Frauenseminar in Qamişlo: Der türkische Staat terrorisiert Frauen

Auf einem Arbeitstreffen des Frauenrats von Nord- und Ostsyrien sind die Verbrechen des türkischen Staats an Frauen in den besetzten Gebieten diskutiert worden.

In der nordsyrischen Stadt Qamişlo hat ein Arbeitstreffen von verschiedenen Frauenorganisationen zur Gewalt gegen Frauen durch die Besatzungstruppen in Nord- und Ostsyrien stattgefunden. An dem Treffen nahmen der Frauenverband der Suryoye, der Frauenrat von Nord- und Ostsyrien, der Frauendachverband Kongreya Star sowie Vertreterinnen von Parteien, von TEV-DEM, von Menschenrechtsorganisationen, der Selbstverwaltung und vieler weiterer Frauenkomitees und -organisationen teil.

Tagtäglich Morde und sexualisierte Gewalt“

Siham Dawûd, Generalsekretärin der Zukunftspartei Syriens (Hizbul Suri Mustakbel), erklärte: „Es werden insbesondere politische Frauen ins Visier genommen, um die Stimme für Frieden und eine Lösung der Krise in Syrien zum Schweigen zu bringen. Der türkische Staat übt Terror gegen Frauen aus. Jeden Tag gibt es Morde, sexualisierte Gewalt, Verhaftungen und Vertreibungen. Mit den Angriffen auf organisierte Frauen soll der Freiheitswillen von Frauen gebrochen werden. Erdoğan hat eine regelrechte Phobie gegen die Frauen von Nord- und Ostsyrien und fürchtet das Lösungsmodell der demokratischen Autonomie.“

Es handelt sich um Kriegsverbrechen“

Amrim Xelife vom Rechtsbüro Smart betonte auf der Sitzung: „Zivile Frauen, Männer und Kinder haben ein Recht auf Schutz. Bewaffnete Gruppen dürfen die Zivilbevölkerung nicht angreifen. Die Gesetze verbieten keinen Krieg, aber sie stellen die Rechte der Zivilbevölkerung unter Schutz. Mit der ersten Genfer Konvention und dem Zusatzprotokoll von 1977 wurden auch Verwundete unter Schutz gestellt.“

Die Teilnehmerinnen am Arbeitstreffen kritisierten, dass auf internationaler Ebene niemand von der Türkei Rechenschaft verlange. Auch der Mord an der Generalsekretärin der Zukunftspartei Syriens Hevrîn Xelef sei ungesühnt geblieben. Hevrîn Xelef war am 12. Oktober 2019 im Zuge des Angriffskrieges der Türkei gegen Nordsyrien zusammen mit ihrem Fahrer nahe Qamişlo ermordet worden. Mitglieder des sogenannten „Bataillon 123” der Dschihadistenmiliz „Ahrar al-Sharqiya“, die dem Proxy-Invasionskorps SNA („Syrische Nationale Armee”) angehört, hatten Xelef aus ihrem Wagen gezerrt und ihren Körper verstümmelt, bevor sie hingerichtet wurde. Laut Obduktionsbericht wies die Leiche der Politikerin zahlreiche Verletzungen auf, darunter viele Schusswunden, Brüche an Beinen, Gesicht und Schädel. Ihre Kopfhaut war teilweise abgelöst.

Bilanz der Gewalt

Die Ko-Vorsitzende der Menschenrechtsorganisation von Cizîrê, Evîn Cuma, legte die Zahlen erfasster Verbrechen vor. „Innerhalb von drei Jahren haben wir 53 Frauenmorde, 128 Verletzungen und 61 Fälle von sexualisierter Gewalt dokumentiert. Fünf Frauen haben sich aufgrund von Folter und Übergriffen das Leben genommen. 317 Frauen wurden entführt und gegen Lösegeld freigelassen. In den im Rahmen der ‚Operation Friedensquelle‘ besetzten Gebieten um Serêkaniyê und Girê Spî wurden 23 Frauen getötet, zwei Fälle von sexualisierter Gewalt wurden dokumentiert, sechzig Frauen wurden bei Bombenangriffen verletzt und zwölf Frauen entführt“, erklärte sie.

Am Ende des Treffens forderten die Frauen neben internationaler Aufmerksamkeit insbesondere psychologische und gesellschaftliche Unterstützung für die betroffenen Frauen.