Bürgermeisterin von Qerqelî nach Erzîrom verlegt

Die seit Anfang Dezember inhaftierte abgesetzte Ko-Bürgermeisterin von Qerqelî, Dilan Örenci, ist aus Wan nach Erzîrom verlegt worden. Damit ignoriert die türkische Justiz ein weiteres Mal ein Urteil des EGMR.

Die wegen Terrorvorwürfen inhaftierte abgesetzte Ko-Bürgermeisterin der kurdischen Stadt Qerqelî (Özalp, Provinz Wan/Van), Dilan Örenci, ist aus dem T-Typ-Hochsicherheitsgefängnis in Wan in eine Haftanstalt im knapp 500 Kilometer entfernten Erzîrom verlegt worden. Mit der Maßnahme wendet die türkische Justiz ein weiteres Mal die Strafanstalts-Methode der „Zerstreuung“ an. Die Handlung besteht aus dem Transferieren von Gefangenen in entfernt liegende Gefängnisse, um sie von ihrem sozialen Umfeld zu isolieren und ihre Angehörigen durch überlange Anreisen zu bestrafen. Damit ignoriert der Justizapparat zudem ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR), der in der Methode einen Verstoß gegen Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention sieht. Der Artikel regelt das Recht auf Achtung des Privatlebens.

Die kurdische Politikerin Dilan Örenci befindet sich seit dem 6. Dezember 2019 in Haft. In der hanebüchene Anklageschrift wird ihr „Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung” und „Terrorpropaganda” vorgeworfen. Als Begründung lieferte die Staatsanwaltschaft eine anonyme Whatsapp-Nachricht mit dem Inhalt: „Die Bürgermeisterin von Özalp, Dilan Örenci, hat große Mengen an Geld sowohl bei der Bevölkerung gesammelt, als auch aus den Kassen der Stadtverwaltung genommen. Das Geld wird an die PKK geschickt. Zu ihrer Kenntnis. Das geschieht, ohne irgendeine Spur zu hinterlassen.“ Auch ein Bild von Örenci, wie sie an einer Kundgebung der Frauenbewegung teilnimmt, hat seinen Weg in die Anklageschrift gefunden.

Örenci leidet unter der seltenen Erbkrankheit HAE (Hereditäre Angioödem). Das Hereditäre Angioödem ist eine genetische Erkrankung, bei der es zu immer wiederkehrenden Schwellungen (Ödemen) der Haut, Schleimhäute und an inneren Organen kommt, die unter Umständen lebensbedrohlich sein können. Im Gefängnis kann eine adäquate Behandlung nicht gewährleistet werden. Wenige Tage nach ihrer Inhaftierung war sie aufgrund massiver gesundheitlicher Probleme bereits in ein Krankenhaus eingwiesen worden.