Aufklärung der Todesumstände von Rojin Kabaiş gefordert

In Wan haben Menschen für eine lückenlose und transparente Aufklärung der Todesumstände von Rojin Kabaiş demonstriert. Sie glauben nicht an die früh aufgekommene Selbstmordtheorie.

Verdächtiger Tod von 21-jähriger Studentin

Mit einem Demonstrationszug unter dem Motto „Der Kampf für Rojin ist ein Kampf für alle Frauen“ haben am Freitag viele Menschen in Wan (tr. Van) protestiert. Vor dem Hintergrund stockender Ermittlungen um die Todesumstände der Kurdin Rojin Kabaiş forderten sie eine lückenlose und transparente Aufklärung. Dazu gehöre auch, die durch die für den Fall zuständige Staatsanwaltschaft verfügte Geheimhaltungsklausel aufzuheben. Die Rechtsanwaltskammer in Wan unterstützt dieses Anliegen und war die Veranstalterin der Demonstration.

„Von Gülistan bis Rojin – Für jede verschwundengelassene Frau fordern wir Rechenschaft“ © MA

Die 21-jährige Rojin Kabaiş war im September verschwunden, nachdem sie ihr Wohnheim auf dem Universitätsgelände in Wan verlassen hatte. Sie studierte Pädagogik im ersten Semester und war erst zwei Tage vor ihrem Verschwinden für ihr Studium aus Amed (Diyarbakır) nach Wan gekommen. Ihre Leiche wurde am 15. Oktober am Ufer des Wan-Sees gefunden. Es sei von einem Selbstmord und einem Tod durch Ertrinken auszugehen, hieß es direkt zu Beginn der Ermittlungen. Ihre Familie hingegen hält einen Suizid für ausgeschlossen.

Nizamettin Kabaiş © MA

Rojin sei nicht suizidal gewesen, sagte ihr Vater Nizamettin Kabaiş, der sich an dem Protestmarsch beteiligte. „Ungereimtheiten bei der Darstellung der Todesumstände und Verschleierungen wichtiger Informationen seitens der Verantwortlichen des Studierendenwohnheims geben zudem Anlass zur Befürchtung eines Feminizids an meiner Tochter“, ergänzte er. Darauf wies auch die mit der Akte betraute Rechtsanwältin Medine Turantaylak hin.

Die Leitung des Studierendenwohnheims habe die Strafverfolgungsbehörden und die Familie von Rojin erst über 24 Stunden nach ihrem Verschwinden informiert. Und auch der Ablauf der behördlichen Suche nach der jungen Frau sei in Teilen „fragwürdig“ gewesen und die Leiche von Rojin Kabaiş erst 18 Tage nach ihrem Verschwinden an einer zwanzig Kilometer weit entfernten Stelle zufällig gefunden worden, so die Juristin. „Diverse Fragen wirft auch ein Gutachten des rechtsmedizinischen Instituts auf“, betonte Turantaylak.

Der Protestmarsch startete vor dem Wohnheim, in dem die Studentin zuletzt lebte © MA

Demnach seien an der Leiche von Rojin die DNA-Spuren von zwei Männern gefunden worden, die bisher aber nicht von den Ermittlungsbehörden ausfindig gemacht werden konnten. Als „äußerst bedenklich“ bezeichnete die Rechtsanwältin auch das Verhalten der Mitbewohnerin im Zimmer von Rojin im Studentinnenwohnheim. Diese verweigere beharrlich den Kontakt zur Familie ihrer umgekommenen Kommilitonin. „Jeder unserer Kämpfe, jede Auflehnung ist ein Schritt, den wir setzen, um Licht ins Dunkel zu bringen. Wir werden nicht aufhören, diesen Weg zu gehen. „Wir sind es Rojin schuldig, dass sorgfältig aufgeklärt wird, was ihr zugestoßen ist.“