Aktionstag gegen patriarchale Gewalt in Berlin

In Berlin hat ein vom Netzwerk gegen Feminizide veranstalteter Aktionstag gegen patriarchale Gewalt stattgefunden. Anlass war der Mord an Besma Akinci vor einem Jahr.

Das Netzwerk gegen Feminizide Berlin hat am Samstag einen Aktionstag mit dem Titel „Wir wollen uns lebend - Unser Kiez verteidigt sich gegen Feminizide“ im Wedding abgehalten. Damit wurde den ganzen Tag lang im öffentlichen Raum ein Anlaufpunkt für die Nachbarschaft geschaffen, um solidarische Netzwerke gegen patriarchale Gewalt zu knüpfen. Der Aktionstag fand anlässlich des Jahrestags der Ermordung von Besma Akinci statt.

„Die Garantie unserer Freiheit ist die Selbstverteidigung“, stand auf einem Banner an einer Statue mitten auf einem Platz in Berlin-Wedding. Dieser Platz wurde am 25. November vom Berliner Netzwerk gegen Feminizide zum Widerstandsplatz erklärt und im Januar mit einer Kundgebung eingeweiht. „Im Fall von Feminiziden in Berlin ist der Platz nun ein Ort, an dem der Wut und der Trauer über die systematische Ermordung von Frauen und feminisierten Körpern Ausdruck verliehen wird“, erklärt das Netzwerk:

„Dass Selbstverteidigung die Garantie unserer Freiheit ist, war auch ein Grund, weshalb das Netzwerk einen Aktions- und Workshoptag auf dem Widerstandsplatz veranstaltete. Dieser verwandelte sich einen ganzen Tag lang zu einem Ort, an dem Menschen zusammenkommen konnten, um patriarchale Gewalt sichtbar zu machen und Wege zur Selbstverteidigung zu finden.“

Zum Ablauf des gestrigen Aktionstages teilt das Netzwerk mit: „Zunächst wurde gemeinsam der Platz saubergemacht und dekoriert, wozu auch offen eingeladen wurde und was bereits Sichtbarkeit, eine kleine Auseinandersetzung, aber vor allem Zuspruch und einige Gespräche auf dem Platz bewirkte. Es wurde neben Bannern auch eine Wäscheleine aufgehängt, die mit roter Kleidung auf sich aufmerksam machte und an der eine Ausstellung zu Feminiziden und Selbstverteidigung befestigt war.“ Außerdem wurden eine kleine Bibliothek und ein Infotisch mit Broschüren aufgestellt. Hier konnten Vorbeilaufende Kontakt mit dem Netzwerk gegen Feminizide und der Frauenkommune Wedding herstellen.

Von Gemeinsam Kämpfen gestaltete Wäscheleine

Zu Beginn des Programms stellten sich der kurdische Frauenrat Dest-Dan, die Frauenkommune Wedding und das Netzwerk gegen Feminizide vor. Anschließend fanden zwei Workshops statt. Der Workshop „Was kann ich gegen Feminizide tun?“ wurde von der Frauenbegegnungsstätte UTAMARA e.V. angeboten und behandelte Fragen wie „Was ist Gewalt?“, „Was ist patriarchale Gewalt?“ und „Was tun als Person, Gesellschaft oder als Kiez?“. Die Antworten wurden mit bunten Zetteln auf einer Wäscheleine visualisiert. Auch Schaubilder, Definitionen und Erfahrungen, welche die Referentin von UTAMARA e.V. mitbrachte, flossen mit in den Workshop ein.

Der zweite Workshop hieß „Selbstbehauptung gegen männliche Gewalt“ und war ein Wen-Do-Workshop. Wen-Do ist eine Form der Selbstverteidigung und Selbstbehauptung für Frauen und Mädchen. Der Name setzt sich aus Wen, einer Abkürzung für das englische women (Frauen), und do, japanisch für Weg, zusammen. Es bedeutet also „Weg der Frauen“.

Während dieser Workshop nicht für „Cis-Männer“ war, fand gleichzeitig eine kleine Runde statt, bei der Männer eingeladen wurden, sich selbstkritisch über die eigene Betroffenheit und Privilegien auszutauschen sowie Perspektiven im Kampf gegen das Patriarchat zu finden.

Danach gab es Musik und ein offenes Mikrofon mit Redebeiträgen und einem Poetryslam. So kam es zu einem öffentlichen Austausch über patriarchale Gewalt und das Thema „Wir wollen uns lebend“. Anschließend wurde ein Video in Solidarität mit den kämpfenden Frauen, Lesben, Trans- und Inter-Personen in der Türkei und Nordkurdistan gemacht, die mit dem Austritt aus der Istanbul-Konvention konfrontiert sind. Der Tag fand einen Ausklang mit gemeinsamen Tanzen, Singen und Musik.

Die Aktion auf dem Widerstandsplatz fand im Gedenken an Besma Akinci statt. Besma Akinci wurde vor einem Jahr von ihrem Ehemann in den eigenen vier Wänden erschossen. Der Täter wurde zunächst nicht inhaftiert. Im Mai 2020 forderten über 300 Einzelpersonen und Organisationen mit dem Offenen Brief „Ein Frauenmord ist kein Versehen und kein Einzelfall" eine lückenlose Aufklärung des Feminizids. Monate später wurde der Täter verhaftet und wegen Mordes angeklagt. Dieser Fall zeigte, dass Selbstverteidigung eben auch Organisierung ist.