18. Filmmor Frauenfilmfestival hat begonnen

Das normalerweise als Wanderfestival veranstaltete Filmfestival der Istanbuler Frauenkooperative Filmmor findet in diesem Jahr aufgrund der Corona-Krise online statt. Neben feministischem Kino umfasst das Programm Interviews, Workshops und Panels.

Feministisch konsequent, frauenpolitisch, aufschlussreich – so zeigt sich das von der Istanbuler Frauenkooperative Filmmor organisierte Frauenfilmfestival seit siebzehn Jahren. Mit ihren Filmvorführungen kämpfen die Filmemacherinnen gegen die chauvinistische Männergesellschaft in der Türkei und fördern Frauenkino und Interessierte des feministischen Films. Ihr Motto lautet: Produzieren, sich widersetzen, träumen und handeln – mit Frauen für Frauen.

Das normalerweise als Wanderfestival veranstaltete Filmfestival findet in diesem Jahr aufgrund der Corona-Krise vom 12. bis 26. Juni als reines Online-Festival statt. 38 ausgewählte Filme bringen die Veranstalterinnen direkt zu Filmbegeisterten ins Wohnzimmer, außerdem umfasst das Festivalprogramm auch Filmgespräche mit Regisseurinnen, Produzentinnen und Protagonistinnen: Die Videos sind teilweise voraufgezeichnet, teilweise werden die Filmgespräche auch live gesendet. Zudem werden Film-Workshops für Frauen angeboten, die sich filmisch ausdrücken wollen.

Im Mittelpunkt des mittlerweile 18. Filmmor Frauenfilmfestivals steht das Werk der Pionierin des Films: Alice Guy-Blaché (1873-1968), der ersten Filmemacherin der Welt, die systematisch den Spielfilm entwickelte. Das Festival wurde gestern Abend eröffnet, heute beginnt das spannende Programm. Wir haben mit Melek Özmen, einer Aktivistin des Frauenkollektivs Filmmor, über die diesjährige Veranstaltung gesprochen.

Programm des 18. Filmmor Frauenfilmfestivals

Wir befinden uns in einer schwierigen Phase, aber die Nachricht über das Festival zauberte uns ein Lächeln aufs Gesicht. Welche Filme werden dieses Jahr beim Filmmor Frauenfilmfestival gezeigt?

Es gibt einen Dokumentarfilm über das Leben von of Alice Guy-Blaché: „Be Natural: The Untold Story”. Jede Person, die Kino macht oder liebt, sollte diese bahnbrechende Filmemacherin kennen, die der Filmkunst den Weg bereitet hat. Außerdem werden drei Filme von Claire Pijman zu sehen sein. Insgesamt werden wir 38 Filme zeigen.

Beim Filmmor Frauenfilmfestival gibt es aber nicht nur Filme. Es wird Interviews mit den Macherinnen geben, außerdem Online-Panels zu frauenrechtlichem Kino und Frauen, die lokale Kunst und Kultur machen sowie einen Workshop zu den Grundlagen, wie Frauen einen Film in ihren eigenen vier Wänden erstellen können. Auch werden wir mit neun Frauen sprechen, die sich in diesem noch immer sexistischen Sektor mit der Kamera in der Hand durchsetzen.

Wie wird das Festival durchgeführt?

Es findet online statt. Interessierte müssen sich auf unserer Webseite kostenlos registrieren und einen virtuellen Platz für Filme und Veranstaltungen reservieren. Die Interviews und Panels werden auch über unsere Kanäle in den sozialen Netzwerken gestreamt. Es ist das erste Mal, dass wir eine Online-Plattform für unser Festival eingerichtet haben. Wir hoffen, dass alles gut geht.  

Welche Themen behandeln die Filme, die dieses Jahr gezeigt werden?

Jedes Thema auf diesem Planeten ist Gegenstand des feministischen Kinos; uns betrifft alles. Frauenkino beschränkt sich nicht auf sogenannte geschlechtertypische Komplexe. Unser Programm besteht zwar auch aus Filmen, die Kino und das Leben aus einer feministischen Perspektive betrachten. Aber unsere Auswahl deckt eigentlich alles ab.

 

Inwiefern wirkt sich die Corona-Pandema auf das Frauenkino aus?

Wir nennen uns zwar Frauenfilmfestival, weil es eine historische Mission ist, die wir als unsere kontinuierliche Aufgabe ansehen. Aber im Endeffekt sind wir ein Kollektiv, das ein Filmfestival organisiert. Andere Veranstaltungen sind für uns Männerfestivals und fördern Männerfilme. Dass das Coronavirus langfristige Auswirkungen auf das Frauenkino haben wird, ist schon länger abzusehen. Die Pandemie stellt die gesamte Branche vor große Herausforderungen Mit Sicherheit werden es aber nicht die Männer des Films sein, die mitten ins Herz getroffen werden.

Wie meinen Sie das?

Na weil es von Frauen dominierte Bereiche sind, die von den Folgen der Corona-Pandemie am schwersten betroffen sind. Egal, ob zu Hause oder im Beruf. Wie jede Krise ist auch die aktuelle im Kern eine äußerst sexistische. Glücklicherweise können wir auf viel Erfahrung im Kampf gegen schlechte Bedingungen zurückblicken. Daher glaube ich, dass wir die Corona-Krise bewältigen und neue Möglichkeiten und Auswege finden werden.

Welche Auswirkungen hat Corona auf Filmmor?

Wir haben ohne Pause an der Vorbereitung des Festivals gearbeitet. Gut, wir haben alles von zu Hause organisiert, da es Ausgangsbeschränkungen gibt und wir als das Istanbuler Team nicht ins Büro können. Aber die Situation bei unseren Partnerinnen vom Frauenverein Rosa in Diyarbakir (kurd. Amed) vor dem Hintergrund des Ermittlungsverfahrens gegen sie ist natürlich eine andere. Die Verhaftungen haben uns ziemlich demoralisiert, und es sind ausgerechnet die anderen Frauen von Rosa, die uns über WhatsApp bei Laune halten. In dieser Phase haben wir die eigenartige Fähigkeit entdeckt, uns an die ungewöhnlichsten und seltsamsten Bedingungen anzupassen. Wie vermutlich viele andere Menschen auch. Wir versuchen, ein Gleichgewicht zu finden zwischen dem, was geschehen ist, passieren sollte und was wir tun können, um weiterzumachen.