Autonomie“ verurteilt den Angriffskrieg der Türkei gegen Südkurdistan und ruft zum Widerstand auf. „Es ist inakzeptabel, dass die Medien und die Weltöffentlichkeit schweigend zusehen, wie ein Vernichtungskrieg gegen die Kurd:innen geführt wird“, erklärt die Kampagne.
„Zunehmend zeigt der türkische Staat faschistoide Tendenzen, wodurch die Möglichkeit einer politischen Lösung des Konflikts immer weiter in die Ferne rückt. Es gibt keine freie Presse mehr, zehntausende Oppositionelle sind in Haft, Wahlen werden gefälscht. In diesem Moment finden in drei Teilen Kurdistans zeitgleich militärische Angriffe auf einem extrem hohen Niveau statt.
In der nordirakischen Autonomieregion Kurdistan wurden innerhalb von fünf Tagen fast 200 Luftschläge durch die türkische Armee verübt und allein in der Region Şîladizê sind nur noch sieben von 93 Dörfern bewohnt. Auch an der türkisch-iranischen Staatsgrenze finden Bombardements durch die türkische Luftwaffe statt.
Erneut haben die Drohnen- sowie Artillerieangriffe auch auf nordostsyrischem Gebiet zugenommen. Erst am Mittwoch wurden drei unserer Freundinnen, Kämpferinnen der Frauenverteidigungseinheiten YPJ (Dilar, Ronahî und Kobanê) durch einen grenzüberschreitenden, völkerrechtswidrigen Drohnenangriff in Kobanê getötet. Insbesondere die Stadt Kobanê steht symbolisch für den erfolgreichen Widerstand gegen den selbsternannten „Islamischen Staat“. Hier fand der erste Sieg gegen den „IS“ statt, ein Kampf, der über 14.000 Menschen das Leben kostete. Die Kämpferinnen der YPJ standen an vorderster Front in Kobanê.
Die Unterstützung für den sogenannten Islamischen Staat seitens der Erdoğan-Regierung ist bekannt, es ist deutlich, dass das Regime direkt mit dem „IS“ zusammenarbeitet, wie zuletzt beim Ausbruchversuch von IS-Dschihadisten in Hesekê, der durch türkische Luftschläge unterstützt wurde.
Der Angriff auf Kobanê und die Ermordung der drei jungen Frauen ist ein Angriff sowohl auf den Widerstand von Frauen als auch auf den Kampf gegen den „IS“.
Die militärischen Angriffe treffen die Zivilbevölkerung in unbeschreiblichem Ausmaß.
Neben dem türkischen Staat sind der irakische Staat sowie die kurdische Partei KDP weitere Aggressoren. Die KDP hat sich inzwischen vollkommen der Türkei unterworfen und beteiligt sich daran, dass das Land der Kurd:innen durch Erdogans Truppen besetzt wird, wie schon zuvor Efrîn und Serêkaniyê. Die Region Şengal (letztes Siedlungsgebiet der Ezid:innen) wird aktuell von der irakischen Armee angegriffen, wobei unsere Freundin, die YJŞ-Kämpferin Faraşîn Şengalî getötet wurde. Der irakische Staat versucht die Selbstverteidigungskräfte der Ezid:innen zu entwaffnen, wodurch sie wieder der Schutzlosigkeit gegenüber Genoziden ausgesetzt wären.
Die Intensität der psychologischen und infrastrukturellen Kriegsführung steht der militärischen nicht nach. An allen Staatsgrenzen, die Kurdistan zerteilen, werden meterhohe Mauern errichtet, um die Zivilbevölkerung voneinander zu trennen. Insbesondere in der Region Şengal entspricht dies auch einer psychischen Fortführung des seit 2014 durch den „IS“ anhaltend verübten Genozid und Feminizid. So war der durch HPG- und YPG-/YPJ-Einheiten eingerichtete und beschützte Fluchtkorridor für die im Hochsommer im Zerdeşt-Gebirge eingeschlossenen Ezid:innen die einzige Möglichkeit, sich in Sicherheit zu bringen.
Der völkerrechtswidrige Angriffskrieg des russischen Staates gegen die Ukraine darf uns nicht blind machen für andere Gräueltaten auf der Welt. Krieg ist Ausdruck des patriarchalen Systems, überall.
Bei dem aktuellen Vernichtungskrieg gegen die progressivste Kraft im Nahen Osten, die kurdische Bewegung, soll auch unser Traum von einer anderen Welt, zerbombt und vernichtet werden, ohne Rücksicht auf Mensch und Natur. Die Revolution in Rojava, der Versuch eine geschlechtergerechte, ökologische und vielfältige Gesellschaft aufzubauen, soll nicht weiter existieren und damit unsere Hoffnung auf eine andere Welt im Keim erstickt werden.
Wir rufen daher alle Menschen, alle progressiven Kräfte, alle FrauenLesbenInterNonbinaryTrans dazu auf, sofort aktiv zu werden. Beteiligt euch an den Aktionen in eurer Stadt oder initiiert selbst welche. Informiert Menschen über diesen Krieg, geht in Diskussion, zeigt Protest und Solidarität.
Lassen wir die kämpfenden Frauen nicht allein, eine andere Welt ist möglich!“