Kurdische Politikerin Sara Kaya nach Tarsus verlegt

Die inhaftierte ehemalige Bürgermeisterin von Nisêbîn, Sara Kaya, ist aus Wan in ein Gefängnis in der Westtürkei verlegt worden. Die Strafgesetze sehen zwar eine heimatnahe Verbüßung vor, für die türkische Justiz ist dies aber nur eine Randnotiz.

Die kurdische Politikerin Sara Kaya ist aus einem Hochsicherheitsgefängnis in der nordkurdischen Provinz Wan (Van) in eine Haftanstalt im westtürkischen Tarsus verlegt worden. Die ehemalige Ko-Bürgermeisterin von Nisêbîn (Nusaybin, Provinz Mêrdîn/Mardin) befindet sich seit Januar 2017 in Untersuchungshaft. Sie wird beschuldigt, während der türkischen Militärbelagerung in Nisêbîn und anderen kurdischen Städten in den Jahren 2015-2016 im Zuge des Widerstands für die zuvor ausgerufene Selbstverwaltung „die Einheit und territoriale Integrität des Staates“ gefährdet zu haben. Unter anderem stützt sich die Anklage gegen die Politikerin auf den Vorwurf, „Fahrzeuge der Stadtverwaltung Mitgliedern einer Terrororganisation zur Verfügung gestellt“ zu haben. Die Staatsanwaltschaft fordert erschwerte, lebenslange Haft. Das Verfahren gegen sie dauert noch an.

Nach ihrer Verhaftung vor knapp drei Jahren war Sara Kaya zunächst in ein Gefängnis in Mêrdîn überstellt worden. Nur sechs Wochen später verlegte man sie nach Wan. Seit dem Wochenende befindet sie sich im 930 Kilometer entfernten Tarsus im Südwesten der Türkei. Zwar sehen die Strafgesetze eine heimatnahe Verbüßung vor, aber für die türkische Justiz ist dies nur eine Randnotiz, die nicht weiter interessiert. Ähnlich wie im Baskenland, wo politische Gefangene in ganz Spanien und Frankreich verteilt werden, so dass ihre Familien und Angehörigen meist hunderte Kilometer und teilweise mehr für einen Kurzbesuch reisen müssen, gehen auch die Behörden in der Türkei vor und verlegen die Gefangenen in möglichst weit vom Wohnort entfernte Gefängnisse. Bei etlichen dieser Besuche und Millionen von gefahrenen Kilometern kamen bereits viele Angehörige bei Verkehrsunfällen auf der Autobahn ums Leben. Dazu kommt die enorme finanzielle Belastung für die Angehörigen, da manche auf Reisekosten kommen, die ihr Einkommen übersteigen.

Wie im Baskenland fordern auch Menschenrechtsorganisationen in Kurdistan und der Türkei schon lange, dass die über die türkischen Provinzen verstreuten politischen Gefangenen in Heimatnähe verlegt werden, damit die Doppelbestrafung ein Ende findet. Dabei stoßen sie allerdings auf taube Ohren.