Emine Beyza Üstün: „Die Solidarität hat Kobanê gerettet“

In Ankara ist der „Kobanê-Prozess“ fortgesetzt worden. Eine der 108 Angeklagten ist die promovierte Ökologin Emine Beyza Üstün. Sie machte vor Gericht deutlich, dass sie als Politikerin und Akademikerin für ein gleiches und freies Leben eintritt.

In Ankara ist der Prozess gegen 108 Angeklagte im Zusammenhang mit den Protesten gegen den IS-Angriff auf Kobanê im Oktober 2014 fortgesetzt worden. Die angeklagte Umweltingenieurin und frühere Abgeordnete Emine Beyza Üstün, die zum damaligen Zeitpunkt Mitglied im Ökologie-Ausschuss der HDP war, erklärte vor Gericht: „Als Politikerin und Akademikerin bin ich zum Schutz eines gleichen und freien Lebens entschlossen. Davon mache ich keine Abstriche.“

Ihre Verteidigung vor Gericht leitete Üstün mit dem Gedenken an Deniz Poyraz ein, die bei dem Angriff auf die HDP in Izmir getötet worden war: „Wir sind Deniz, Deniz ist unsere Weggefährtin. Sie hat mit uns zusammen den Frauenkampf vergrößert und sich jeden Moment für den Kampf eingesetzt, der uns alle repräsentiert. Ich gedenke Deniz mit Respekt und wünsche ihrer Mutter Geduld.“ Der Mord an Deniz und der „Kobanê-Prozess“ seien ein Abbild dessen, was die Völker der Türkei erlebten, sagte Üstün und wies darauf hin, dass der Angreifer eine Spezialausbildung hatte und der Anschlag zeitlich mit diesem Verfahren und dem Verbotsantrag gegen die HDP zusammenfalle. Es handele sich um einen organisierten Anschlag, der eine eindeutige Drohung beinhalte.

Üstün antwortete in ihrer weiteren Erklärung auf den Vorwurf der Anklage, die HDP sei Drahtzieher der damaligen Massenproteste gewesen und habe dazu aufgehetzt. Die Professorin belehrte das Gericht, dass die in der Anklageschrift aufgeführten Tweets Solidaritätsaufrufe gewesen seien und das ein Unterschied ist: „Von Aufhetzung kann nicht die Rede sein, zwischen einer hetzerischen Sprache und einer solidarischen Sprache gibt es einen ernsten Unterschied. Dementsprechend müssen auch die Aufrufe gelesen werden. Wir haben uns politisch dafür eingesetzt, dass die Vorfälle vom 6. bis 8. Oktober nicht weiter fortgesetzt werden. Dafür haben wir direkt mit der Regierung der Türkei Kontakt aufgenommen.“ Die Gewalt während der Proteste sei durch Polizeischüsse ausgelöst worden, die internationale Solidarität hingegen habe Kobanê gerettet.

Üstün wies alle Anschuldigungen zurück und sagte: „Ich habe keine Straßen blockiert und das hat auch niemand sonst hier getan. Ich habe keine dieser Straftaten begangen. Ich kann auch keine Beweise für eine Straftat vertuschen, die nie begangen worden ist. Ich habe niemanden getötet, keiner meiner Freunde hat jemanden getötet. Ich habe weder damals noch vorher oder hinterher eine Waffe in der Hand gehalten. Ich habe noch nie geplündert. Ich habe immer und überall für Freiheit und den Schutz des Lebens vor den Interventionen der politischen Machthaber und den Angriffen des Kapitalismus gekämpft. Das tue ich auch weiterhin, dafür mache ich Politik.“

Zur Politik der HDP erklärte Üstün: „Die HDP ist die Grundlage, auf der Politikerinnen und Politiker zusammenkommen, die genau wie ich die Ausbeutung beenden und ein gleiches und freies Leben aufbauen wollen und die nach Lösungen für die Probleme in diesem Land suchen, insbesondere für die kurdische Frage. Schauen Sie doch einfach noch einmal in die Parteisatzung.“