Die Festnahmen waren angekündigt und martialisch inszeniert. Zunächst beschimpfte und bedrohte der Abgeordnete der neofaschistischen MHP Olcay Kılavuz die kemalistische Stadtverwaltung von Mersin als „PKK-Nest“, anschließend ließ das Innenministerium die Wohnungen von zehn Mitarbeiter:innen der Stadtverwaltung stürmen. Von Staatsmedien begleitet schlugen schwer bewaffnete türkische Spezialeinheiten die Wohnungstüren von zehn Angestellten ein. Die Journalist:innen der Regimepresse schossen Fotos von den Festgenommenen und platzierten diese auf den Titelseiten ihrer Blätter. Kılavuz feierte die Operation und nahm sie zum Anlass, erneut gegen die Stadtverwaltung zu hetzen und lieferte damit ein Beispiel der Ausschaltung jeglicher Meinungsfreiheit in der Türkei und Nordkurdistan. So wird den zehn von schwer bewaffneten Polizisten Festgenommenen vorgeworfen, durch Social-Media-Beiträge „Propaganda für die PKK“ gemacht zu haben.
„Terrorpropaganda“ – ein Vorwurf, um jede Kritik zum Schweigen zu bringen
Um wegen „Terrorpropaganda“ verfolgt zu werden, reicht es, Berichte über Kriegsverbrechen des türkischen Staates, ohne jeglichen Bezug zur PKK, zu teilen. Die Gerichte argumentieren, dass solche Berichte „Propaganda im Sinne der PKK darstellten“ und damit als „Terrorpropaganda“ zu verfolgen seien. So schwebt das Damoklesschwert der Inhaftierung über jeglicher kritischen Auseinandersetzung mit dem Vorgehen des Regimes.